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Stress mit Freunden, Ausrasten und Angst nach Rauschmittelkonsum - was tun?

Amado (m, 17) aus Frankfurt: Seit längerer Zeit konsumiere ich Rauschmittel und hatte nie Probleme damit und habe dennoch mein Leben auf die Reihe gekriegt,doch jetzt nicht mehr.Ich wohne noch bei meinen Eltern und die wissen nichts davon, weil ich mir nichts anmerken lasse.Ich habe auch Probleme mit der Polizei und bald ein Gerichtstermin der mir große Sorgen bereitet weil es kein kleines Delikt ist, darüber denk ich sehr viel nach. Ich bin nur selten Zuhause und bin mit meinen Freunden unterwegs dies macht mir auch Spaß aber nur wenn Rauschmittel dabei sind. Ich denke sehr viel über mein Leben nach und glaube ich habe es kaputt gemacht. Ich habe sehr viel Stress. dieser Stress zieht mich runter und ich fühle mich dadurch sehr beeinträchtigt in meiner Lebensqualität. Ich fühle mich als ob eine neue Person in mir lebt, mein altes Ich war ein ganz normaler Junge dessen größtes Problem war vielleicht mal nicht das neueste Handy zu bekommen und nun erkenn ich diese Person nicht mehr wieder. Mein ganzes Umfeld erkennt mich nicht mehr wieder. Ich habe mich von alten Freunden getrennt und hänge nur noch mit Leuten ab die eigentlich kein gutes Umfeld für mich sind. Ich bin sehr leicht reizbar und kann wegen kleinen Sachen sehr schnell mal richtig ausflippen, weil ich mir so komische Szenarien vorstelle die mich zum Ausrasten bringen. Ich weine des öfteren weil ich mit meinem Leben so einfach nicht mehr klar komme. Des Weiteren habe ich seit paar Monaten Angstzustände.Ich sehe in Gegenständen Gestalten und fühle mich beobachtet und verfolgt.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Lieber Amado,

vielen Dank für Ihre Anfrage und für die Offenheit, mit der Sie Ihre Probleme mit uns teilen.

Sie beobachten derzeit viele Veränderungen an sich.

Da ist zum einen das Verhältnis zu Ihren Eltern. Früher haben Sie sich Ihnen vielleicht in schwierigen Situationen anvertraut. Jetzt haben Sie ein Problem mit der Polizei und einen Gerichtstermin und möchten diese überaus unangenehme Situation vor Ihren Eltern verbergen. Das bereitet Ihnen Stress. Sie lassen sich nichts anmerken, aber dennoch ist das Thema ja da. Vielleicht fürchten Sie auch, dass Ihre Eltern dahinter kommen, und das lässt den Stress noch mal steigen.

Dann haben Sie sich von alten Freunden getrennt. Das ist an sich ein ganz normaler Vorgang, denn zu jeder Zeit in unserem Leben, aber besonders im Alter kurz vor der Volljährigkeit, verändern wir uns in unseren Ansichten und Interessen, und unsere Freunde verändern sich ebenfalls – und wenn diese Veränderungen in unterschiedliche Richtungen gehen, passt es irgendwann nicht mehr. In Ihrem Fall aber bewerten Sie die neuen Freunde so, dass sie sagen, diese seien „kein gutes Umfeld“ für Sie. Das heißt einerseits, dass Sie gerne mit diesen neuen Freunden abhängen, wenn Rauschmittel im Spiel sind, aber andererseits Ihnen die Lebensweise der neuen Freunde auch unpassend für Sie selbst erscheint. Auch dieser Zwiespalt macht Ihnen Stress.

Hinzu kommt, dass Sie diese Veränderung an sich selbst noch einmal besonders spüren, Sie sich sogar selbst fremd vorkommen. Sie erkennen den kleinen Jungen, der Sie mal waren, in sich selbst verständlicherweise nicht wieder – aber die neue Person, die Sie jetzt sind, der Fast-Erwachsene, ist Ihnen auch noch fremd. Diese Unsicherheit oder Unklarheit macht Ihnen auch Stress. Auch das ist ganz normal.

