Wie schaffe ich es, mich für meine Gefühle zu öffnen?
Ruv (w, 42) aus Soltau:
Liebes Team,
da ich gewöhnlich von meiner Umgebung als starker Mensch eingeschätzt werde, tu ich mich schwer, nach Hilfe zu fragen. Ich hatte noch nie eine Beziehung, da ich noch nie einen Menschen (männlich, weiblich) dichter an mich heran gelassen habe. Wenn ich es doch mal tat, wurde ich bitter enttäuscht. Dieses Jahr habe ich mich z. B. von meiner Adoptivmutter getrennt, was mir erstaunlich leicht fiel. Als mein Adoptivvater vor drei Jahren starb, fühlte ich nur Mitleid, keine wahre Trauer. Ich war eher froh, dass er die schwere Krankheit und meine Mutter hinter sich hatte. (Sicher im Tod)
Leider kann ich auch meiner ersten Beziehung überhaupt gegenüber keine Gefühle zum Ausdruck bringen, obwohl ich ihn gerne berühre.
Wie schaffe ich es, mich für Gefühle zu öffnen? Bei traurigen Filmen und sentimentaler Musik / Szenen heule ich sofort. Nur was mein eigenes Leben betrifft, bin ich sehr abgebrüht (so kommt es mir vor)
Eigentlich meine ich, dass ich das Trauma meiner gefühlskalten Kindheit überwunden habe, aber hier stoße ich doch an meine Grenzen. Muss ich überhaupt daran arbeiten, oder akzeptiere ich, dass ich andere Menschen nicht an mich heranlassen kann?
Sollte ich ein schlechtes Gewissen haben, dass ich den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen habe?
Das wäre jetzt erst mal, was mich im Moment bewegt. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir da behilflich sein könnten.
Vielen Dank
Ruv
Liebes Team,
da ich gewöhnlich von meiner Umgebung als starker Mensch eingeschätzt werde, tu ich mich schwer, nach Hilfe zu fragen. Ich hatte noch nie eine Beziehung, da ich noch nie einen Menschen (männlich, weiblich) dichter an mich heran gelassen habe. Wenn ich es doch mal tat, wurde ich bitter enttäuscht. Dieses Jahr habe ich mich z. B. von meiner Adoptivmutter getrennt, was mir erstaunlich leicht fiel. Als mein Adoptivvater vor drei Jahren starb, fühlte ich nur Mitleid, keine wahre Trauer. Ich war eher froh, dass er die schwere Krankheit und meine Mutter hinter sich hatte. (Sicher im Tod)
Leider kann ich auch meiner ersten Beziehung überhaupt gegenüber keine Gefühle zum Ausdruck bringen, obwohl ich ihn gerne berühre.
Wie schaffe ich es, mich für Gefühle zu öffnen? Bei traurigen Filmen und sentimentaler Musik / Szenen heule ich sofort. Nur was mein eigenes Leben betrifft, bin ich sehr abgebrüht (so kommt es mir vor)
Eigentlich meine ich, dass ich das Trauma meiner gefühlskalten Kindheit überwunden habe, aber hier stoße ich doch an meine Grenzen. Muss ich überhaupt daran arbeiten, oder akzeptiere ich, dass ich andere Menschen nicht an mich heranlassen kann?
Sollte ich ein schlechtes Gewissen haben, dass ich den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen habe?
Das wäre jetzt erst mal, was mich im Moment bewegt. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir da behilflich sein könnten.
Vielen Dank
Ruv
Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:
Liebe Ruv,
ich danke Ihnen für Ihre Zuschrift. Ihre Zeilen haben mich sehr traurig gestimmt. Sie schreiben, Sie hatten noch nie eine Beziehung und haben auch noch nie einen Menschen näher an sich heran gelassen. Wenn Sie es taten, wurde Sie sehr schwer enttäuscht.
Von Ihrem sozialen Umfeld werden Sie als starker Mensch eingeschätzt. Es fällt Ihnen daher schwer, um Hilfe zu bitten. Deshalb war es ein wichtiger Schritt, dass Sie den Mut gefasst haben, hier auf diesem Portal um Rat zu fragen. Es zeigt, dass Sie bereit für Veränderungen in Ihrem Leben sind.
Sie fragen, wie Sie es schaffen können, sich mehr für Ihre Gefühle zu öffnen. Wenn Sie traurige Filme sehen, können Sie sofort weinen. Nur in Ihrem realen Leben haben Sie den Eindruck, dass Sie sehr abgebrüht sind.
