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Hilfe, ich ritze mich und kann nicht mehr aufhören

Yas (w, 15) aus nähe Ma:
Hilfe, Ich ritze mich und habe das Gefühl, dass ich damit nicht mehr aufhören kann!
Es hat angefangen, als ich in den falschen Freundeskreis geraten bin, meine Eltern sich getrennt haben,ich auf eine neue Schule ging und meine beste Freundin verlor. Ich war mit der Situation total überfordert und fing an mich zu ritzen.
Durch das Ritzen fühlte ich mich besser und so wiederhohlte ich es.

Nachdem es in der Schule einige Lehrer mitbekommen haben, versuchten alle mir Hilfe anzubieten,diese lehnte ich aber ab. Ich hörte dann auf, mich am Arm zu Ritzen, da ich nicht wollte, dass es jeder sieht und machte an meinem Oberschenkel weiter. Somit dachten alle, da am Arm keine neuen Wunden waren, ich hätte damit aufgehört,was ich aber nicht habe.

Seit kurzem habe ich auch noch bemerkt, dass ich bisexuell bin und ritze mich noch mehr, da ich nicht weiss wie ich mich 'Outen' soll bzw Angst davor habe und auch mit dieser Situation nicht klar komme. Ich traue mich schon gar nicht mehr in die Schule zu gehen oder etwas mit meinen Freunden zu Unternehmen, da ich Angst habe das alle Leute meine Wunden irgendwann sehen werden.

Dazu kommt noch das ich dass Gefühl habe ich MUSS mich Ritzen und deswegen trinke ich oft Alkohol um diese ganzen Sachen für einen Moment zu vergessen. Zu einer Vertrauensperson zu gehen traue ich mir auch nicht zu,da ich eigentlich nie mit jemandem über meine Probleme spreche. Ich komme mir vor wie in einem Teufelskreis. Bitte helft mir!

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Yas,

ich danke dir, dass du dich mit deinem Anliegen so vertrauensvoll an uns wendest. Du hast mit dem Ritzen angefangen, als deine Eltern sich trennten, du deine beste Freundin verloren hast und dann noch auf eine neue Schule kamst. Du fühltest dich total überfordert und ich nehme an, es hat auch niemand in deinem näheren Umfeld gemerkt, wie es dir wirklich geht.

Das Ritzen brachte dir kurzfristig Erleichterung, so dass du es weitergemacht hast. Als deine Lehrer dir Hilfe anbieten wollten, warst du noch nicht soweit, sie anzunehmen. Stattdessen hast du dich am Oberschenkel weitergeritzt, dort, wo es erstmal niemand mehr sehen konnte. Deine Lehrer dachten, du hast aufgehört. Sie dachten, sie müssten sich nicht mehr um dich sorgen und ließen dich wieder in Ruhe.

Doch das stimmt nicht. Es kommen eher neue Probleme für dich hinzu. Nämlich dass du merkst, dass du bisexuell bist. Die damit verbundenen Gefühle machen dir Angst, du fragst dich vielleicht: Was bedeutet das jetzt für mich und muss ich mich sofort outen?
Schon fühlst du dich weiter überfordert und nun ist es klar, du hast keine Wahl mehr, du musst dich ritzen. Weil dich das wiederum belastet, trinkst du Alkohol, um deine Probleme mal für einen Moment zu vergessen. Was ich gut verstehen kann, denn deine Seele braucht gerade dringend Entlastung.

Liebe Yas, du hast Recht, es ist wie ein Teufelskreis und es ist gut, dass du deinen ersten Hilferuf an uns geschickt hast. Dies ist der erste Schritt raus aus deinem Teufelskreis.

Das, was du beschreibst, hört sich sehr schlimm für mich an. Denn deine seelische Überforderung wird durch das Ritzen leider nicht weniger. Und da Ritzen selbst zur Sucht werden kann und Alkoholtrinken ebenfalls, solltest du dir dringend Hilfe vor Ort suchen.

Ich kann es nachempfinden, dass es dir sehr sehr schwer fällt, mit jemandem über deine Probleme zu sprechen und dich anzuvertrauen. Doch diese Schwierigkeit hält deinen Teufelskreis weiter aufrecht. Wenn du ihn also durchbrechen willst, gibt es nur den einen Weg: Sprich mit jemandem über deine Gefühle und deine Überforderung.

Vielleicht gibt es einen Lehrer, dem du mehr als anderen vertraust. Einer von denen, die schon mitbekommen haben, dass du dich geritzt hast. Oder du gehst zu eurem Schulpsychologen und sprichst mit ihm über deine Situation. Vielleicht kannst du auch mit deiner Mutter oder deinem Vater reden, je nachdem, wie gut dein Verhältnis zu ihnen nach Ihrer Trennung ist.

Du musst dich nicht schämen, weil du nicht mehr klar kommst und Hilfe brauchst. Bisher hast du deine Situation ganz allein gemeistert. Jetzt ist es gut, wenn du dir therapeutische Hilfe suchst. Sowohl deine Lehrer als auch der Schulpsychologe oder eben deine Eltern können dir dabei behilflich sein, einen Therapieplatz bei einem Kinder- und Jugendpsychotherapeuten zu finden. In der Therapie lernst du, wie man mit seelischer Überforderung umgehen kann ohne sich ritzen zu müssen. Lass dich dabei unterstützen, damit du dich bald wieder leichter und unbeschwerter fühlen kannst.

Ich wünsch dir dafür alles Gute,
herzlicher Gruß

Anke Wagner
- Heilpraktikerin f. Psychotherapie -
Bewertung durch den Fragensteller:

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