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Wenig Sex kann völlig normal sein - oder (zumindest mit Hilfe) gut zu ändern

Wolfgang Laub Wir leben in einer Zeit, in der Sex oft viel zu viel Bedeutung zukommt. Obwohl unzählige Menschen mit weniger oder keinem Sex völlig glücklich sind. Oder sein könnten, wenn sie nicht an oft überhöhten Erwartungen leiden würden. Selbst internationale Experten warnen davor, unbeschreiblich hohem Stress dadurch. Und Stress (auch bei der Arbeit usw.) wurde als Lustkiller Nummer 1 erforscht. Dieser Artikel liefert hilfreiche Einsichten, Tipps - auch für bei Bedarf kostenlose Beratung und Therapie. Und dafür, dass Weniger (oder besser) oft mehr ist. - von Wolfgang Laub, Dezember 2020
Manche Leute mögen viel, andere Menschen wenig oder keinen Sex. Alles ist in der Regel völlig normal.
Menschen sind (zum Glück) unterschiedlich. Oft leichter gesagt als getan: Aber lassen Sie sich bitte keine Probleme einreden.

Unfassbar viele Menschen kommen in- etwa auch meine- Paartherapie, weil schon „ewig“ nichts mehr laufe sexuell. Das sind dann oft Monate, manchmal nur Wochen. Obwohl auch Jahre völlig normal sein können.
Das sieht man bei Millionen Menschen. Alleine ich kenne Hunderte, die ohne Sex völlig happy sind. Oder mit "nur" Zärtlichkeit (ist das kein Sex?).
Und wenn es zum Problem wird, weil es zumindest einem Partner zu wenig ist: Dann gibt es Hilfen. Lebens- oder Paar-/Eheberatung (auch kostenlos bei Kirchen und in vielen Städten und Gemeinden).

Es wird auch Vieles so hingestellt, als ob das nicht normal sei. Obwohl z. B. im „Stern“ im Juli 2020 berichtet wurde, dass laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung gerade einmal 33 % deutscher Frauen beim Sex einen Orgasmus bekommen – und davon nur 4 Prozent durch die vaginale Penetration.
Alles andere als „unnormal“, unüblich, das auch nicht zu tun oder „ich bin nicht gut, normal, funktioniere nicht“ oder „es stimmt mit mir etwas nicht“. Denn mit so einem Gefühl ist Orgasmus, Lust haben oder bekommen natürlich von vornherein extrem schwierig. Ein ewig lange vorherrschendes Sex- Bild mit „vaginaler Penetration“, das oft eher Männer- Vorlieben (oder laut Pornos angeblicher Vorlieben) entspricht, sorgte so auch nach dieser Studie bei bis zu 96% der Frauen zu keinem Orgasmus, so oft auch wenig Lust, bei nur wenig erfüllender Lust. Alleine das ist ja Grund genug, wofür aber oft idiotischerweise Frauen Vorwürfe gemacht werden, diese als frigide oder dergleichen bezeichnet.
Die meisten, auch Männer, wissen aber gar nicht, dass Frauen so kaum zum Orgasmus kommen können. Mann und Frau haben dann immer wieder Sex, der für beide nicht so schön ist, und Lust vergeht (nur) deshalb!
Nicht, weil irgendetwas mit ihm oder ihr „nicht stimmt“. Sondern nur weil völlig falsche Bilder, Mythen verbreitet werden von fast nur allzeit bereiten, (vaginal) befriedigten Sexual-Partnern. Obwohl das ganz überwiegend überhaupt nicht der Fall ist. Millionen Männer geben sich sicher auch große Mühe Frauen zu „befriedigen“- aber so, dass das in der Regel gar nicht möglich ist.
Dass alleine deshalb unzähligen Frauen und Männern zunehmend Lust auf so, natürlich oft frustrierenden, Sex abhanden kommt ist ja alles andere als ein Wunder. Zumal vielen Leuten auch Geschlechtsverkehr gar nicht so wichtig ist, ihnen auch „nur“ Zärtlichkeiten längere Zeit reichen würde. Oder sie eher einfach „nur“ dadurch mit der Zeit Lust auf (noch) mehr kriegen.