Wenn man sich - wie Sie - über so viele Jahre vor Gefühlsempfindungen und Nähe zu anderen Menschen schützt, ist es schwer, einfach zu entscheiden, ich möchte mich jetzt öffnen. Und dennoch ist Ihr Wunsch der erste Antrieb. Sie glaubten, das Trauma Ihrer gefühlskalten Kindheit überwunden zu haben, doch vielleicht ist es eher so, dass Sie einen Weg gefunden haben, damit zu leben. Sie könnten auch so weiterleben, wenn Sie es wollen. Doch entscheidend ist Ihr Wunsch, berührbar zu werden. Etwas sehr Wertvolles ist in Ihnen heil geblieben und hat all die Jahre der Gefühlskälte überstanden.
Um sich für Ihre Gefühle zu öffnen, brauchen Sie eine geschützte Umgebung. Eine Therapie könnte ein solcher Ort werden. Vorausgesetzt, Sie fühlen sich mit dem Therapeuten oder der Therapeutin wirklich wohl und können ihm oder ihr langfristig vertrauen.
Wenn Sie einen sentimentalen Film schauen, befinden Sie sich auch in einem geschützten Rahmen. Der Film wirkt wie ein Gefühlskatalysator und darf Sie berühren. Im Therapieprozess werden Sie vielleicht erneut auf die schmerzvollen Empfindungen aus Ihrer Kindheit treffen. Wenn Sie sich erlauben, den Schmerz wirklich in seiner ganzen Tiefe zu spüren und anzunehmen, werden Sie erleben, wie sich auch gleichzeitig Ihr Herz öffnet. Es gibt nicht das eine ohne das andere, beides gehört zusammen.
Der Weg ist also, sich einen geschützten Rahmen zu suchen und dann dem alten Schmerz zu begegnen. Der Schmerz hat eine Schutzfunktion übernommen, die für Sie seit Jahrzehnten sehr hilfreich war. Er sorgte dafür, dass Sie andere Menschen nicht vertrauen mussten. Wenn Sie es doch probierten, wurden Sie enttäuscht, der alte Schmerz fühlte sich bestätigt und nahm wieder seine volle Schutzfunktion ein.
Wenn wir uns als Menschen füreinander öffnen, gehen wir das Risiko ein, verletzt zu werden, ganz einfach weil wir verletzlich sind. Lieben heißt nicht, dieses Risiko zu vermeiden, es heißt aber auch nicht, sich schutzlos auszuliefern. Ich kann mich nur öffnen, wenn ich auch den Schmerz ertragen kann, den andere Menschen mir unwissentlich zufügen, sonst befinde ich mich in direkter Abhängigkeit davon, dass andere Menschen mich nicht verletzen. Diese Abhängigkeit kann nur in die Enttäuschung führen, denn als erwachsene Menschen müssen wir für unseren Schutz selbst sorgen. Nicht in einer Weise, die einem Leben in einem seelischem Elfenbeinturm gleicht - sondern offen, lebendig und fühlend.
Deshalb müssen Sie auch kein schlechtes Gewissen haben, dass Sie den Kontakt zu Ihrer Adoptivmutter abgebrochen haben. Sie dürfen diese Grenze ziehen und sich schützen. Wenn Sie mit sich und Ihren Gefühlen vertrauter werden, kann es sein, dass Sie Ihre Haltung irgendwann wieder ändern möchten, aber Sie werden dann genau spüren, wann der richtige Zeitpunkt für Sie gekommen ist.
Je intensiver Sie sich erlauben zu fühlen, desto mehr werden Sie merken, dass Gefühle kommen und gehen, wenn man sie nicht festhält oder zur eigenen Identität formt. Selbst tiefer Schmerz ist überwindbar, wenn ich bereit bin, ihn zu fühlen und ihn dann gehen zu lassen. Dieser befreiende Vorgang ist manchmal nicht so leicht allein zu bewältigen und deshalb kann eine Therapie sehr unterstützend sein.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen hilfreiche Anregungen geben, damit Sie den nächsten Schritt für sich gehen können.
Ich wünsche Ihnen alles Gute dafür,
mit herzlichem Gruß,
Anke Wagner
-Heilpraktikerin f. Psychotherapie -
ich danke Ihnen für Ihre Zuschrift. Ihre Zeilen haben mich sehr traurig gestimmt. Sie schreiben, Sie hatten noch nie eine Beziehung und haben auch noch nie einen Menschen näher an sich heran gelassen. Wenn Sie es taten, wurde Sie sehr schwer enttäuscht.
Von Ihrem sozialen Umfeld werden Sie als starker Mensch eingeschätzt. Es fällt Ihnen daher schwer, um Hilfe zu bitten. Deshalb war es ein wichtiger Schritt, dass Sie den Mut gefasst haben, hier auf diesem Portal um Rat zu fragen. Es zeigt, dass Sie bereit für Veränderungen in Ihrem Leben sind.
