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Ich möchte der wichtigste Mensch für meinen Freund sein

Nina (w, 32) aus Hamburg:
Guten Tag,

kurzer Hintergrund: Meine Katze ist nach 10 Jahren gestorben, ich hatte eine Beziehung zu einem Alkoholkranken und war Co-Abhängig, emotional(5 Jahre). Bin seit 4 Jahren in einer neuen gesunden Beziehung. Probleme sind hier: ich werfe meinem Freund mangelndes Interesse vor,wenig Sensibilität und Sachlichkeit.Fühle mich unverstanden, auch in Bezug auf den Tod meiner Katze. Wir einigten uns auf eine Trennung, ich konnte das dann doch nicht durchziehen und wollte mich vertragen, was wir auch taten. Fühle mich jetzt schlecht, habe das Gefühl gebettelt zu haben. Kann aber auch nicht alleine sein, habe Angst davor.

In meiner Ex-Beziehung, fühlte ich wohler, als jetzt. ich und mein Ex hatten fast alles gemeinsam gemacht, was auch nicht gesund ist. Ich fühle mich schlecht, wenn ich weiß, dass mein neuer Freund sich mit Freunden trifft und weg geht. Ich habe das nicht, ich möchte dass ich am Wichtigsten bin. Ich weiß aber auch, dass es normal ist, wenn er auch mal was alleine macht. Es fällt mir nur so schwer, das zu akzeptieren. Habe ein schlechtes Verhältnis zu meinen Eltern und kaum andere Bezugspersonen.

Versuche schon über Sport und Sprachkurse da 'rauszukommen' läuft aber schwierig. Nach außen hin bin ich die taffe Frau. Ich versuche gegen die negativen Gedanken an zu gehen, seit ca. 3 Jahren, ab 30 ging es mir richtig schlecht. Fühle mich oft sehr einsam und habe das Gefühl, dass er sich nicht richtig für mich interessiert.

Was ist los mit mir? Ich bin in einer Zwickmühle.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Nina,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Sie fragen sich, was mit Ihnen los ist, und beschreiben doch gleichzeitig sehr selbst reflektiert, wie Sie sich fühlen und wie es Ihnen geht. Sie befinden sich tatsächlich in einer Zwickmühle und ich kann verstehen, dass der Tod Ihrer Katze Ihre gefühlsmäßige Situation gerade noch verstärkt.

In der ersten Beziehung haben Sie sich zwar als co-abhängig erlebt, doch sie teilten ganz viel mit Ihrem Ex-Partner und haben fast alles gemeinsam gemacht. Sie wissen, dass das nicht „gesund“ war und doch haben Sie sich rückblickend damit wohler gefühlt.

In Ihrer jetzigen Beziehung führt Ihr Freund auch ein eigenständiges, soziales Leben neben ihrer Partnerschaft. So sehr Sie sich vornehmen, das zu akzeptieren, so schwer fällt es Ihnen. Denn Sie wünschen sich, dass Sie der wichtigste Mensch in seinem Leben sind.

Gleichzeitig spüren Sie auch, dass Ihre emotionale Zwickmühle damit zusammenhängt, dass Sie sich einsam fühlen und Angst davor haben, allein zu sein. Was immer lebensgeschichtlich dazu führte, dass Sie sich vor dem Alleinsein fürchten, es wird Ihnen in Partnerschaften immer wieder auf die eine oder andere Art und Weise vorgeführt. Die Co-Abhängigkeit zu Ihrem ersten Partner hat dies verdeckt, denn durch die ständige symbiotische Nähe tauchte dieses Gefühl erst gar nicht auf.

Eine Partnerschaft kann die Angst vor dem Alleinsein lindern, aber nicht auflösen. Sie kann im besten Falle die Illusion erschaffen, dass jemand immer für einen da ist und man der wichtigste Mensch auf der Welt ist und dies auch ständig bestätigt bekommt.

So schwer es anzunehmen ist: Der Partner ist nicht dafür zuständig, emotionale Defizite auszugleichen, die man in der Kindheit erlitten hat.
Als erwachsener Mensch ist man aufgefordert, sich selbst darum zu kümmern und Verantwortung dafür zu übernehmen. Das ist nicht leicht, denn es ist sehr verführerisch weiterhin zu glauben, dass der Partner nur „anders“ sein müsste - aufmerksamer,zugewandter, weniger sachlich, wie auch immer – dann würde man sich zufrieden und wirklich geliebt fühlen.

Übernehmen Sie die Verantwortung, in dem Sie die Erfüllung Ihrer Bedürfnisse nicht mehr auf Ihren Partner projizieren, sondern selbst dafür sorgen. Therapeutische Unterstützung könnte dabei sehr hilfreich für Sie sein, um auch Ihre lebensgeschichtlichen Hintergründe zu erkennen und sich langfristig davon zu lösen.

Was dann geschieht, ist, dass Sie emotional unabhängiger werden und sich nicht mehr als Bettlerin fühlen werden. Die Zuneigung, die Ihnen entgegen gebracht wird, erleben Sie dann als Bereicherung und Ergänzung. Sie muss nicht mehr länger dazu dienen, Ihren emotionalen Mangel auszugleichen oder zu beheben.

Wenn Sie anfangen, sich emotional unabhängiger zu fühlen, werden Sie Beziehungen grundsätzlich ganz anders erfahren und mitgestalten. Sie werden die Unabhängigkeit Ihres Partners nicht mehr als Bedrohung erleben, sondern als etwas Selbstverständliches empfinden, das Ihnen selbst auch sehr wichtig ist. Es wird Ihnen dann leichter fallen, auf andere Menschen zuzugehen, sich zu öffnen und freundschaftliche Kontakte zu knüpfen.

Ich wünsche Ihnen dafür alles Gute,

herzlicher Gruß,

Anke Wagner
- Heilpraktikerin f. Psychotherapie -
Bewertung durch den Fragensteller:
Vielen Dank, für die Ferndiagnose, die Einschätzung hat mir sehr geholfen und ich sehe jetzt für mich eine Perspektive.

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