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Ich habe alles aufgegeben und bin zu meinem Freund gezogen

Susanne (w, 35) aus Schweiz:
Bin seit etlichen Jahren in der Schweiz und habe mich in einer beeindruckenden Berggegend 'eingerichtet'. das menschliche,was ich aus Ostdeutschland kenne,finde ich hier nur bei ebenfalls zugezogenen Deutschen. Ich fühle mich eher einsam und habe eben die Kompensation der Landschaft als 'Lösung' für mich gefunden.

Nun habe ich einen Schweizer Freund,der in einer (in meinen Augen völlig unattraktiven) Gegend lebt und dort zwecks Selbständigkeit und familiärer Wurzeln nicht wegziehen kann/will. Ich habe einen Anlauf genommen, zu ihm zu ziehen,aber ich werde mit der Gegend dort nicht warm und die Aufgaben,die mir bevorstehen (Job, Freunde, Freizeitbeschäftigungen suchen) überfordern mich vermutlich. Ich gebe auf, was ich mir mühsam in den letzten Jahren aufgebaut habe und stehe vor einem Berg Arbeit, von dessen Ergebnis ich nicht einmal sicher bin, dass es funktioniert.

Seit sicher bald 1 Jahr bin ich nonstop am Grübeln und Hinundher-Entscheiden,kann Bauch- und Kopfstimme nicht mehr auseinanderhalten und habe immer die Befürchtung,dass egal welche Entscheidung ich fälle, es die falsche ist. Meine Stimmung, die sich immer mehr verschlechtert,legt sich auch auf unsere Beziehung.Habe ausserdem Angst, dass sich die Ungleichheit der Lebenssituationen von meinem Freund und mir auch negativ auswirken wird. Können sich aufgrund schwieriger Lebensumstände/Entscheidungs-zwänge auch Depressionen einstellen, die dann wiederum das aktive Angehen der Probleme blockieren? Susanne

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Susanne,

vielen Dank für Ihre vertrauensvolle Anfrage. Sie leben seit einigen Jahren in der Schweiz, einem Land, in dem Sie sich einsam fühlen. Dennoch haben Sie dort etwas für sich aufgebaut und sich „eingerichtet“. Die Landschaft entschädigt Sie für die fehlende soziale Nähe, die Sie hauptsächlich mit anderen Deutschen teilen.

Nun haben Sie einen Schweizer kennen gelernt, der jedoch nicht bereit ist, den Wohnort zu wechseln. Das, was Sie sich bereits mühsam aufgebaut hatten, lassen Sie nun wieder hinter sich und ziehen erneut an einen Ort, an dem Sie sich nicht wohl fühlen. Es ist also nicht verwunderlich, dass Sie das Gefühl haben, dass ein riesiger Berg an Arbeit vor Ihnen steht. Ihre Überforderung und die zunehmende Befürchtung, depressiv zu werden, weil Sie sich nicht entscheiden können, resultieren aus der Tatsache, dass Sie im Grunde Ihres Herzens dort nicht leben möchten. Außerdem sind Sie unsicher, ob die Ungleichheit der Lebenssituationen sich langfristig auch nachteilig für Ihre Partnerschaft auswirken könnte.

Es gibt keine Garantie dafür, dass eine Partnerschaft unter bestimmten Bedingungen gelingt. Im Moment sind die Voraussetzungen nicht so günstig, weil Sie etwas geopfert haben und merken, dass es nicht funktioniert. Aus Ihren Schilderungen entnehme ich, dass es scheinbar nur diese einzige Lösung gibt, nämlich, dass Sie zu ihm ziehen. Auf diese Weise liegt die gesamte Verantwortung und Entscheidungslast bei Ihnen, was Sie doppelt belastet, denn Sie haben das Gefühl, egal wie Sie sich entscheiden, dass es falsch sein könnte.

Bevor sich Ihre Stimmung also weiter verschlechtert, ist es wichtig, dass Sie wieder als Paar ins Gespräch kommen. Teilen Sie Ihrem Freund mit, wie es Ihnen geht. Fangen Sie an darüber zu sprechen, was sein könnte, wenn Sie dort nicht leben können und wollen. Vielleicht würde es schon einen Unterschied machen, wenn Sie sich beide vorstellen könnten, in ein anderes Dorf oder eine andere Stadt zu ziehen. Das könnte eine Stadt sein, die sehr nah an seinem jetzigen Wohnort liegt – nah genug, um die Selbständigkeit und die Anbindung zur Familie aufrecht erhalten zu können. Der Unterschied wäre dennoch, dass Sie beide gemeinsam etwas Neues aufbauen können. Und um Gemeinsamkeit geht es vielleicht insbesondere: Wie und wo können Sie beide gemeinsam etwas Neues aufbauen ohne dass ein Partner gleich alles aufgeben muss?

Wenn Sie also die Frage neu stellen und Ihren Partner mit einbeziehen, werden Sie Ihren Grübel-Kreislauf durchbrechen. Wie auch immer die Lösung aussehen mag, die Sie letztlich für sich finden, sie sollte von beiden Partnern mitgetragen werden. Entweder Ihre Partnerschaft wächst an den Schwierigkeiten dieser Fragestellung langfristig oder Sie merken, dass eine Fortführung der Beziehung scheinbar nur möglich ist, wenn Sie alles dafür aufgeben.

Ich wünsche Ihnen alles Gute und dass Sie einen Ort finden, an dem Sie glücklich leben können.

Herzlicher Gruß

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie
Bewertung durch den Fragensteller:
Vielleicht hat es schon geholfen, dass mal jemand neutrales eine meinung dazu äusserte.





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