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Meine alte Mutter wird immer unzufriedener, obwohl ich mich redlich um sie bemühe!

Mara (w, 39) aus Augsburg:

Sehr geehrte Psychologen,
meine Mutter macht mir permanent Vorwürfe, ich würde mich nicht genug kümmern bzw. sie besuchen.

Sie war früher 2-3 x pro Woche bei ihrer Mutter, meiner Großmutter. Ich rufe fast täglich an und gehe einen Nachmittag pro Woche mit meinem kleinen Sohn zu ihr. Sie hätte hinaus zusätzlich noch gerne einen Besuchstag, da möchte ich aber Zeit mit meinem Mann, der viel arbeitet, und meinem Kind verbringen, Freunde treffen oder einfach mal entspannen.

Sie wirft mir auch oft vor, ihr helfe keiner im Haushalt, bei Erledigungen, was so nicht stimmt, denn frage ich, ob ich was tun kann, sagt sie nein. Dann wirft sie uns vor man solle halt einfach ungefragt mal kommen und helfen!

Meine Schwester darf sich ähnliches anhören. Auch ist es so, dass mein Mann und ich meine Eltern öfter zum Essen, Grillen oder zu Ausflügen einladen, aber meiner Mutter geht es darum bei ihr zu Hause zu sitzen und sich mit ihr zu unterhalten. Freunde, Steckenpferde und dergleichen hat sie keine, dazu ist sie zu bequem, zu mir kommt sie alleine selten, obwohl dies für mir manchmal praktischer wäre, als mit dem Baby zu ihr zu kommen. Ich weiß langsam nicht mehr weiter, ich entwickle ungewollt einen richtigen Groll gegen meine alte Mutter.

Vielen herzlichen Dank für Ihre fachkundige Einschätzung und praktische Hinweise, wie diese Herausforderung besser bewältigen könnte! Mara


Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:


Vielen Dank, liebe Frau Mara,
daß Sie uns hier so vertrauensvoll Ihr Herz ausschütten! Gerne will ich versuchen Ihnen einen Weg aus dem so angespannten Verhältnis zu Ihrer alten Mutter zu zeigen.

Ich kann Ihnen diese höchst unangenehme Zwickmühle gut nachfühlen, in der Sie sich wohl schon seit längerer Zeit befinden, denn je älter die allein lebenden Eltern werden, desto mehr verlieren sie oft den Überblick über das, was an Betreuung und Zuwendung angemessen und leistbar wäre.

Zu den körperlichen Einschränkungen kommen eben auch die geistigen und seelischen, wobei sich dann oft manche - vormals noch gut verkraftbare Charakterschwächen - zu schier unerträglichen Forderungen für die Angehörigen auswachsen können.

Dabei besteht die große Gefahr, daß die Hauptbezugsperson - die Sie ja wohl hier sind - oft sehr massiv bedrängt und überfordert wird, weil es auch für die anderen Verwandten, Freunde, Nachbarn und Bekannten höchst beruhigend und bequem ist zu wissen, daß da eine gute, verläßliche Person jederzeit verfügbar ist!

Auf diese Weise kommt man bei längerer, sich über die Jahre steigenden Beanspruchung schnell in ein energetisches Defizit, wobei man sich dann von gleich mehreren Seiten gefordert, verpflichtet und sogar nicht selten auch genötigt fühlt!

Hier einen für alle Beteiligten verträglichen Ausgleich zu finden ist meist ein höchst heikles Unterfangen, bei dem vor allem Selbstbewußtsein, Einfühlungsvermögen und nicht zuletzt auch ein gerüttelt Maß an gesunder, lebensdienlicher Härter gefordert ist!

Um jetzt zu Ihrer speziellen Fragestellung zurück zu kommen, liebe Mara, so möchte ich Sie erst einmal zu Ihrer so lebensklugen Einstellung beglückwünschen, Ihren Mutter ganz klar, die Ihnen wichtigen Grenzen aufzuzeigen, die Sie benötigen, um Mann, Kind und vor allem auch Ihre eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen, oder über Gebühr zu beanspruchen!

Diese Grenzen und deren absolute Berechtigung sollten Sie Ihrer Mutter immer wieder liebevoll, aber unmißverständlich vor Augen führen und um deren Verständnis bitten.

Darüber hinaus wäre es aber auch gleichzeitig dringend nötig, das gesamte Betreuungs- und Lebenskonzept Ihrer Eltern zu überdenken und dabei alle, bisher noch nicht in ausreichender Weise mit eingebundenen Hilfskräfte und Betreuungsmöglichkeiten einzubeziehen.

Ich denke da insbesondere an die Altennachmittage und Betreuungsangebote der örtlichen Pfarreien, der Arbeiterwohlfahrt und anderer sozial tätiger Organisationen, wie z.B. der Nachbarschaftshilfe und der Seniorenclubs der ländlichen Gemeinden bzw. der verschiedenen Stadtteileinrichtungen.

