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Wie soll ich meine Anliegen mit meinem Partner besprechen ohne dass er sich angegriffen fühlt?

Mimi (w, 18) aus Leipzig :

Hey, ich wende mich an Sie weil ich einen Rat brauche um meinen Partner anzusprechen ohne das er sich angegriffen fühlt, dass ganze Gespräch aus dem Ruder läuft. Ich selber bin Missbrauchsopfer, dass ist ihm auch bekannt. Ich habe ihm im Vertrauen von einer Missbrauchserfahrung einer Bekannten erzählt. Ihr Freund hat sie praktisch zur Verfügung für einen gemeinsamen Freund gestellt. Sie wollte das alles nicht, konnte aber auch nicht nein sagen. In meinen Augen ein ganz perfider, klarer Fall. Er reagierte darauf sehr emotional aber auch mit Aussagen wie „ das interessiere ihn nicht“, „sie hätte ja nein sagen können“. Auch wieder extrem verherrlichend, relativierend.

Ich reagierte natürlich auch sehr emotional, versuchte ihn zu beschwichtigen weil er es als Angriff auffasste und sagte dann zb „ja also denkst du das ich auch in diesen 6 Stunden Missbrauch hätte einfach nein sagen können!“ er wurde daraufhin laut und ich weinte. Solche Aussagen sind für mich eigentlich ein absolutes No Go aber ich würde es gerne nochmal thematisieren und ihn dafür sensibilisieren, wenn das mit uns weiterhin klappen soll.

Nur wie?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Mimi,

Du hast Missbrauch erlebt und deine Freundin ebenfalls. Jetzt wolltest du mit deinem Partner darüber sprechen - es ist aber in einem Streit geendet. Nun möchtest du wissen, wie du darüber reden kannst, ohne dass sich dein Freund angegriffen fühlt. Denn es ist dir wichtig, dass du über dieses Thema in Ruhe mit im sprechen kannst.

Du hast deinem Partner von deiner eigenen Mißbrauchserfahrung erzählt. Und du hast ihm vom Mißbrauch einer Freundin erzählt. Was ich mich frage ist, was war deine Motivation dahinter? Was genau sollte dein Partner tun? Sollte er Verständnis zeigen? Sollte er dir beistehen? Sollte er betroffen reagieren?

Jetzt war ich bei dem Gespräch nicht dabei und kann nur Vermutungen aussprechen. Aus meiner Sicht hat er deutlich seine Grenzen gezeigt. Er sagte, er wolle davon nichts wissen. Du hast weiter beharrt - weil es dir wichtig war - und er ist wütend geworden. Wut ist eine Emotion, die wir zeigen, wenn wir eine Grenze zum Ausdruck bringen möchten. Er war wütend - und du verletzt.

Jetzt meine Frage an dich: worum geht es dir denn, wenn du ihm von der Erfahrung einer Freundin erzählst? Überlege es dir, fasse es in Worte und sage es ihm genauso. Ich weiss nicht worum es geht - vielleicht wäre das so etwas wie: 'Ich möchte das Gefühl haben, dass du mich darin verstehen kannst.' Wenn es so ist, dann überlege dir, woran du merken würdest, dass er dich versteht. Wenn es darum geht, dass er dir bestätigt, dass er so etwas mit dir niemals machen würde, dann sage es ihm deutlich. Männer lieben direkte Kommunikation - Frauen sprechen häufig zwischen den Zeilen. Das kann zu Mißverständnissen führen. Bei vielen Paaren, in denen einer ein Trauma erlebte entstehen diese Probleme in der Kommunikation. Das ist gar nicht selten.

Und ich frage mich, ob die Freundin ihre Erfahrung in einer Therapie aufarbeiten konnte? Sich stärken lassen? Ihren mißbräuchlichen, manipulierenden, verächtlich handelnden Partner verlassen? Oder ihm zumindest die Grenzen so aufzeigen, dass sie sich in dieser Verbindung sicher fühlt? Und wie ist es mir dir? Hast du schon Unterstützung in Form einer Traumatherapie erhalten? Und wenn nicht - vielleicht rührt die Betroffenheit daher, dass dieses Thema in dir geheilt sein möchte? Und vielleicht ist dein Partner mit diesem Thema einfach überfordert?

Vielleicht hast du deswegen so verletzt reagiert, weil du selber Zweifel hast, ob du nicht hättest nein sagen können? Vielen Frauen geht es so, die nicht wissen, dass sie durch den Schock so gelähmt sind, dass sie gar nicht mehr reagieren können. Viele beginnen an sich selber zu zweifeln. Viele brauchen dann jemanden, der ihnen den Rücken stärkt und hilft, die Starre aufzulösen, um diese hinter sich zu lassen. Auf jeden Fall empfehle ich dir ganz dringend, dir therapeutische Hilfe zu holen, um diese Erfahrung aufzuarbeiten. Dort erhältst du auch Unterstützung wie du gut mit deinem Partner kommunizieren kannst.

Als Leitfaden, wenn du bei ihm etwas ansprechen magst:
- spreche keine Vorwürfe aus, sondern Wünsche (am besten etwas, das konkret benannt werden kann)
- vermische nicht verschiedene Themen - also dein Erlebnis mit der Erfahrung der Freundin - sondern bleibe bei einem Thema
- spreche mit deinem Partner ab, dass du etwas wichtiges mit ihm besprechen magst und wählt einen Zeitpunkt, zu dem ihr beide in Ruhe sprechen könnt

Danke, dass du dich vertrauensvoll an uns wendest. Du bist mutig. Gehe diesen Weg nun weiter und hole dir Hilfe. Und dafür wünsche ich dir viel Kraft.

Herzlicher Gruß
Shivani Vogt

P.S. Bitte nimm dir kurz Zeit, diese kostenlose Antwort zu bewerten, vielen Dank!

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