Wenn so viel Stress zusammen kommt – in Ihrem Falle die Ablösung von den Eltern, die Ablösung von den alten Freunden, die Ablösung von dem eigenen Kindheits-Ich – dann reagieren wir mit heftigen Gefühlsregungen. Ausrasten, Weinen, Ausflippen, Angst – alles kommt hoch und manchmal von einem zum anderen Moment wechselnd. Das ist bei manchen von uns weniger extremer, bei anderen ist es extremer. Alles kommt vor.

Sie denken viel über sich selbst nach. Das ist eine gute Methode, um diese Gefühlsschwankungen in einer für Sie guten Weise zu bewältigen. Denn der nächste Schritt wäre, nun auch einmal in Ihren Körper hineinzuspüren, wo genau die Gefühle sitzen, die Sie da überwältigen wollen. Meist ist es so, dass wir auch in unserem Körper Wut, Zorn, Angst oder Verzweiflung lokalisieren können. Vielleicht gelingt es Ihnen mit der Zeit, immer aufmerksamer dafür zu werden und dann auch zu erkennen, wann genau die Gefühle auftauchen. Vielleicht können Sie beobachten, in welchen Situationen die Gefühle stärker sind und in welchen Situationen sie nicht so stark sind. Sie können dann diesen Situationen einmal nachspüren und sich bewusst machen, welche in der jeweiligen Situation unerfüllten Bedürfnisse hinter diesen Gefühlen stehen und vielleicht merken Sie dann, dass die Impulsivität, mit der die Emotionen nach oben dringen, allein dadurch schon etwas abnimmt. Aber wenn das nicht sofort gelingt, bewerten Sie es nicht! Es ist wie es ist, und allein dadurch, dass Sie sich mit dieser Übung beschäftigen, wird es Ihnen besser gehen.

Dies ist übrigens eine Methode, die in der „gewaltfreien Kommunikation“ nach Marshall Rosenberg geübt wird, und vielleicht gibt es in Ihrem Heimatort ein Angebot bei der Volkshochschule oder einem anderen Seminaranbieter, wo Sie in einem Schnupperwochenende noch mehr zu dieser Methode erfahren können.

Dann ist da noch das Thema der Rauschmittel. Sie schreiben nicht, welche Rauschmittel Sie konsumieren. Es ist bekannt, dass manche Drogen regelhaft zu solchen Scheinwahrnehmungen führen können, wie Sie sie beschreiben: in Gegenständen Gestalten zu sehen, die uns scheinbar beobachten oder verfolgen. Vielleicht wollen Sie einmal ausprobieren, ob diese Scheinwahrnehmungen verschwinden, wenn Sie weniger oder nichts an Rauschmitteln konsumieren. Vielleicht wollen Sie sich dafür auch Hilfe holen. Dafür käme etwa eine Drogenberatungsstelle in Frage. Ein zeitiger Besuch bei einer Drogenberatungsstelle könnte übrigens auch das Resultat Ihres Gerichtsprozesses positiv beeinflussen.

Dann wäre da noch zu klären, ob Sie Ihre Eltern einweihen. Da Sie noch unter 18 Jahre alt sind, werden Ihre Eltern so oder so von Ihrem Gerichtstermin erfahren, da Ihre Eltern noch die Erziehungsberechtigten sind. Vielleicht überlegen Sie einmal, ob es für Sie angenehmer sein könnte, wenn Sie Ihren Eltern selbst die Information geben würden, dass ein Gerichtstermin bevorsteht.

Sie werden in den nächsten Tagen und Wochen viel Kraft brauchen. Aber aus Ihrem Brief entnehme ich, dass Sie eigentlich eine starke Persönlichkeit sind. Ich bin daher sicher, dass es Ihnen gelingen wird, mit sich und Ihrem Umfeld wieder ins Reine zu kommen. Ich wünsche Ihnen dafür alles Gute, Ihr Hans H. Bass
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