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Alarmierender Anstieg psychischer Krankheiten

Susanne Päpper Der Anteil psychischer Krankheiten nimmt dramatisch zu. Arbeitgeber versuchen durch Pausen, Billardtische und Obst, dieses zu verändern, sehen jedoch nicht die Notwendigkeit für Psychohygiene zu sorgen und die Mitarbeiter dabei zu unterstützen, in innere Balance zu kommen. - von Susanne Päpper, Mai 2019

Alarmierend: Immer mehr psychische Erkrankungen

Nach den neuesten Statistiken wird wieder deutlich: Die Zahl der psychischen Krankheiten (Depression, Burnout) steigt stetig an. Der Anstieg von Fehltagen passiert, obwohl die Voraussetzungen sich immer weiter verbessern und Arbeitssicherheitsmaßnahmen das Risiko von Unfällen in Deutschland minimieren. Auch der Verlust des Jobs ist immer unwahrscheinlicher geworden, so dass auch dieser Stressfaktor aktuell keine große Rolle mehr spielt. Was führt zum Anstieg?

Ca.15 Prozent aller Fehltage sind Erkrankungen der Psyche. Besondere Brisanz erhält dieses Thema, weil die Krankheitsdauer psychischer Erkrankungen mit durchschnittlich 36 Tagen dreimal so hoch ist wie bei anderen Erkrankungen. Diese schlagen durchschnittlich mit höchstens zwölf Tagen zu Buche. Wichtig hierbei ist, dass sämtliche Altersgruppen der Erwerbstätigen betroffen sind, lediglich der Frauenanteil liegt etwas höher als der der Männer.

Ein besonders hoher Anteil, z.B. durch Schichtarbeit, ist in der Pflege zu verzeichnen, aber auch in allen anderen Bereichen gibt es immer mehr Belastungen.

Die ständige Erreichbarkeit und die Fokussierung nach außen macht Stress. Menschen denken, sie müssten (fast) immer online sein, denn sie haben Angst etwas zu verpassen, sollten sie das Handy einmal ausschalten und nicht bei Facebook oder Instagram posten, denn alle anderen tun dieses ja auch. Auch Zeitstress, Leistngsdruck und Konflikte, überlange Tage im Büro, wechselnde Schichten und fehlende Zeit für Erholung tragen zur Erkrankung bei.

Abgrenzung bedeutet Zentrierung auf sich selbst, wieder ein Gespür für das eigene Wohlergehen zu bekommen. Mit all den vielen Aktivitäten ist der Mensch überall, nur nicht bei sich selbst und das macht Stress. Vielleicht fällt es Ihnn auch schwer, Momente der Ruhe auszuhalten. Wie wäre es, mal wieder einfach nur in die Ferne zu schauen (ohne durch die Handykamera zu gucken), ein Buch zu lesen, um für einen Moment ganz bei sich selbst anzukommen, um Körper und Geist wieder Ruhe zu gewähren. Auch leichte sportliche Aktivitäten, wie Yoga und Pilates oder ein Spaziergang (ohne Kopfhörer) können dazu beitragen.

Früher wurde oft gesagt:
„Nur in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist.“

Heutzutage lässt die Ernährung– oft auch stressbedingt – bei vielen zu wünschen übrig. Es gibt das Bier zum Feierabend (manchmal auch zwei oder drei), vielleicht auch den guten Wein (den Sie sich natürlich nach dem stressigen (Arbeits-)Tag verdient haben), etwas Schokolade zum Trost oder als Belohnung. Wenn wir endlich im Bett liegen, können dann aber oft trotzdem nicht einschlafen! Manchmal sind die ersten Zeichen auch „nur“ Kopf- oder Rückenschmerzen.

Arzttermine zu bekommen, ist heute oft schwierig, daher dämpfen wir den Schmerz erst mal mit einer Pille. Schaffen wir es in Sprechzimmer fragt man uns: „Was haben Sie denn?“, der Arzt verschreibt die nächsten Pillen, vielleicht auch ein MRT oder eine Schiene, doch so richtig hilft das auch nicht weiter. Gesunder Körper – Gesunder Geist! Doch wie soll das so funktionieren?

Leider haben die Rückenschmerzen oft ihre Ursache nicht im Rücken, häufig ist der Kopfschmerz eine Reaktion auf Stress und die Schmerzen in der Schulter sind durch Anspannung entstanden. Sieht sich der Arzt aber nur Kopf oder Schulter an, dann fehlt mir hier die Ganzheitlichkeit.

Ein Mensch ist „ein System“, das aus vielen Organen im Zusammenspiel „funktioniert“, er besteht nicht nur aus Kopf oder Rücken. Ein Mensch ist viel mehr, er hat viele Bedürfnisse, Körperteile, Organe, die alle im Einklang miteinander stehen sollten. Nur bei Betrachtung der Gesamtheit, kann Einklang erreicht werden. Dafür braucht es Zeit und Ruhe… Nur so kann ich erspüren, woher der Schmerz vielleicht noch kommen könnte als von der schmerzenden Stelle.

Ein Arbeitgeber z.B. sollte daher nicht erwarten, dass allein genügend Pausen oder ein Billardtisch dafür sorgen, dass psychische Krankheiten ausgeschaltet werden. Wichtiger wäre eine „Psychohygiene“, d.h. dass er seine Mitarbeiter dabei unterstützt, die Eigenverantwortung für ihren Körper und ihre Seele zu übernehmen, um so z.B. das Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung zu spüren und dieses zeitnah umzusetzen. Hierfür sind die Themen Abgrenzung, Werte und Wahrnehmung wichtig. Er könnte z.B. regelmäßige Trainings zum Thema ganzheitliche Entspannung/Balance anbieten oder Mitarbeitern einen Coach oder Berater an die Seite stellen, der gemeinsam mit den Menschen ein positives Umfeld schafft, aber mit Veränderung, die sie auch wünschen und somit auch zulassen und spüren, so dass Entlastung entsteht.

Ich bin der Meinung (und kann dieses anhand vieler zufriedener Klienten bestätigen), dass der Anstieg der psychischen Erkrankungen aufgehalten und verändert werden kann, wenn Menschen mehr über sich erfahren, Belastungen erspüren, um aktiv in Veränderung zu gehen. Für diesen Prozess wird jedoch ein wenig Zeit benötigt. Hat man sich diese Zeit aber jemals genommen und gespürt, wie gut es tut, ganz bei sich zu sein, seine Bedürfnisse zu erfüllen, um so in eine innere Balance zu kommen, wird man das nie wieder missen wollen.

Quellen: www.bundesgesundheitsministerium.de, www.tagesspiegel.de, www.bptk.de
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