Übertragung in der Therapie

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Selene,

zuerst einmal möchte ich Ihnen meine Anerkennung aussprechen, daß Sie eine Psychotherapie absolvieren, und das über einen längeren Zeitraum! Viele Personen - auch Borderliner - haben nicht den Mut und die Energie dazu.

Was Sie beschreiben, wird in der Tiefenpsychologie 'Übertragung' oder auch 'Übertragungsneurose' genannt. Dieser Begriff besagt, daß der Klient Gefühle und Empfindungen auf den Therapeuten 'überträgt', die ursprünglich auf lebensgeschichtlich wichtige Personen (z. B. den Vater) bezogen waren. Dieses Phänomen ist bekannt und wird von den verschiedenen Therapieverfahren unterschiedlich bewertet.

Wenn Sie eine analytische Therapie absolvieren, ist diese Übertragung sogar gewünscht (Sie schreiben: 'er weiß es') und soll zur Übertragungsneurose führen. Der Therapeut kann darin wichtige Ursachen und Bezüge zu Ihren unbewußten Einstellungen erkennen und anschließend einen Bewußtwerdungsprozeß bei Ihnen fördern. Das bedeutet, daß Sie die 'blöden kindlichen Bedürfnisse' erst einmal nicht 'loswerden' (wie Sie es sich wünschen), sondern mit therapeutischer Hilfe genauer ansehen und verstehen lernen. Daß Sie in diesem Zusammenhang Ihren Therapeuten als 'Daddy' sehen, wird Ihnen den emotionalen Zugang zu diesen Bedürfnissen erleichtern.

Eine Psychotherapie wird oft in bestimmten Phasen als unangenehm oder sogar schmerzhaft erlebt, manche Klienten reden dann auch davon, daß die Therapie 'nutzlos' ist. In aller Regel treten diese Gefühle in Zeiten auf, in denen die Therapie wirkt. Diese Wirkung wird sehr oft erst nach einem längeren zeitlichen Abstand auch vom Klienten als hilfreich erlebt. Insofern kann ich Sie nur ermutigen, dem Therapeuten zu vertrauen und sich auch den 'blöden Bedürfnissen' mit Neugier zu nähern! Ich wünsche Ihnen Durchhaltevermögen!

Herzliche Grüße

Ihr

Holger Nikolai

Bewertung durch den Fragensteller:
Schnelle und leicht verständliche Antwort