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Bei Angst und Panikattacken die Kontrolle zurückerlangen

Dipl.-Psych. Stephanie Neuwald Das Wichtigste bei Panik und Angst ist, dass Betroffene wieder die Kontrolle über sich und ihren Körper bekommen. Das nimmt der Angst den Schrecken des unkontrollierbaren Ausgeliefertseins und gibt wieder das gute Gefühl der Selbstwirksamkeit zurück. Daher ist es wichtig, dass Betroffene Methoden zur Hand haben, effektiv mit Panik umgehen zu können. Der Artikel zeigt zwei wichtige Methoden dazu. - von Dipl.-Psych. Stephanie Neuwald, Februar 2017
Panikattacken sind ein relativ häufiges Phänomen. Sie können im Zuge einer anderen Angststörung auftreten, aber auch in manchen sehr belastenden Lebensphasen.

Das Erschreckende und stark Belastende dabei ist, dass sie meist wie aus dem Nichts zu kommen scheinen und zu starken Gefühlen der Angst und Unkontrollierbarkeit führen. Oft können Betroffene erst einmal gar keinen Grund dafür entdecken oder keine Zusammenhänge mit Auslösern finden. Dies führt dann zu dem weiter angstmachenden Gefühl des hilflosen Ausgeliefertseins. Nicht selten entsteht dann auch die Angst vor der Angst bzw. der nächsten Attacke.

Das Positive dabei ist, Panikattacken sind meist gut und relativ schnell zu behandeln. Besonders Methoden aus der kognitiven Verhaltenstherapie haben sich hier als schnelle und effektive Mittel der Wahl bewährt.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie oft Patienten mit Panikattacken in meine Praxis kommen und berichten, dass sie schon lange in Therapie deswegen sind, aber noch keine Lösung gefunden haben. Oft kennen sie keine Methoden mit der Angst umzugehen.

Das Wichtigste bei Panik und Angst ist also erst einmal, dass Betroffene wieder die Kontrolle über sich bekommen. Das nimmt der Angst den Schrecken des unkontrollierbaren Ausgeliefertseins und gibt wieder das gute Gefühl der Selbstwirksamkeit zurück. „Egal ob die Angst kommt oder nicht, ich kann was tun und sie wieder in Griff bekommen.“

Daher möchte ich hier zwei einfache Methoden aufzeigen, die jeder Angstpatient kennen und anzuwenden lernen sollte: Der Gedanken-Stopp und das Angstbarometer.

Meist sind es nicht äußere Auslöser, die zu Angst oder Panik führen, sondern die Gedanken, welche dazu auftreten. Auch die Angst vor der Angst sind solche Gedanken, welche Angst oft erst entstehen lassen oder vergrößern. Daher ist es wichtig diese angstbezogenen Gedanken in den Griff zu bekommen. Aussteigen aus der Angstspirale und zwar so schnell wie möglich hilft, die Angst unter Kontrolle zu bringen und gar nicht erst entstehen zu lassen. Als wirksames Mittel hierzu hat sich der Gedanken-Stopp bewährt. Hier die Anleitung dazu:

