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Verliebt in den Psychotherapeuten

Gabi (w, 33) aus Köln: Liebes Team, seit 3 Monaten ist meine 3-jährige Therapie erfolgreich beendet. Ich habe keine Ahnung, ob sowas normal ist, aber ich denke nur an meinen Therapeuten. Ich muss dazu sagen, dass ich mich total in ihn verliebt habe und dass noch immer bin. Er ist fast so alt wie ich und hat mir in der Therapie auch noch in sehr vielen Dingen geholfen: Jobsuche, Bewerbung erstellt, Privates erzählt und mich manchmal beim Abschied lange angeschaut und gegrinst wie ein 'Honigkuchenpferd'. Dann kam der Tag des Abschieds. Er blickte auf den Boden und sagte mir, damit er gerne mit mir gearbeitet hat, stolz auf mich ist, mir alles Gute wünscht und ich mich melden darf, wenn etwas ist. Er fragte mich zwecks bei ihm melden, ob ich noch weiß wann er Urlaub macht. Obwohl ich es weiß und die Therapie zu Ende ist, wollte er mir seinen Urlaubszettel geben. Ich habe nix gesagt und von ihm kam nur: 'Ach kommen sie' und er drückte mir den Zettel in die Hand. Wollte er mir vielleicht damit sagen damit er mich wiedersehen möchte?. Ich gab Ihm ein Geschenk (habe unsere gemeinsame Zeit in Gedichtform auf eine Tasse drucken lassen und hoffe er hat sich gefreut, da ich beim Auspacken nicht mehr da war). Bei der Verabschiedung gaben wir uns die Hand, er blickte mir wieder tief in die Augen und grinste. Ich drückte leicht 2x seine Hand und konnte leider nix sagen und ging (hoffe, das ohne Worte Gehen nimmt er mir nicht übel). Tut Psychotherapeuten ein Abschied auch weh und nicht nur den Patienten, oder ist der Patient gleich vergessen? Vielen Dank.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Gabi,

vielen Dank für Ihr Vertrauen in das psychomeda-Therapeutenteam. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Sie den Mut aufgebracht haben, offen über Ihre Gefühle zu sprechen.
Sie schreiben, dass Sie eine dreijährige Psychotherapie abgeschlossen haben und sich in Ihren Therapeuten verliebt haben. Es ist sicherlich nicht einfach für Sie, mit den Gefühlen umzugehen, die Sie gerade beherrschen.
Eine Psychotherapie ist immer eine besondere Beziehung. Ihr Therapeut hat mit Fachwissen und persönlichen Engagement versucht, Ihre Probleme zu verstehen und Ihnen bei anstehenden Lern-und Entwicklungsschritten geholfen. Sie fühlten sich gut bei Ihm aufgehoben. Sie haben ihn als empathischen und fürsorglichen Menschen erlebt, der geduldig, behutsam und mit viel Verständnis auf Sie eingegangen ist. Er war für die vergangenen drei Jahre ein wichtiger Begleiter in Ihrem Leben. Ich kann daher gut verstehen, dass Ihnen der Abschied nicht leicht gefallen ist und dass er Ihnen fehlt. Auch wenn es für Sie ein Verlust bedeutet, so haben Sie doch so viele Lernfortschritte gemacht und ausreichend Selbsthilfekompetenzen erworben, die es Ihnen ermöglichen, auch außerhalb der Therapeut-Patient-Beziehung zurechtzukommen. Nun heißt es für Sie, Abschied von dieser Phase zu nehmen und Verständnis und Unterstützung bei Menschen außerhalb der Therapie zu finden.
Es ist gut für Sie zu wissen, dass Sie auch in schwierigen Zeiten, die eventuell wieder auftreten könnten, auf den Therapeuten zurückkommen können. Das hat er Ihnen signalisiert, indem er Ihnen angeboten hat, dass Sie sich jederzeit bei ihm melden können. Seine Urlaubsplanung hat er Ihnen kundgetan, damit Sie sich bei Bedarf darauf einstellen können und nicht vergebens versuchen ihn wochenlang zu kontaktieren.
Liebe Gabi, ein Abschied von einem Menschen, der Ihnen viel Unterstützung und Halt über Jahre gegeben hat ist schwer und braucht Zeit, um ihn zu verarbeiten. Bedenken Sie jedoch, dass eine therapeutische Beziehung sich grundsätzlich unterscheidet von anderen helfenden Beziehungen, z.B. eine Freundschaft oder eine Partnerschaft. Jeder Mensch hat das Bedürfnis nach einer Beziehung und nach Verständnis und jeder Mensch hat die Chance auf Befriedigung derselben verdient. An dieser Stelle Erfahrungen zu sammeln, dass muss jeder Mensch leider selbst, das kann niemand einem abnehmen.
Sicherlich hat auch Ihr Therapeut gerne mit Ihnen zusammengearbeitet und persönlichen Nutzen und einen Lerngewinn aus dieser Therapie gezogen. Auch er wird sich immer wieder an Sie erinnern können und sicherlich fiel auch ihm der Abschied von einer langjährigen Patientin nicht leicht. Aber ein Therapeut unterliegt auch ethischen Grundsätzen, wie z.B. eine private/intime Beziehung zu seinen Patienten aufzubauen. Daher wird er es vermeiden, Ihnen Signale zu senden, die Sie als persönliche Zuneigung deuten könnten. Sie befinden sich vermutlich gerade in einem Ablösungsprozeß und deuten einige Situationen und Verhaltensweisen als Signale, die Ihnen ein Gefühl der Vertrautheit, Zuneigung, Geborgenheit und Zugehörigkeit vermitteln, die Sie vermissen. Das ist völlig normal und Sie brauchen sich keine Sorgen darüber machen. Wichtig ist nur, dass es Ihnen bewusst ist und Sie den nächsten Schritt machen in ein glückliches, erfülltes Leben.
Liebe Gabi, ich hoffe Ihnen geholfen zu haben und wünsche Ihnen auf Ihrem weiteren wichtigen Lebensweg viel Kraft, Mut und Erfolg!

Herliche Grüße

Agnes Skupinski-Schwarz
-Heilpraktikerin für Psychotherapie, Paartherapeutin-
Bewertung durch den Fragensteller:
Vielen lieben Dank!





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