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Leidet mein Bruder an einer psychischen Krankheit?

Mael (m, 24) aus Mainz:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich frage an Stelle meines kleinen Bruders, hoffentlich ist das in Ordnung. Er besucht zur Zeit die dritte Klasse (keine Wiederholungen) und hat an der Schule mit vielen Problemen zu kämpfen, sowohl mit den Lehrkräften dort, als auch mit seinen Mitschülern. Er war schon immer ein sehr anstrengender kleiner Bruder, ist ständig in Bewegung, widerborstig, renitent und launenhaft. Besonders unsere Mutter hat die Schwangerschaft sehr belastet, so verweigerte er sich beispielsweise der Muttermilch und aß nur sehr wenig.

Nun ist es an und für sich nicht ungewöhnlich, wenn ein Junge in seinem Alter etwas unruhiger und aufgeweckter ist. Der eigentliche Grund, aus dem ich mich an Sie wende, ist, dass ich wissen möchte, ob er vielleicht an irgendeiner psychischen Krankheit leidet? Vor kurzem habe ich einige seiner 'Gedichte' gefunden, und muss gestehen, dass ihr Inhalt mir enorme Sorgen bereitet. Hier einige Auszüge (einschließlich grammatikalischer Korrekturen meinerseits):

Die Welt ist schlecht,
sie war mal gut
und wird nie wieder gut sein.

Die Welt wird untergehen,
nicht ganz allein.
Es werden viele sterben
und wenige werden es überleben.

Ein Hase, der ist allein
und bleibt allein.
Wir werden ihn sehen
oder sogar selber spüren.

Die Sonne scheint,
die Menschen leben.
Wer stirbt, lebt nicht,
wer lebt, lebt weiter.
Jeder muss mal Opfer geben.
Ohne sie existiert die Welt nicht.

Meine Eltern wissen nichts davon, besteht ein ernsthafter Grund zur Sorge?

Mit freundlichen Grüßen

Mael

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Hallo Mael,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Das Gedicht Ihres kleinen Bruders gibt in der Tat Anlass zur Sorge. Ob eine psychische Krankheit vorliegt kann ich allerdings aus der Ferne im Rahmen dieser niedrig schwelligen Online-Beratung nicht diagnostizieren. Dazu müsste er einen Facharzt für Psychiatrie aufsuchen.

Die belastende Schwangerschaft Ihrer Mutter und seine Abneigung gegen Muttermilch/ Nahrung deuten darauf hin, dass eine prä- und perinatale Geburtstraumatisierung vorliegen könnte, deren Folgen er sein Leben lang mit Hyperaktivität und Nichtanpassung zu kompensieren versucht. Meine Empfehlung wäre, mit ihm zu einem Traumatherapeuten mit Schwerpunkt Geburtstrauma zu gehen. Als Methode käme beispielsweise Somatic Experiencing nach Dr. Peter Levine in Frage.

Wichtig ist, dass jemand eine stabile, emotionale Bindung zu ihm aufbaut. Sein Gedicht könnte als Ausdruck seiner tiefen Einsamkeit und Isolation verstanden werden, bei gleichzeitig enormer Wut auf die äußere Welt. Aus der Wut kann Hass entstehen und können Handlungen folgen. Deshalb ist wichtig, ihn nicht nur als schwierig und anstrengend wahrzunehmen, sondern als einen Junge, der große Schwierigkeiten hat, seinen Platz in dieser Welt zu finden und unglücklich ist.

Schauen Sie, ob Sie als Bruder derjenige sein können, der ihn emotional auf einer tieferen Ebene erreichen könnte. Dafür ist es notwendig, dass Sie sich ihm mit offener Haltung zuwenden und vorbehaltslos zuhören. Sprechen Sie mit ihm neutral darüber, wie er Menschen sieht, was ihm fehlt, worüber er wütend ist, welche Wünsche er hat, ob er Tiere mehr mag als Menschen usw. - aber ohne ihn zu ver-/beurteilen.

Wenn Sie merken, dass dies schwierig ist, können Sie sich von mir oder anderen Psychomeda-Kollegen psychologisch online begleiten lassen.

Ich wünsche Ihnen alles Gute -
viele Grüße

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie
Bewertung durch den Fragensteller:





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