Sie fragen, wie Sie es schaffen können, sich mehr für Ihre Gefühle zu öffnen. Wenn Sie traurige Filme sehen, können Sie sofort weinen. Nur in Ihrem realen Leben haben Sie den Eindruck, dass Sie sehr abgebrüht sind.
Wenn man sich - wie Sie - über so viele Jahre vor Gefühlsempfindungen und Nähe zu anderen Menschen schützt, ist es schwer, einfach zu entscheiden, ich möchte mich jetzt öffnen. Und dennoch ist Ihr Wunsch der erste Antrieb. Sie glaubten, das Trauma Ihrer gefühlskalten Kindheit überwunden zu haben, doch vielleicht ist es eher so, dass Sie einen Weg gefunden haben, damit zu leben. Sie könnten auch so weiterleben, wenn Sie es wollen. Doch entscheidend ist Ihr Wunsch, berührbar zu werden. Etwas sehr Wertvolles ist in Ihnen heil geblieben und hat all die Jahre der Gefühlskälte überstanden.
Um sich für Ihre Gefühle zu öffnen, brauchen Sie eine geschützte Umgebung. Eine Therapie könnte ein solcher Ort werden. Vorausgesetzt, Sie fühlen sich mit dem Therapeuten oder der Therapeutin wirklich wohl und können ihm oder ihr langfristig vertrauen.
Wenn Sie einen sentimentalen Film schauen, befinden Sie sich auch in einem geschützten Rahmen. Der Film wirkt wie ein Gefühlskatalysator und darf Sie berühren. Im Therapieprozess werden Sie vielleicht erneut auf die schmerzvollen Empfindungen aus Ihrer Kindheit treffen. Wenn Sie sich erlauben, den Schmerz wirklich in seiner ganzen Tiefe zu spüren und anzunehmen, werden Sie erleben, wie sich auch gleichzeitig Ihr Herz öffnet. Es gibt nicht das eine ohne das andere, beides gehört zusammen.
Der Weg ist also, sich einen geschützten Rahmen zu suchen und dann dem alten Schmerz zu begegnen. Der Schmerz hat eine Schutzfunktion übernommen, die für Sie seit Jahrzehnten sehr hilfreich war. Er sorgte dafür, dass Sie andere Menschen nicht vertrauen mussten. Wenn Sie es doch probierten, wurden Sie enttäuscht, der alte Schmerz fühlte sich bestätigt und nahm wieder seine volle Schutzfunktion ein.
Wenn wir uns als Menschen füreinander öffnen, gehen wir das Risiko ein, verletzt zu werden, ganz einfach weil wir verletzlich sind. Lieben heißt nicht, dieses Risiko zu vermeiden, es heißt aber auch nicht, sich schutzlos auszuliefern. Ich kann mich nur öffnen, wenn ich auch den Schmerz ertragen kann, den andere Menschen mir unwissentlich zufügen, sonst befinde ich mich in direkter Abhängigkeit davon, dass andere Menschen mich nicht verletzen. Diese Abhängigkeit kann nur in die Enttäuschung führen, denn als erwachsene Menschen müssen wir für unseren Schutz selbst sorgen. Nicht in einer Weise, die einem Leben in einem seelischem Elfenbeinturm gleicht - sondern offen, lebendig und fühlend.
Deshalb müssen Sie auch kein schlechtes Gewissen haben, dass Sie den Kontakt zu Ihrer Adoptivmutter abgebrochen haben. Sie dürfen diese Grenze ziehen und sich schützen. Wenn Sie mit sich und Ihren Gefühlen vertrauter werden, kann es sein, dass Sie Ihre Haltung irgendwann wieder ändern möchten, aber Sie werden dann genau spüren, wann der richtige Zeitpunkt für Sie gekommen ist.
Je intensiver Sie sich erlauben zu fühlen, desto mehr werden Sie merken, dass Gefühle kommen und gehen, wenn man sie nicht festhält oder zur eigenen Identität formt. Selbst tiefer Schmerz ist überwindbar, wenn ich bereit bin, ihn zu fühlen und ihn dann gehen zu lassen. Dieser befreiende Vorgang ist manchmal nicht so leicht allein zu bewältigen und deshalb kann eine Therapie sehr unterstützend sein.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen hilfreiche Anregungen geben, damit Sie den nächsten Schritt für sich gehen können.
Ich wünsche Ihnen alles Gute dafür,
mit herzlichem Gruß,
Anke Wagner
-Heilpraktikerin f. Psychotherapie -
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Vielen lieben Dank! Habs gerade erst gelesen. Die Antwort sprach mir genau aus der Seele. Ganz lieben Dank und Frohes Neues Jahr!





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