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C. G. Jung: Der erweiterte Libido-Begriff

 Holger Nikolai Der von Freud eingeführte Libido-Begriff beschreibt den Urtrieb; im Freudschen Sinne ist dieser sexuell geprägt. Speziell dieser Umstand bringt Freud bis heute große Kritik ein. Letztendlich muß die starke Betonung der Sexualität auch im zeitlichen Kontext gesehen werden, allerdings wäre dies auch biologisch nachvollziehbar, daß alles menschliche Dasein im Prinzip nur der Fortpflanzung dient. Freuds Libido-Begriff enthält – quasi als Schattenseite – auch den Todestrieb, Thanatos genannt, womit wir wieder bei Jung sind. - von Holger Nikolai, Oct 2015
Jungs Erweiterung dieses Begriffs ist alleine in der Hinsicht schon historisch bemerkenswert, als daß er mit diesem Schritt den endgültigen Bruch mit seinem Lehrer und einstigen Vertrauten Freud herbeigeführt hat. Freud selbst sah Jung als eine Art "Kronprinz" und Nachfolger. Allerdings hat sich zwischen diesen beiden Männern im Prinzip genau das abgespielt, was Freud als "Ödipus-Komplex" beschrieben hat: Als "Nachfolger" des – auch altersmäßig – väterlichen Freud blieb Jung nichts anderes übrig, als ihn – im übertragenen Sinne – zu töten, und sei es nur mit einer neuen Theorie. Diese neue Theorie stellt für sich genommen natürlich noch keinen Grund für einen Bruch dar, allerdings gab es schon vorher Tendenzen zur Entfernung der beiden voneinander.

Es war der erweiterte Libido-Begriff, der dann "das Faß zum Überlaufen brachte". Was steckt nun hinter diesem Begriff? Jung selbst nannte seine Abhandlung "Wandlungen und Symbole der Libido". Er führte darin aus, daß die Libido nicht nur konkret sexuelle Triebe beinhalte, sondern die von ihm "psychische Energie" genannte Kraft insgesamt. Allen Antrieb, alles Streben, alles Wollen faßte Jung darin zusammen. Und er war der Meinung, daß der Sexualtrieb sich auf verschiedenste Ausdrucksweisen im Laufe der Menscheitsgeschichte "verselbständigt" hat und diese Wandlungen nicht mehr primär als sexuell zu betrachten sind.

So läßt sich z. B. im Jagen oder im Tanzen zwar ein sexueller Kern ausfindig machen, die Tätigkeiten haben aber ein solches "Eigenleben" entwickelt, daß sie nicht mehr als triebgesteuert anzusehen sind. In diesen Entwicklungen zeigt sich eine über die Zeit fortschreitende Entwicklung der menschlichen Psyche.

Synchronizität

Eine weit verbreitete und bis heute faszinierende Abhandlung Jungs befaßt sich mit der so genannten Synchronizität, dem sinnhaft verbundenen, gleichzeitigen Auftreten eines psychischen Zustandes und eines äußeren Ereignisses.

Oft wird die Synchronizität mit Zufall gleichgesetzt, was aber nicht in Jungs Sinn war. Bei einem bloßen Zufall, der den Gesetzen der Statistik unterliegt, sind die gleichzeitig autretenden Ereignisse nicht "sinnhaft" miteinander verbunden, wie z. B. beim gleichzeitigen Auftreten einer Zahl usw. Weiterhin besteht der Ausgangspunkt der Synchronizität im "psychischen Zustand", d. h. die Person hat eine persönliche emotionale Beziehung zu einem Inhalt, welcher sich in der äußeren Welt in irgendeiner Art und Weise konstelliert, und zwar gleichzeitig bzw. beboachtbar, in räumlicher oder zeitlicher Distanz, manchmal also erst im nachhinein feststellbar. Während Parapsychologen dies mit Phänomenen der Telekinese oder des Hellsehens zu erklären versuchen, findet Jung seinen Weg zu diesen Phänomenen über die Archetypen und das Unbewußte.

Der psychische Inhalt des Individuums scheint in Korrelation zu den Inhalten anderer Personen bzw. der Außenwelt zu stehen, und in einigen wenigen Fällen wird die Person dieser "Koexistenz" gewahr, ein weiterer Hinweis auf das "kollektive Unbewußte". Die Synchronizität umfaßt auch den Bereich der Träume.

Nach Jung sind die Träume die direkte Äußerung des Unbewußten, d. h. Inhalte sind im Unbewußten vorhanden, die unser Ich-Bewußtsein nicht weiß. Meldet sich ein solcher Inhalt im Traum und erscheint ein sinnvoll bezogenes Ereignis in der Außenwelt, können wir zu dem Schluß kommen, daß unser Unbewußtes unendlich viel von der Welt und ihren Geschehnissen "weiß". Unser Ich- oder Wach-Bewußtsein hat offensichtlich nur große Schwierigkeiten, Schritt zu halten und die Traumsprache deuten zu können!

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