Des weiteren sollten Sie sich eine genau Liste aller freundlich gesinnten und hilfsbereiten Nachbar und aller infrage kommenden Verwandten machen, sowie der Vorstände von Vereinen, wo Ihre Eltern vielleicht früher einmal aktiv gewesen waren.

Bei genauerer Nachforschung kann man auch früher aktive Freundschaften und verwandtschaftlichen Beziehungen wieder neu aktivieren, wenn man man mit klar umrissenen Wünschen und Vorschlägen auf diese zugeht, wie z.B. monatlich einen Besuch zu machen, oder eine Einladung auszusprechen usw.

Natürlich kenne ich auch die damit zusammenhängenden Hemmnisse, durch die sich immer mehr verfestigenden Gewohnheiten alter Leute, wie auch die Trägheit der jetzt geforderten und in der Pflicht stehenden Verwandten und Freunde der Familie.

Dabei hat es sich als sehr hilfreich erwiesen, einen kleinen Kreis von Hauptverantwortlichen von 3 – 5 Personen zu bilden, auf welche die Hauptlast der Organisation und persönlichen Einbindung in die Betreuung Ihrer Eltern liegt, so daß Sie sich mit gutem Gewissen auch mal für einige Wochen ausklinken könnten, um sich z.B. einen längeren Urlaub, oder Kuraufenthalt zu gönnen.

Bei genauerer Nachforschung werden Sie auch schnell herausfinden, wieviele niederschwellige und interessante Angebote es in allen Teilen unseres so schönen und weltweit bewunderten, weil bestens organisierten Landes gibt!

Die meisten Gemeinden, Städte, oder Stadteilbüros haben extra eigene Broschüren über Angebote für Senioren aufliegen, wo man unter vielen Aktivitäten von Skat- und Schafskopfrunden bis hin zu Seniorengymnastik, Wanderungen und Tagesausflügen fast alles finden kann, was ein einigermaßen gutwilliges und lebensfrohes Seniorenherz sich wünschen kann!

Ich will Ihnen, liebe Mara aber auch nicht verhehlen, daß zu allen diesen schönen Angeboten auch immer der bewußte politische Wille der zu betreuenden Personen gehört, sich auf Umstellungen, Ungewohntes und Neues einzulassen.

Hier bedarf es nicht selten auch einer gewissen lebensdienlichen Härte, indem man sich auch einmal für eine gewisse Zeit zurückzieht und wenig oder gar nichts tut, so daß die betreffenden Personen deutlich spüren, wo Ihre Forderungen unangemessen sind, oder wo Sie sich auch mal zu gewissen eigenen Aktivitäten bequemen müßten. Hier sollte man auch mutig auf die altbekannte Lebensweisheit hinweisen, die besagt:

„Wer zuviel will bekommt gar nichts!' Denn wer angemessene Forderungen nicht akzeptiert, der bleibt schnell im nassen Regen stehen und ist dann oft sehr dankbar, auf gewisse Angebote zurück kommen zu dürfen!

Das alles ist natürlich immer eine menschliche Herausforderung, die neben viel Fingerspitzengefühl nicht selten auch der professionelle Beratung und Unterstützung bedarf, die Sie bei den Seniorenbeauftragten der staatlichen Einrichtungen, aber mehr noch bei den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, wie AWO, Diakonie, Caritas usw. jederzeit kostenlos erhalten können.

Liebe Frau Mara, ich hoffe, daß ich Ihnen mit meinen umfassenden Ausführungen wieder neuen Mut machen und wichtige Anregungen geben konnte!

Vor allem aber wünsche ich Ihnen nun von ganzem Herzen viel Kraft und Zuversicht auf dem Wege zur richtigen, angemessenen Umgang mit allen Beteiligten an dieser Aufgabe, damit Sie ohne schlechtem Gewissen ein gesundes Gleichgewicht zwischen den familiären Verpflichtungen und Ihren eigenen Bedürfnissen finden, um so zusammen mit allen Ihren Angehörigen bald wieder echte, unbeschwerter Lebensfreud in froher Gemeinschaft genießen zu können!

Mit der Bitte um eine baldige Bewertung dieser kostenlosen Antwort
Grüße ich Sie für heute recht herzlich als Ihr

Psychomeda-Berater Rainer J. G. Schmidt
Dipl. Sozialpädagoge mit Psychotherapie
Rainerjg@T-Online.de – www.Rainer-JGS.de

P.S.: Wenn Sie noch Fragen haben oder eine Beratung wünschen, so können Sie sich gerne schriftlich oder telefonisch unter 09961/7255 direkt an mich wenden. Vergessen Sie aber bitte nicht, diese Antwort zu bewerten und kurz zu kommentieren, denn wüßte doch gerne, ob ich Ihnen mit meiner Antwort ein Stück weiter helfen konnte? Herzlichen Dank und alles Gute!
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