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Was passiert bei einer Psychotherapie?

Viele Menschen haben nur ungenaue Vorstellungen über Psychotherapie. Dabei sind die Abläufe innerhalb einer Therapie sehr transparent und strukturiert und führen in aller Regel zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität. - von Holger Nikolai, Heilpraktiker für Psychotherapie

Foto: Freud Sofa (c) Konstantin Binder / commons.wikimedia.org
Psychotherapie bedeutet, dass eine bessernde oder heilende Behandlung einer zuvor diagnostizierten seelischen (psychischen) Störung erfolgt. Die Diagnose einer seelischen Störung darf nur von Personen mit der entsprechenden Zulassung geschehen, also von Psychiatern, psychologischen Psychotherapeuten und Fachärzten sowie Heilpraktikern für Psychotherapie. Andere Personen, z. B. psychologische Berater, sind nicht befugt, eine Störung festzustellen bzw. sie zu benennen. Wenn also eine seelische Störung erkannt und benannt werden kann, entscheidet der Arzt oder Therapeut gemeinsam mit dem Klienten, ob eine Psychotherapie aufgenommen werden soll. Im Gegensatz zur Psychopharmakotherapie, die hauptsächlich Medikamente einsetzt, bedient sich die Psychotherapie Gesprächs- und übender Verfahren. Psychotherapie definiert sich dabei grundsätzlich über zwei Punkte:
  • Sie beinhaltet ein Störungskonzept, d. h. es gibt eine fundierte Theorie, wie eine seelische Störung entstanden ist, und
  • sie beinhaltet ein lehr- und beschreibbares, wissenschaftlich untersuchtes Verfahren, mit dessen Hilfe die seelische Störung gebessert oder geheilt werden kann.
Abläufe, die nicht beide Punkte erfüllen, sind keine Psychotherapie, sondern Methoden oder Techniken, die im Rahmen einer Psychotherapie angewandt werden können (z. B. Familienstellen oder auch Entspannungstraining).

Nicht alle Therapieverfahren sind auch wirksam

Es gibt eine Vielzahl untersuchter und wirksamer Psychotherapieverfahren: die bekanntesten sind die Tiefenpsychologie (Psychoanalyse und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie), (kognitive) Verhaltenstherapie, Gesprächspsychotherapie, Logotherapie, Gestalttherapie, Kunsttherapie, Systemische Therapie und störungsspezifische Formen wie z.B. die Interpersonelle Psychotherapie bei Depressionen und die Dialektisch-Behaviorale Therapie bei Borderline-Störungen. Detaillierte Informationen zu einzelnen Verfahren finden Sie im Psychotherapieratgeber auf Psychomeda.
Was passiert nun bei einer Psychotherapie, wie läuft sie ab? Voraussetzung ist immer der sogenannte "professionelle Rahmen" bzw. das "Setting". Dies bedeutet, dass der Patient sich als hilfebedürftig empfindet und bereit ist, sich helfen zu lassen. Der Therapeut weist sich mittels Qualifikationen, Zulassung und Erfahrung als kompetent aus, dem Klienten helfen zu können. Die Beziehung beschränkt sich ausschließlich auf die Besserung oder Heilung des Zustandes des Klienten. Hierzu gehört die sogenannte "therapeutische Abstinenz", d.h. Therapeut und Klient haben keinerlei Kontakt außerhalb, vor und nach der Psychotherapie. Erst wenn diese Bedingungen erfüllt und von beiden Seiten anerkannt werden, kann von einer Psychotherapie gesprochen werden.
Selbstverständlich sind intime Annäherungen oder Übergriffe von Seiten des Therapeuten grundsätzlich verboten und stehen unter strenger Strafe. Ein Therapeut, der persönliche oder liebevolle Gefühle zum Klienten an sich wahrnimmt ist dazu verpflichtet, die Therapie abzubrechen.

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Einzel-, Paar-, oder Gruppensetting

