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Ich leide unter Traumata - welche Therapie ist für mich geeignet?

Tobias (m, 40) aus Bremen: Sehr geehrte Damen und Herren,

ich leide unter Traumatas.
Ich weiß leider nicht, ob es ein nicht bewusstes singuläres Ereignis ist, ein Entwicklungstrauma oder ob es komplex ist.

Ich stoße immer wieder auf EMDR und Brainspotting - aber auch NARM und SE.
Einige Therapeuten sagen EMDR und Brainspotting und SE kann man wunderbar auch für komplexe Traumatisierungen anwenden.

Andere sagen: Nein, die Formen sind alles Schocktraumaarbeiten.
Gerade bei EMDR lieber Finger weg.

Wenn ich nicht weiß was mein Trauma ist - womit arbeite ich denn?
Und wie ist Ihre Meinung zu EMDR, Brainspotting und SE?

Beste Grüße

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Lieber Tobias,

danke für das Vertrauen, mit dem Sie sich an uns wenden.

Die erste Frage, die sich mir stellt: „Woher wissen Sie, dass Sie unter Traumatas leiden?“

Grundsätzlich gibt es 2 Wege, dies in Erfahrung zu bringen:

1. Sie erinnern sich an schwierige Situationen in Ihrer Kindheit.
2. Sie schauen sich an, was Ihnen jetzt, im Erwachsenenalter Probleme bereitet.

Auf welchem Weg sind Sie darauf gekommen, dass Sie unter Traumata leiden? Wenn Sie sich an nichts Schwieriges in der Kindheit erinnern können, dann wohl auf dem 2. Weg. Weiter unten werde ich Ihnen Videos empfehlen, die Ihnen helfen, mehr darüber in Erfahrung zu bringen, ob Sie Bindungstrauma erlebt und erlitten haben.

Somatic Experiencing (SE) arbeitet vorrangig mit der Entladung des sich durch Trauma im Körper akkumulierten Stresses. Dabei geht es darum, dass dieser Stress wieder abgebaut wird, und der Traumatisierte sich wieder völlig entspannen kann. Je besser dies gelingt, desto widerstandsfähiger werden wir gegenüber Stress. Wir lernen, uns in und nach schwierigen Situationen besser zu regulieren, d.h. wieder beruhigen zu können. Diese Regulationsfähigkeit ist besonders nach kindlichen Schocktrauma und bei frühen und pränatalen Traumata stark eingeschränkt. Aber auch bei Bindungstraumata, wenn wir z.B. unsichere, ängstliche oder depressive Mütter hatten. Solche Mütter können ihre Babys nicht ausreichend beruhigen und die Babys lernen dann nicht, sich selbst zu beruhigen. Sie haben später, als Erwachsene einen höheren Stresslevel als bindungsstarke Menschen.

Bei Schocktrauma kann man meiner Erfahrung nach sehr gut mit EMDR und EFT arbeiten. Allerdings bauen diese Verfahren nicht den akkumulierten Stress im Körper ab. Das heißt, die allgemeine Regulationsfähigkeit wird dadurch nicht unbedingt verbessert. Brainspotting kenne ich leider nicht, aber für EMDR/EFT benötigen Sie immer eine konkrete Situation, mit der Sie arbeiten. Sie müssen also das Trauma kennen. Wenn Sie jedoch keine Erinnerung daran haben, was wollen Sie dann mit EMDR bearbeiten?

Wenn Sie als Kind keine sichere Bindung zu Ihren Eltern aufbauen konnten, dann ist das eine Frage der Bindungsbeziehung. Da greifen Methoden wie EMDR/EFT dann nicht in ausreichendem Masse. Denn in diesem Fall fehlen Ihnen ja wichtige Ressourcen, die Sie brauchen, um als Erwachsener ein gutes Leben führen zu können.

NARM setzt daher an den aktuellen unbewussten inneren Konflikten an, die aus dem Bindungstrauma der Kindheit entstanden sind, und nun das Erwachsenenleben erschweren. Daher ist meiner Ansicht nach NARM der Rahmen, in dem alle anderen Methoden, wenn sie denn gebarucht werden, Anwendung finden.

Gerade, wenn Sie sich an nichts erinnern, können Sie mit NARM sehr gut arbeiten. Sie brauchen nicht unbedingt die Erinnerungen der Kindheit und Sie müssen auch nicht wissen, ob und wie komplex Sie traumatisiert wurden. All das wird sich Ihnen im therapeutischen Prozeß, wenn er gut läuft, Schritt für Schritt auf sanfte, schonende Weise offenbaren.

Komplex traumatisiert wären Sie, wenn Sie viele unterschiedliche Traumatisierungen erlebt und erlitten hätten, z.B. ein pränatales Trauma, dazu Schocktraumata, wie z.B. ein schwerer Unfall, dazu noch unzulängliche Eltern, denen Sie es z.B. nie haben Recht machen können und die sie immer wieder abgewertet haben, und noch dazu evtl. z.B. ein sexueller Mißbrauch von z.B. einem Erzieher in der Kita. Das wäre dann eine komplexe Traumatisierung. In so einem Fall wäre es empfehlenswert, jemanden aufzusuchen, der unbedingt mit SE und NARM arbeitet, möglicherweise dazu noch EMDR/EFT anbietet. Das wäre optimal.

Vielleicht hilft es Ihnen, sich auf YouTube mein Video Nr. 51 „Woran erkennt man einen guten Therapeuten?“ auf meinem Youtube Kanal anzusehen: https://www.youtube.com/c/TraumaTherapie. In diesem Video spreche ich unter anderem darüber, wie man einen passenden Therapeuten, auch SE und NARM Therapeuten, findet. Um herauszufinden ob und unter welcher Art von Bindungstrauma Sie leiden, könnten für Sie zudem die Videos der Playlist „NARM- die 5 Kernressourcen“ hilfreich sein. Zudem kann ich Ihnen die Lektüre von Laurence Heller „Entwicklungstauma heilen“ oder Isa Grüber „Was der Körper zu sagen hat“ empfehlen.

Ich freue mich, wenn ich Ihnen weiterhelfen konnte und schicke sonnige Grüße nach Bremen.

Ihre Marion Weber


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