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Wie soll ich Probleme ansprechen, die aus meinen traumatischen Vorerfahrungen resultieren?

Mimi (w, 18) aus Leipzig : Hallo,

ich habe eine ptbs durch meine Mutter, dementsprechend ist mein Selbstbewusstsein, meine Selbstwahrnehmung. Mit 14 kamen zwei Missbrauchserfahrungen dazu, ich habe den Jungen nie angezeigt. Ich bin durch die Hölle gegangen, aber es ging, durch 8 Jahre Therapie bin ich auch relativ selbst reflektiert.

Jetzt bin ich momentan ohne Therapie. Dadurch, dass ich jetzt in einer Beziehung bin, fällt mir alles auf die Füße. Ich rede nur mit meinem Therapeuten über meine Probleme, das fällt ja jetzt raus und ich habe ansonsten massive Probleme darüber zu kommunizieren. Ich gehe in die Vermeidung über, Dissoziation, wenn ich mich dem dann stellen muss.

Im Punkt Sex knallen bei mir jetzt in einer Beziehung meine Sicherungen durch. In meinen Augen wurde mir meine Sexualität damals geraubt. Die Vergewaltigung war mein erstes Mal, es folgten reihenweise Reinszenierungen etc. Ich hab mich in der devoten Opferrolle gefunden und kann sie jetzt nicht durchbrechen. Dass ich den ersten Schritt mache? Undenkbar.

Mein Partner hat dadurch das Gefühl, dass ich ihn nicht wollen würde, findet es langweilig. Während ich mich im Umkehrschluss dafür schäme, nicht „gut“ genug zu sein etc. Meine Frage hierbei wäre, wie ich ihm das erklären soll? Er weiß von meiner Vergangenheit, aber Probleme in dem Kontext unserer Beziehung, die jetzt natürlich auftreten, kann ich nicht ansprechen, ich weiß einfach nicht wie.

Wie rede ich da mit meinem Partner drüber, der all das vielleicht gar nicht so wirklich nachvollziehen kann?

Mit freundlichen Grüßen

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Mimi,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Zunächst freut es mich zu hören, dass jahrelange Therapie Ihnen bereits half, die traumatischen Erfahrungen soweit erstmal für sich zu bearbeiten.

Wenn Sie sich jetzt auf eine Beziehung einlassen wollen, taucht natürlich auch wieder das Misstrauen und die physiologische Abwehrreaktion auf, da Trauma, insbesondere, wenn es von Menschen verursacht wurde, auch immer eine tiefe Bindungsverletzung ist. Um sich einzulassen, werden Sie andere Bedingungen benötigen als andere Menschen, die diese Grenzverletzungen nicht erlebt haben.

Am Wichtigsten ist zunächst die Frage: Wie können Sie sich sicher fühlen mit Ihrem Partner? Emotional und auch körperlich. Es wird vielleicht nicht leicht, das herauszufinden, Sie werden sehr viel Geduld dafür brauchen. Auch Ihr Partner wird diese Geduld aufbringen müssen. Denn es bedeutet, sich mit allem sehr viel Zeit zu lassen. Jede Form von Annäherung, Blicke und Berührungen müssen quasi sicher im gemeinsamen Kontakt verankert werden. Dazu ist es notwendig, miteinander zu sprechen, und zwar eher zu viel als zu wenig.

Sie fragen, wie Sie mit ihrem Freund darüber sprechen können? Sie haben ihm bereits mitgeteilt, was Sie alles erlebt haben. Jetzt wäre es wichtig, ihm zu verdeutlichen, welche Auswirkungen Ihre Erfahrungen auf Ihre Fähigkeit zu vertrauen und sich hinzugeben hat. Dass es nichts mit seiner Person zu tun hat, oder nur wenig, je nach Empathievermögen. Sie müssen ihm vieles erklären, was er vielleicht erstmal nicht versteht, nicht nachempfinden kann.

Wenn er bestimmte Verhaltensweisen von Ihnen erwartet, z.b. dass Sie ihm zeigen, dass Sie ihn sexuell begehren, so wird das nach hinten losgehen. Denn es kollidiert mit Ihren Verteidungsreaktionen.

Sie werden Sexualität leben können, wenn Sie Ihrem Partner wirklich vertrauen und genau bestimmen, wie weit Sie gehen möchten. Das muss sich erstmal entwickeln. Je weniger sie beide voneinander erwarten, sondern einfach entstehen lassen, desto leichter und sicherer wird es. Schauen Sie, ob sie als Paar lernen können, sich mit viel Zeit emotional und körperlich aufeinander einzuschwingen. Sich langsam anzunähern, nach dem Motto: weniger ist mehr. Lassen sie Vorstellungen fallen, wie Sexualität sein sollte und finden sie stattdessen heraus, was sich gut und stimmig für sie beide anfühlt.

Wenn ihr Partner das langweilig findet, könnte es sein, dass er nicht die nötige Geduld oder Reife besitzt, um mit Ihnen durch den behutsamen Vertrauensbildungsprozess zu gehen.

Ihre Aufgabe wird jedoch sein, sich in winzigsten kleinen Schritten immer mehr zu öffnen und zu probieren, wie Sie das Vertrauen, das Sie gegenüber Ihren Therapeuten entwickeln konnten, nun auf einen Partner ausdehnen könnten.

Eine Paartherapie könnte hilfreich sein, um eine gemeinsamen Sprache zu finden. Ebenso könnte es unterstützend sein, wenn Sie sich zum jetzigen Zeitpunkt nochmals in Therapie begeben, um Ihren Beziehungsprozess begleiten zu lassen.

Ich wünsche Ihnen alles Gute. Über ein kurzes Feedback würde ich mich freuen.

Viele Grüße
Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie
Bewertung durch den Fragensteller:
Dankeschön, sie haben mir geholfen!

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