Was heißt nun "Behandlung auf Basis von Gesprächen oder übender Verfahren"? Es handelt sich nicht um "normale" Gespräche, sondern um - je nach Verfahren - bestimmte Frage- und Assoziationstechniken, die es dem Klienten ermöglichen, bislang verborgene Gefühle und Motivationen bei sich zu entdecken und dadurch seine Handlungsmöglichkeiten zu erweitern.
Häufig sind seelische Störungen durch Einseitigkeiten oder "blinde Flecken" verursacht, die erst durch die professionelle Begleitung eines Therapeuten konfrontiert werden können. Der Klient lernt, Gefühle besser wahrzunehmen und konkreter benennen zu können, er bekommt einen besseren Überblick über Zusammenhänge und Mechanismen von Konflikten und Ängsten und entwickelt gemeinsam mit dem Therapeuten Strategien, diesen "belastenden" Situationen konstruktiv zu begegnen. Gründe für die Aufnahme einer Psychotherapie gibt es viele: Sorgen, Grübeleien, Traurigkeit und Trauer, unerklärliche Schmerzen, Angst vor Menschen, Panikattacken, Abhängigkeit von Alkohol oder Drogen, Beziehungsprobleme, Selbstverletzung, Erschöpfung und Gereiztheit und vieles mehr.
Die meisten modernen Psychotherapieverfahren auf Gesprächsbasis finden im Einzelsetting statt (Klient und Therapeut), im Paarsetting (meistens Ehepaare und ein oder zwei Therapeuten), im Familienverbund (Systemische Therapie) oder im Gruppensetting (meist 5 bis 8 Teilnehmer und ein Therapeut). Meistens sitzen Therapeut und Klient über Eck oder gegenüber und halten lockeren Blickkontakt. Das liegende Setting (Klient liegt auf der Couch, Therapeut sitzt am Kopfende) ist eine - historisch bedingte - verbreitete Vorstellung, findet heute aber nur noch sehr selten und nur in der Psychoanalyse Anwendung.
Aufgrund seiner Qualifikation und seiner Störungs- und Behandlungstheorie (s. o.) schätzt der Therapeut im Verlauf der therapeutischen Sitzung die Gefühle, Empfindungen, Motivationen und Handlungsimpulse des Klienten ein und beobachtet, ob sich die Symptome, derentwegen der Klient die Behandlung gesucht hat, bessern, verschwinden oder sich verändern. Aufgrund dieser Beobachtungen macht der Therapeut sogenannte "Interventionen", d.h. er stellt bestimmte Fragen, macht Anmerkungen oder fasst das Gesagte zusammen. Alles immer mit dem Ziel, dass der Klient eine bessere Selbstwahrnehmung erfährt und neue Erkenntnisse hinsichtlich seiner Problematik gewinnt.

Was für den Therapieerfolg zählt

Die Verhaltenstherapie bedient sich hauptsächlich der "übenden Verfahren". Natürlich wird auch hier "geredet", doch im Vordergrund steht die Beobachtung bestimmter Verhaltensweisen, die ursächlich mit dem Leidensdruck bzw. dem Problem in Verbindung stehen. Ein Problem wäre z.B. Höhenangst. Der Verhaltenstherapeut hat eine Theorie, wie diese Angst entstanden ist und wie sie beseitigt werden kann. Dazu werden Übungen absolviert, zuerst "in sensu", d.h. geistig vorgestellt, dann "in vivo", d. h. praktisch - unter therapeutischer Anleitung - ausgeführt.
Wichtig für den erfolgreichen Therapieprozess ist die "tragfähige therapeutische Beziehung". Nicht nur das Psychotherapieverfahren, auch die Begegnung und gegenseitige Wertschätzung zwischen Therapeut und Klient haben einen erheblichen Einfluss darauf, dass der Klient eine Besserung seiner Problematik erfährt. Tragfähig ist die Beziehung in dem Moment, in dem der Klient angstfrei über unangenehme Gefühle, Sorgen und Aggressionen, aber auch über Unzufriedenheit mit dem therapeutischen Prozess reden kann.
Wie lange eine Psychotherapie dauert, hängt von vielen Faktoren ab. Die Krankenkassen bewilligen i.d.R. 25 Sitzungen, bei längerfristigen Störungen werden auch Verlängerungen genehmigt, bei analytischen Verfahren manchmal bis zu 240 Sitzungen.
Private Therapeuten können flexibler verschiedene Verfahren anwenden und die Dauer der Therapie sehr individuell mit dem Klienten abstimmen. Bei lösungsorientierten Kurzzeittherapien reichen manchmal schon 5 bis 10 Sitzungen aus, um die gewünschte Besserung zu erzielen. Analytische Verfahren benötigen meist mehr Sitzungen als verhaltenstherapeutische, da der Fokus auf der Lebensgeschichte liegt, die dann meist schon ein paar Jahrzehnte umfasst.
Üblich ist eine wöchentliche Frequenz, d.h. der Klient kommt einmal die Woche zu einem festen Termin, für eine Sitzung von 50 bis 60 Minuten Dauer. Analytische Verfahren arbeiten oft mit einer häufigeren Frequenz, d. h. meistens zwei Sitzungen pro Woche, seltener auch drei oder vier Sitzungen.




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