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Ich habe Angst, dass mein Bruder sich umbringt

Saw (w, 32) aus Bremen: Hallo! Es geht um mein Bruder.Der ist Packetfahrer und ist 1,78groß und wiegt knapp 56kilo. Er ist unzufrieden mit sein Leben. Kein Geld, keine Frau einfach nichts. Er schickte mir gestern eine SMS wo drin stand ich hoffe bald kommt der Deckel und was morgen und die nächsten Tage ist, ist mir igal. Ich werde nichts mehr richtig essen und nur noch arbeiten.Er hat noch nie richtig gegessen.Ich mache mir Sorgen. Auch um die Mitmenschen. Er fährt ja ein großes Auto, was ist wenn er aus blindheit jemanden anfährt,vielleicht sogar tötet.Ich habe Ihn meine Hilfe angeboten ihn sofort in eine Klinik zu fahren und zu begleiten.Er will nicht. Ich habe angst um mein Bruder. Wie bekomme ich ihn in eine Behandlung? Muß ich ihn mit der Polizei einweisen?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Guten Tag liebe Saw,

die Sorge um Ihren Bruder kann man deutlich spüren und ich finde es gut, dass Sie sich mit dieser Sorge an uns wenden.
Ihr Bruder ist in einer für ihn sehr verzweifelten Lage – aber: er spricht darüber. Er teilt Ihnen mit, dass er derzeit keinen Ausweg mehr sieht und am liebsten einen Deckel über sich hätte. Wichtig an diesem Punkt ist auf jeden Fall, dass er sich mitteilt. Sie können davon ausgehen, dass er tatsächlich Hilfe benötigt und Sie darum bittet, ihn da zu unterstützen. Er legt eindeutig appelative Verhaltensweisen an den Tag (Hilferufe) und äußert so etwas wie ein Fluchtmotiv: wenn er nichts mehr isst und nur noch arbeitet, ist er irgendwann „einfach nicht mehr da“
Es ist von hier aus schwierig zu beurteilen, aber grundsätzlich geht man davon aus, dass in diesem – ich nenne es ungerne Stadium – noch nicht die größte Gefahr besteht.
Einen Menschen direkt auf seine Absichten anzusprechen ist die beste Möglichkeit, die man zuerst einmal hat. Fragen Sie ihn ganz offen, ob er vorhat sich umzubringen und falls er dies bestätigt, dann fragen Sie ihn, ob er sich schon ganz konkrete Gedanken dazu gemacht hat. Es mag makaber klingen, aber fragen Sie ihn dann auch, ob er sich schon den Tag und den Ort ausgesucht hat. So schwer es vielleicht fallen mag, versuchen Sie Ihrem Bruder ruhig zuzuhören und ihn nicht für sein „Vorhaben“ zu verurteilen.
Um noch einmmal auf die Entwicklung eines solchen Prozesses zu kommen, folgt nach dem Gedanken an den Suizid eine Zeit, in der der Mensch hin und her gerissen (ambivalent) ist und sich nicht entscheiden kann, ob er seinen ersten Gedanken nun umsetzen soll oder nicht.
Die Zeit, die in diesem Fall am kritischsten ist, ist die Phase, die dann folgt. Man kann hier von der „Ruhe vor dem Sturm“ sprechen. Der zuvor verzweifelte Mensch ist so in seinem Entschluss gefestigt, dass er nach außen sehr gelöst wirkt. Das Umfeld hat dann oft den Eindruck, es sei alles ausgestanden. Leider ist das mitunter ein Trugschluss.
Ich möchte Ihnen anraten, nach dem persönlichen Gespräch die Mithilfe Dritter einzufordern (Seelsorger, Sozialarbeiter, etc.). Sollte Ihr Bruder sich in ärztlicher Behandlung befinden, können Sie auch seinen Arzt anrufen. Dieser wird Ihnen sicherlich keine Auskünfte erteilen, aber in erster Linie geht es darum, dass Sie dann den Arzt informieren.
Eine vorübergehende Unterbringung in einer Klinik kann unter Umständen auch gegen den Willen des Betroffenen erfolgen. Die Regularien sind hier je nach Bundesland unterschiedlich.

So wie es sich aus Ihren Schilderungen liest, haben Sie sehr viel Gespür bewiesen und den richtigen Weg gewählt, sofort einen Rat einzuholen. Zögern Sie nicht, dies auch weiterhin zu tun.

Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft und alles Gute

Tatjana Hartmann-Odemer
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Bewertung durch den Fragensteller:





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