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Mir fällt es schwer, mit meiner Therapeutin offen zu reden

Sprachlos (w, 37) aus Krefeld: Guten Abend,

Ich mache seit zwei Jahren eine Psychotherapie wegen Depressionen, Depersonalisation, Derealisation, etc. Leider fällt es mir sehr schwer, mit meiner Therapeutin offen zu reden. Wir haben ein paar Themen oberflächlich angekratzt, aber sind dann stecken geblieben, weil ich nichts mehr zu erzählen wusste, bzw. mich nicht traute.

Vor 20 Jahren habe ich einem Therapeuten gegenüber fälschlicherweise auf massives Drängen seinerseits jemanden des Missbrauchs an mir beschuldigt. Zum Glück ohne Konsequenzen für die unschuldige Person, das Ganze blieb zwischen mir und dem Therapeuten! Ich mache mir solche Vorwürfe deswegen! Ich weiß nicht, was da mit mir los war....

Aber seitdem traue ich mir, meinen Gefühlen, Gedanken und Bildern nicht mehr. Ich schaffe es nicht, mit meiner Therapeutin darüber zu reden. Jetzt nähert sich unsere Therapie dem Ende, ich habe nur noch 5 oder 6 Stunden. Und mir geht es noch schlechter, als zu Beginn der Therapie. Ich weiß nicht, was ich tun soll!

Kann ich nach dieser Therapie direkt eine neue starten, in der Hoffnung, dass dann die Chemie besser passt und ich mich öffnen kann? Oder wie kann ich meiner Therapeutin erklären, was los ist? Besteht da dann überhaupt noch die Chance auf eine Verlängerung und vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Therapie?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Sprachlos,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Es könnte sein, dass eine reine Gesprächstherapie für Sie nicht hilfreich ist. Hinzu kommt, dass Sie vielleicht Ihrer Therapeutin auch nicht vertrauen können. Beides kann wiederum miteinander zusammenhängen oder sich zumindest gegenseitig blockieren.

Tatsache ist zunächst, dass Sie sich nach 2 Jahren Therapie eher schlechter fühlen als besser. Das ist ein eindeutiger Hinweis, dass in der therapeutischen Behandlung etwas nicht stimmig ist.

Mein Eindruck ist, dass Ihr Vertrauensverhältnis zu Therapeuten allgemein durch die damalige Erfahrung unbewusst belastet ist. Sie leiden noch immer unter dem Schuldgefühl und den Selbstvorwürfen. Doch es konnte nur passieren, weil der Therapeut emotionalen Druck auf Sie ausübte. Sie sind also für dieses Ereignis nicht allein verantwortlich gewesen. Sollten Sie in Ihrem Leben einen Missbrauch erlitten haben - und so verstehe ich Ihre Schilderungen - kam es an der Stelle durch den Therapeuten zu einer Retraumatisierung.

Daraus resultiert nun einerseits ein tiefes Misstrauen sich selbst gegenüber - Ihren Gedanken und Gefühlen - anderseits aber auch gegenüber dem Therapeuten. Beides in Kombination sorgt nun für Verwirrung in Ihnen. Wenn jetzt noch hinzukommt, dass Reden allein nicht ausreicht, um mit Ihren Gefühlen zu arbeiten, verstehen Sie vielleicht die Komplexität Ihrer Problematik in dem bisherigen therapeutischen Prozess.

Sie können nach dieser Therapie direkt eine neue beginnen, wenn es sich um ein anderes Verfahren handelt. Das sollte vom neuen Therapeuten gut begründet werden. Damit Sie sich in einer Therapie öffnen können, muss zunächst die erlebte Manipulation des damaligen Therapeuten aufgearbeitet werden. Schauen Sie, mit wem Sie das vorstellen könnten und wer Ihnen dafür kompetent erscheint.

Ob eine Verlängerung mit Ihrer jetzigen Therapeutin sinnvoll wäre, vermag ich nicht zu sagen. Prüfen Sie das nochmal aus Ihrem Bauchgefühl heraus - mit den Hinweisen, die ich Ihnen gegeben habe.

Aus meiner Sicht könnte eine Körpertherapie oder Körperpsychotherapie eher hilfreich für Sie sein, weil darin der Körper und seine Empfindungen gleichermaßen miteinbezogen werden. Die Verknüpfung mit Worten kann dann später im Prozess erfolgen, wenn Sie sich klarer fühlen und empfinden können. Sie müssen dann nicht sprechen, wenn Ihnen die Worte fehlen oder Sie nicht wissen, wie Sie etwas beschreiben sollen.

Diese Art der Therapie bietet einen breiteren Gestaltungsspielraum für den Klienten und wird oft als sehr heilsam und unterstützend erlebt. Wenn Sie mögen, probieren Sie es einfach mal aus, um den Unterschied zu erfahren.

Ich wünsche Ihnen alles Gute -
viele Grüße

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie

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