Auch wenn vielleicht ein Sex-Spielzeug, bei Bedarf auch ein Besuch in einer Beratung, Therapie oder beim Arzt helfen kann: Oft hilft auch einfach "nur" miteinander reden, sich zärtlich kennenlernen. Wieder einmal Blumen. Oder auch einfach "nur" miteinander Zeit haben, sich diese nehmen.
Total genießen sich „nur“ oft zu streicheln, im Arm zu haben – sind Menschen, denen das reicht, weniger happy (oder weniger wert)? Absurd! Und wenn eine Frau oder ein Mann nach einer Krankheit oder Unfall nicht mehr Sex haben kann im landläufig üblichen Sinn, Geschlechtsverkehr, können diese Menschen dann keine erfüllte Partnerschaft, Liebe, Leben mehr haben? Doch, natürlich. Dafür gibt es unzählige Beispiele. Alleine ich kenne unter anderem aus meiner Praxis sehr viele solcher, tollen Menschen!

Es gibt ja so viel (sehr) viel wichtigere Dinge für Liebe, Partnerschaften, erfüllte Leben. Etwa füreinander da sein, das Wesen des Partners
schätzen, lieben. Gemeinsame Interessen, Ziele und vieles mehr. Sexualität ist für sehr viele Menschen nicht (sehr) wichtig. Zum Glück.

Und oft folgt „Lust“ und Sex eher Druck, „man muss doch…“. Am 21.9. 2018 schrieb so etwa die „Neue Züricher Zeitung“ mit der Überschrift „Weshalb junge Männer vermehrt zu Viagra greifen- Sie sind noch nicht einmal 30 Jahre alt und greifen vermehrt zu Potenzmitteln, die ursprünglich für die Generation ihrer Väter gedacht waren. Warum machen sie das? Und ist das überhaupt schlimm? (…)

(..) der Basler Männerarzt und Paartherapeut Marco Caimi sagt: «Es ist ein trauriges Thema: Junge, gesunde Männer, die verzweifeln, weil sie sexuell verunsichert sind. Deshalb greifen sie vermehrt zu Medikamenten, zu Viagra oder anderen Potenzmitteln. Das Phänomen nimmt seit fünf, sechs Jahren eindeutig zu. Und die Männer werden immer jünger.» Er erlebt das immer häufiger in der Praxis. Nicht nur Caimi fragt sich, was da gerade schiefläuft.
Viagra wird nicht mehr
unbedingt als Medikament wahrgenommen. Es konkurriere mit Coca Cola als eine der
bekanntesten Marken der Welt, schrieb die «New York Times». In der Schweiz ist Viagra rezeptpflichtig und Werbung verboten (..) „. Anderswo aber eben nicht …
Dazu heißt es dort auch: „ Markus Theunert, Fachmann für Männer- und Geschlechterfragen, sagt: «Das Hirn lernt, die Erektion mit einem starken visuellen Reiz zu verbinden. Das kann dazu führen, dass Männern feinere Reize nicht mehr genügen. So verändert Pornografie nicht nur die sexuelle Selbstwahrnehmung, sondern auch den Blick auf reale Frauen.» Und: „Markus Theunert, der Fachmann für Geschlechterfragen, sagt, dass sich das Verständnis von Sexualität wandle. Der Stress, zu funktionieren, nehme zu. Sexualität werde zu einer weiteren Leistungszone: «Es wird überall gedopt. Und der gesellschaftliche Konsens, dass dies nicht gut sein soll, erodiert meiner Meinung nach. Wir sind auf dem Weg in eine gedopte Gesellschaft. Und unsere Jungen sind gute Schüler und nehmen das auf. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass wir auch beim Sex nicht mehr wissen, wer ‹clean› ist und wer nicht.» Das kann Fragen aufwerfen wie: War das jetzt echte Lust?“
Kaum. Wenn man mit weniger oder keinem Sex zufrieden ist: Super- und völlig normal, legitim!
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