Navigation Psychomeda.de
Das Psychologie-Portal

C. G. Jung: Modell der Seele

 Holger Nikolai Während Freuds Konzept auf der Einteilung der Seele in ES – ICH – ÜBER-ICH basiert, hat Jung ein neues Konzept vorgestellt. Nach seiner Auffassung beinhaltet die Seele ein unendliches Unbewußtes, das sich wiederum in kollektives und persönliches Unbewußtes aufteilt. \\ - von Holger Nikolai, Oct 2015
Das Bewußtsein stellt darin einen relativ kleinen und begrenzten Teil dar. Das Zentrum dieses Bewußtseins bezeichnet Jung als Ich bzw. als Ich-Komplex, d. h. ein "eingefrorenes Bild" der eigenen Person. Das Unbewußte wird dominiert von den Instinkten und den Archetypen, hier zeigt sich eine Ähnlichkeit zum Freud’schen Modell: Die Instinkte nach Jung sind dem ES ähnlich, Jungs Archetypen könnten Freuds Über-Ich verwandt sein.

Nach Jung sind Bewußtsein und Unbewußtes durchlässig, d. h. die Inhalte können zu einem Zeitpunkt bewußt werden, zu einem anderen wieder im Unbewußten versinken, deutlich gemacht am Traumgeschehen. Das "Selbst" beschreibt bei Jung die Gesamtheit aller Komponenten.

Zur Veranschaulichung beschreibt Jung immer wieder Symbole des Selbst, die einen Mittelpunkt, einen Kern beinhalten. Das Mandala, ein intuitiv gestaltetes Kreissymbol, wird von ihm oft gedanklich wie auch bildnerisch-kreativ benutzt, um dem Selbst eine Form zu geben. Zum Selbst, das Jung auch als komplementären Faktor zum Ich beschreibt, gehören auch immer die "gegensätzlichen", "bösen" Persönlichkeitsanteile, weswegen er z. B. der Jesus-Figur die Möglichkeit zur Ganzheit abspricht, da in dieser Figur der sogenannte Schattenanteil fehle. Nur mit diesem Schatten kann jedoch eine Ganzheit erzielt werden.

Die Individuation

Die Individuation ist für Jung das Ziel eines jeden Individuums und gleichzeitig ein lebenslanger Prozeß. Synonym verwendet er den Begriff "Selbstverwirklichung", der in unserer heutigen Zeit inflationär, aber meist unscharf oder falsch verwendet wird. Jung geht es um das Gewahrwerden der eigenen Vollständigkeit und das Bewußtmachen der verborgenen Anteile der eigenen Seele.

Eine stärkere Differenzierung zwischen den eigenen "guten" und "schlechten" Eigenschaften erfolgt, ein Neubewerten der eigenen Persönlichkeit und damit die Schaffung eines "Selbstwertgefühls". Da das Ich-Bewußtsein Schwierigkeiten mit dieser Gewahrwerdung hat, kann dieser Prozeß äußerst schmerzhaft und langwierig werden.

Der Ich-Komplex ist ja gerade darum bemüht, das postive Bild der eigenen Person zu schützen und kompensierende Elemente ins Unbewußte zu verdrängen. Die größere "Schwingungsfähigkeit" ist der positive Effekt dieser Arbeit, Projektionen nehmen ab, die Beziehungsfähigkeit wird verbessert.

Wie in seinem ganzen Werk, spielt auch beim Individuationsprozeß die Zeit eine wesentliche Rolle. Das Verhältnis Mikro-/Makrokosmos wird hier in dem Sinne angewandt, daß das Menschenleben mit einem Tagesablauf verglichen werden kann, vom Sonnenaufgang bis zur Nacht. Die sich daraus ergebenden Phasen haben nach Jung eine direkte Beziehung zur Gestaltung des persönlichen Lebens, und die Entdeckung der entsprechenden Qualitäten, aber auch die Unerbittlichkeit der zeitlichen Limitierung, stellen bereits archetypische Herausforderungen dieses Prozesses dar. Ein Kern der Individuation ist die Ambivalenz.

Dem oft gemachten Vorwurf, bei der Individuation handele es sich um eine "Nabelschau" oder eine "Selbst-Vergöttlichung" stellt Jung entgegen, daß dies eine fehlgeschlagene Individuation wäre, eine sogenannte "Inflation". Die erfolgreiche Individuation stellt sich vielmehr in einer Gelassenheit dar, die Ambivalenz der eigenen Persönlichkeit zu erkennen und zu akzeptieren: Die Großartigkeit des eigenen Daseins, aber auch die Unwichtigkeit bezogen auf Zeit und Raum; das Gute, das getan wird, aber auch die Bösartigkeiten (ob in der Realität oder Phantasie), zu denen die Person in der Lage ist. Bezogen auf die bewußt wahrgenommene Lebensphase und ihre Herausforderungen ergibt sich ein differenziertes, vertrauensvolles "Aufgehobensein" in der Welt und ein realistischer, wohlgesinnter Kontakt zu dieser Welt.





Online-Beratung

Auf Psychomeda beantworten Psychologen und Therapeuten Ihre Fragen unentgeltlich. Jetzt online Ihre Frage stellen...


Therapeuten

Zuletzt aufgerufene Therapeuten-Seiten. Therapeut, Coach, Berater? Eintragen...


Beliebt auf Psychomeda


TwitterSocial Feed



Folgen Sie uns auf Twitter


Qualität

Psychomeda ist ein unabhängiges psychologisches Informations- und Beratungsportal von Psychologen und Therapeuten. Wir informieren evidenzbasiert und auf wissenschaftlicher Grundlage. Weiter