Sagen Sie laut oder innerlich laut „STOPP“. Seien Sie dabei deutlich und vehement! Ein zaghaftes „Stopp“ bringt nichts. Nutzen Sie dazu alle Sinne. Sagen Sie das Stopp möglichst laut, wenn Sie alleine sind, damit Sie es auch hören. Stellen Sie sich das STOPP bildlich vor. Vielleicht als großes, rotes Straßenschild. Gehen Sie mit dem Stopp in der Vorstellung in Interaktion. Schwingen Sie in Gedanken dieses Stopp-Schild und schlagen damit die Angstgedanken weg, stampfen sie in den Boden. Je deutlicher Ihre Vorstellung, je mehr sie Sie zum Schmunzeln bringt oder sonst wie bewegt, desto leichter wirkt sie. Man hat herausgefunden, dass möglichst intensives Vorstellen mit Einbezug aller Sinne, Emotionen und Gedanken genauso im Gehirn verarbeitet wird und wirkt wie reales Handeln. Das Selbe erleben Sie bei Ihrer Angst, welche auch durch starke Gedanken ausgelöst wird. Also nutzen Sie diesen Effekt indem Sie die Vorstellungskraft aktiv anwenden und bewusst einsetzen.
Wahrscheinlich müssen Sie anfangs viele Stopps hintereinander setzen, da die Gedanken gleich wiederkommen und oft recht hartnäckig sind. Dies wird mit der Zeit und Übung aber immer weniger.
Wichtig ist es also, dieses „Stopp“ zu üben und zwar anfangs so oft wie möglich, damit es auch im Akutfall parat ist und klappt. Wichtig ist auch, Angstgedanken so schnell wie möglich zu stoppen. Wenn Sie erst einmal in die Gedankenspirale einsteigen, wird es immer schwerer wieder herauszukommen.

Eine andere sehr wirksame Methode im Umgang mit Angst ist das Angstbarometer. Das ist eine Atemübung kombiniert mit der Vorstellungskraft. Da Atemübungen allgemein, sowie Imaginationsübungen bei Angststörungen sehr wirksam sind, ist diese Kombination aus beiden besonders effektiv. Hier die Anleitung dazu:

Setzen Sie sich bequem hin, Rücken gerade, Beine locker nebeneinander. Atmen Sie erst einmal tief durch, Atmen den Alltag aus. Lenken Sie die ganze Aufmerksamkeit auf Ihre Atmung. Verfolgen Sie den Atemstrom. Beobachten Sie, wie sich beim Einatmen Brust und Bauch leicht heben und beim Ausatmen wieder senken. Atmen Sie ganz ruhig und gleichmäßig, tief ein und aus. Stellen Sie sich vor, wie Sie beim Einatmen Ruhe in sich aufnehmen. Atmen Sie so weiter, bis Sie einen langsamen, tiefen Atemrhythmus gefunden haben. Dann stellen Sie sich ein Barometer oder eine Art Messlatte vor, mit den Zahlen von 0 bis 10 darauf und einem Zeiger. Null bedeutet dabei „keine Angst“ und 10 „maximal starke Angst“. Schauen Sie, bei welcher Zahl Ihr Zeiger steht. Dann verbinden Sie Ihre Atmung mit dem Zeiger und beginnen, beim nächsten Ausatmen, den Zeiger ein kleines Stück nach unten zu schieben. Atmen Sie weiter Ruhe ein und schieben den Zeiger beim Ausatmen ein Stück nach unten. So machen Sie weiter, bis Ihr Zeiger bei zwei oder eins steht. Lassen Sie sich Zeit dabei, setzen Sie sich nicht unter Druck. Es kann sein, dass es beim ersten Mal oder an manchen Tagen etwas länger dauert, manchmal aber auch recht schnell geht.
Auch hier ist das Üben das Rezept zum Erfolg. Machen Sie die Übung regelmäßig und am Anfang so oft wie möglich. Anfangs kann es helfen sich den Text aufzunehmen oder vorlesen zu lassen, so dass Sie sich ganz auf die Übung konzentrieren können.

Diese beiden Übungen sind leicht zu erlernen und regelmäßig angewandt eine starke Hilfe im Umgang mit Angst und Panik. Auf alle Fälle bilden sie einen guten Grundstock zur Stabilisierung und Herstellung der Selbstwirksamkeit in der weiteren Behandlung der Angst.

Natürlich ersetzen dies Übungen keine ordentliche Therapie. Es ist bei einer Angststörung auch immer wichtig zu schauen, was die Ursachen dafür sind. Aber diese Übungen können ein erster wichtiger Schritt als Hilfe zur Selbsthilfe sein, um aus der Hilflosigkeit herauszukommen und wieder Kontrolle über das eigene Leben zu haben.




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