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Mein Freund hatte einen Nervenzusammenbruch, wie kann ich helfen?

wiese12 (w, 22) aus brandenburg: Liebes Psychomedateam, vor ca.4 Monaten bekam mein Freund ein Nervenzusammenbruch, anschließend kam er in eine Klinik und es wurde festgestellt, dass er an Depressionen leidet. Dort blieb er dann 2 Wochen und nahm Antidepressiva ein. Der Arzt hat ihm eine weitere 6-monatige Therapie verschrieben,jedoch wird er nicht psych. behandelt, was mich sehr stört. Mit ihm ist in letzter Zeit kaum zu sprechen(leicht reizbar,versteht vieles falsch) macht mich für Vieles verantwortlich und sagt Dinge,die mich verletzen. Unsere Beziehung leidet an dem Ganzen.Nun weiß ich nicht mehr weiter.Werden Depressive wieder 'normal'?Soll ich mir das weiter antun?denn ich hab das Gefühl,dass es nicht besser wird.und wenn ja, wie soll ich mit ihm umgehen? Vielen dank

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe wiese12,

ich merke beim Lesen Ihrer Worte, wie sehr Sie die Situation belastet - ich möchte versuchen, Ihnen zumindest ein paar allgemeine Erklärungen zu geben.

Sie schreiben, Ihr Freund hatte einen Nervenzusammenbruch. Der Grund dafür kann alles Mögliche sein, und es wäre wichtig, herauszufinden, was dieser Grund ist. Insofern haben Sie vollkommen recht, wenn Sie sich eine psychische Behandlung wünschen, denn eine solche Behandlung würde die Vorgeschichte des Nervenzusammenbruchs zu klären haben.

Antidepressiva werden bei Depressionen, aber beispielsweise auch bei starken Ängsten verschrieben. Ich kann jetzt, aus der Ferne, nicht beurteilen, ob die Depression eher eine Begleiterscheinung ist oder eher im Vordergrund steht, auch hier wäre die Vorgeschichte wichtig. Immerhin können Antidepressiva durchaus sehr hilfreich sein, um die akuten Spitzen der Situation aufzufangen. Man gibt sie normalerweise einige Monate und nutzt diese Zeit dann, um psychotherapeutische Massnahmen einzuleiten.

Ich komme immer wieder auf diesen Punkt zurück, denn eine ausschliessliche Behandlung mit Antidepressiva scheint mir doch ungewöhnlich. Vielleicht können Sie dazu einfach eine weitere Meinung von einem Arzt einholen, der Ihren Freund und die ganze Geschichte näher kennt? Sie könnten zum Beispiel seinen Hausarzt bitten, eine Empfehlung auszusprechen, auch wenn der die Details der Krankengeschichte nicht besprechen darf, so wird er doch Kollegen kennen, die Ihr Freund dann aufsuchen kann.

Sie schreiben, mit Ihrem Freund sei in der letzten Zeit kaum zu sprechen und dass es auch nicht besser zu werden scheine. Hier muss ich, so aus der Entfernung, wieder ein bisschen 'raten', aber ganz allgemein gesprochen kann das einfach daran liegen, das der Zustand Ihres Freundes gerade akut ist: was lange geschlummert hat, kommt gerade ans Licht, und wirkt dadurch schlimmer, ist aber jetzt auch behandelbar. Das Sie das jetzt abbekommen, ist natürlich sehr belastend für Sie und irgendwo auch sehr ungerecht - aber im Grunde verständlich: wenn Sie der Mensch im Leben Ihres Freundes sind, dem er am meisten vertraut, dann wird er Ihnen auch mehr von seinem inneren 'Chaos', seiner Wut oder auch Verwirrung zeigen.

Sie sind also garnicht gemeint und können daran auch wenig ändern - belastend für Sie und Ihre Beziehung ist es trotzdem.

Was ist die Perspektive? Auch hier ist es schwer, etwas Sinnvolles zu sagen, ohne die Vorgeschichte zu kennen. Aber im Allgemeinen kann man sowohl Nervenzusammenbrüche als auch Depressionen recht gut behandeln. Es gibt zwar keine Garantien, aber durchaus eine Chance. Allerdings: schnell geht das nicht. Es kann durchaus sein, das wir hier über viele Monate sprechen.

Was können Sie tun? Am besten, einfach da sein. Die Nähe und Zuwendung eines Vertrauten Menschen ist ganz unersetzlich. Bleibt die Frage, ob Sie sich das antun wollen - Sie haben da, soviel ist klar, einen sehr kranken Freund. Diese Frage müssen Sie für sich selbst beantworten. Sie werden Rückhalt brauchen, Menschen zum selber einmal Anlehnen, zum Ausheulen. Sie werden sich auch abgrenzen müssen, denn Sie haben sicherlich auch eigene Herausforderungen in Ihrem Leben zu bestehen - und Sie können nur dann gut für Ihren Freund da sein, wenn Sie vorher gut für sich selber gesorgt haben.

Es hat mich, beim Lesen Ihrer Worte, doch berührt, was Sie jetzt durchmachen müssen. Sie sind jung, in Ihrem Alter denkt man eher an Pläne, an eine gemeinsame Zukunft, was Sie jetzt erleben ist hart und man würde das auch niemandem wünschen.

Aber es ist jetzt wie es ist - der beste Rat, den ich Ihnen geben kann, ist im Grunde, dass Sie sich erst einmal um sich selber kümmern. Vielleicht haben Sie eine Lieblingsoma, ein gutes Verhältnis zu Ihrer Mutti oder kennen einen Menschen mit viel Lebenserfahrung, mit dem Sie alles einmal in Ruhe besprechen? Wenn Sie dann Kraft geschöpft haben, können Sie auch besser für Ihren Freund da sein.

Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen Alles Gute!

Sven Hülsebus
Heilpraktiker (Psychotherapie)
Bewertung durch den Fragensteller:





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