Hochsensibel - soll ich mir einen Psychologen suchen?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Anna,

ich kann Ihre Frage gut verstehen: Sie haben festgestellt, dass Sie in manchen Bereichen Dinge stärker wahrnehmen und emotionaler reagieren als andere Menschen, und fragen sich nun, ob Sie dafür psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen sollten.

Eine grundsätzliche Antwort auf diese Frage kann es da nicht geben, aber vielleicht ein paar Anhaltspunkte, die Ihnen vielleicht helfen können, eine Antwort zu finden.

Hochsensibilität an sich ist keine psychische Störung, sondern eine Veranlagung, die dazu führt, dass man (manche) Eindrücke stärker wahrnimmt und stärker darauf reagiert als Menschen, die nicht hochsensibel sind. Das heißt aber nicht, dass Hochsensibilität verkehrt oder krankhaft ist und Nicht-Hochsensibilität die gesunde Variante. Sondern es heißt im Prinzip erstmal nur, dass Menschen unterschiedlich sensibel sind, so wie Menschen unterschiedlich groß sind, etc. Es ist einfach eine Variante des Menschseins.

Doch Hochsensibilität kann durchaus auch zu Schwierigkeiten führen, die die Unterstützung durch einen Psychologen sinnvoll machen können. Z.B. wenn es einem selbst schwerfällt zu akzeptieren dass man hochsensibel ist und eigentlich gerne anders wäre oder wenn man Schwierigkeiten hat, mit seinen starken Wahrnehmungen, Emotionen und Reaktionen umzugehen. Aber auch das Umfeld kann Schwierigkeiten begünstigen, z.B. wenn man in einem Beruf arbeitet, der sehr viele, starke Reize mit sich bringt, oder man in einer Umgebung lebt, die eher ungeeignet ist für hochsensible Menschen ist. Oder wenn man oft mit Menschen zu tun hat, die einem das Gefühl vermitteln, dass man so, wie man ist, nicht in Ordnung ist. Und man vielleicht keinen Ausweg aus diesen Umständen sieht. Also kurz gesagt, wenn man den Eindruck hat, dass man Schwierigkeiten hat, mit denen man alleine nicht fertig wird.

Und das ist auch in Ordnung. Man muss nicht mit allem alleine zurechtkommen, und eine professionelle Unterstützung kann einen dazu befähigen, Wege zu finden, auf die man alleine nicht gekommen wäre. So dass man dann am Ende besser zurechtkommt. Wir leben auch in einer Gesellschaft, die Hochsensibilität und die Vorteile, die sie ja auch mit sich bringt, immer noch eher weniger wertschätzt, so dass es für hochsensible Menschen unterstützend sein kann, sich zumindest zeitweise jemanden an die Seite zu holen, der einem vermittelt, dass man in Ordnung ist, so wie man ist, und wie man in dieser Welt als Hochsensibler gut zurechtkommen kann. Weiterhin können übrigens auch einschlägige Literatur oder (Online-)Gruppen von Hochsensiblen Unterstützung bieten.

Wenn Sie schreiben, dass Sie nervlich schnell am Ende sind, bei Lautstärke und Geräuschen, könnte man z.B. schauen, in welcher Umgebung Sie sich bewegen, und ob Sie es schaffen können, mehr äußere Ruhe zu finden, z.B. durch Ohrstöpsel oder Kopfhörer, in weniger belebten Gegenden unterwegs zu sein oder zu anderen Zeiten. Wenn Sie oft und schnell weinen, könnte man schauen, wieviel Stress Sie in Ihrem Leben haben, und wie man diesen dann eventuell innerlich und äußerlich reduzieren könnte. Aber auch, wie Sie sich selbst gut bei Ihren Emotionen unterstützen können.

Also: Sie müssen sich keinen Psychologen suchen, nur weil der Test ergeben hat, dass Sie wahrscheinlich hochsensibel sind. Sie dürfen sich aber einen Psychologen suchen, wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihnen das gut tun könnte.

Ich hoffe, das bringt Sie Ihrer Antwort ein Stück näher. Wenn Sie noch Fragen haben, können Sie mich unter meiner Email-Adresse info@loesbar-online.de kontaktieren.

Alles Gute für Sie!
Astrid Hiersekorn

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