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Borderline-Persönlichkeitsstörung - Lexikon der Psychologie

Der Begriff Borderline wurde 1884 von dem englischen Psychiater C.H. Hughes für Störungsbilder eingeführt, die sich nicht eindeutig in die damals vorherrschenden Haupt-Kategorien Neurosen und Psychosen einordnen ließen (Borderliner: auf der Grenze zwischen Psychose und Neurose). Heute zählt die Borderline-Persönlichkeitsstörung zu den Persönlichkeitsstörungen.
Als Persönlichkeitsstörungen (früher auch Charakterneurosen genannt) werden tiefgreifende Störungen der Persönlichkeit bezeichnet, bei denen bestimmte Charakterzüge deutlich überzeichnet sind und in einer Art und Weise hervortreten, sodass sie das Leben der Betroffenen deutlich beeinträchtigen. Bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung stehen emotionale Labilität (Stimmungsschwankungen), Impulsivität (Fressanfälle, Wutausbrüche, Sucht), instabile Beziehungen (häufig wechselnde Partner) und ein unsicheres Selbstbild im Vordergrund.
Etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung sind von der Borderline-Störung betroffen, wobei es große Unterschiede in Ausmaß und Ausprägung gibt. Die Betroffenen leben eher in der Stadt und erreichen bei durchschnittlicher Schulbildung oftmals nur einen unterdurchschnittlichen sozioökonomischen Status. Sie sind überdurchschnittlich häufig geschieden oder leben getrennt vom Partner.
Das ICD-10 charakterisiert die Borderline-Störung als eine Persönlichkeitsstörung mit deutlicher Tendenz, Impulse ohne Berücksichtigung von Konsequenzen auszuagieren, verbunden mit unvorhersehbarer und launenhafter Stimmung. Es besteht eine Neigung zu emotionalen Ausbrüchen und eine Unfähigkeit, impulshaftes Verhalten zu kontrollieren. Ferner besteht eine Tendenz zu streitsüchtigem Verhalten und zu Konflikten mit anderen, insbesondere wenn impulsive Handlungen durchkreuzt oder behindert werden.

Zudem ist die Borderline-Persönlichkeitsstörung gekennzeichnet durch Störungen des Selbstbildes, der Ziele und der inneren Präferenzen, durch ein chronisches Gefühl von Leere, durch intensive, aber unbeständige Beziehungen und eine Neigung zu selbstdestruktivem Verhalten (Ritzen) mit parasuizidalen Handlungen und Suizidversuchen.
Aufgrund von Labilität, Impulsivität, dem Gefühl von Leere und Selbstzweifeln ist die Gefährdung für Süchte (Drogen, Internet-Sex-Sucht, Spielsucht, Kaufsucht) bei Borderline deutlich erhöht. Borderline-Patienten gelten oft auch als Suchtpersönlichkeiten, die sich häufig in übertriebene emotionale Abhängigkeit zu einem Partner begeben.

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Borderline-Symptome, Ursachen und Therapie

Zu den Haupt-Symptomen der Borderline-Persönlichkeitsstörung zählen:
  • Unsicheres, schwankendes Selbstbild zwischen Selbstzweifeln und Selbstüberschätzung (Identitätsstörung)
  • Instabile, aber intensive zwischenmenschliche Beziehungen
  • Impulsivität (Phasen geringer Verhaltenskontrolle), z.B. Kaufrausch, sexuelle Ausschweifungen, Sucht und Drogenmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, Fressanfälle
  • Wiederholte Selbstmorddrohungen, selbstverletzendes Verhalten (Ritzen)
  • Übertriebene, launenhafte Stimmungsschwankungen - oft ausgelöst durch Kleinigkeiten
  • Chronisches Gefühl von Leere
  • Wiederholte Wutausbrüche, Jähzorn
  • Angst vor dem Verlassenwerden und Alleinsein sowie gleichzeitige Angst vor Nähe
  • Ausgeprägtes Schwarz-Weiß-Denken
  • Psychose-ähnliche Symptome (Gefühl des "Überflutet-werdens", Wahnvorstellungen, Halluzinationen, Empfindungsstörungen) unter Belastung
Studien zeigen, dass drei Faktoren für die Borderline-Persönlichkeitsstörung ursächlich sein können:

Erbliche Belastung (Persönlichkeitsstörungen in der Familie). Hinweise auf genetische Faktoren liefern Zwillingsstudien, die zeigen, dass 60 % der Borderline-Störung genetisch bedingt sind.

Frühkindliche Traumatisierungen. Etwa 40 bis 70 % der Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung wurden als Kinder oder Jugendliche traumatisiert (sexueller Missbrauch, körperliche Gewalterfahrungen, Vernachlässigungen). Bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung können ähnliche hirnorganische Veränderungen beobachtet werden wie bei Patienten mit einer Post-Traumatischen Belastungsstörung.

Ablehnung durch die Mutter / Eltern bzw. gestörte Mutter-Kind-Beziehung, insbesondere dann, wenn die Mutter auch unter einer Borderline-Störung leidet.
In den letzten Jahren konnten gute Erfolge mit der Dialektisch-Behaviorale-Therapie (DBT) erzielt werden. Die Dialektisch-Behaviorale Therapie wurde von Marsha M. Linehan speziell für Borderline-Patienten entwickelt und greift Methoden der Verhaltenstherapie auf. Bisher konnten vier unabhängige Arbeitsgruppen in randomisierten kontrollierten Therapiestudien die Wirksamkeit der DBT zeigen.

Im Rahmen der Dialektisch-Behaviorale Therapie erlernen die Patienten vor allem neue Fertigkeiten im Umgang mit Stress, zur Bewältigung von Stimmungsschwankungen, zur Steuerung der Aufmerksamkeit und zum Aufbau von Zwischenmenschlichen Beziehungen. Weitere Komponenten umfassen: Aufbau des Selbstwertgefühls, körpertherapeutische Methoden zur Verbesserung der Körperwahrnehmung, Meditation, Ergotherapie.

Weiterführende Quellen und Weblinks

Buchempfehlungen

Andreas Knuff (2009). Borderline - Das Selbsthilfebuch. Balance Buch. mehr

Dr. Jerold J. Kreisman (2009). Zerrissen zwischen Extremen: Leben mit einer Borderline-Störung - Hilfe für Betroffene und Angehörige. Goldmann. mehr




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