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Impulsivität, Übergewicht und Depression

Lost (w, 20) aus Würzburg: Zur Zeit habe ich ständig Schmerzen in der Brust. Ich klammere an den Menschen, die ich liebe. Oftmals fange ich Streit an und werde dabei sehr wütend. Meistens jedoch wegen Kleinigkeiten. Ich merke dann, dass ich mich kindisch verhalte und fange dann meistens an zu weinen. Ich fühle mich ständig provoziert und verletzt. Ich habe große Verlustängste, bin sehr eifersüchtig und kann nicht alleine sein. Meinen Alltag bewältige ich nur unter größten Anstrengungen. Ich habe starkes Übergewicht und kann mich selbst nicht akzeptieren und lieben.

Leide ich unter einer Borderline-Störung? Wenn ja, was soll ich tun? Ich war von Dez. 2010 bis Juni '11 in psychiatrischer Behandlung aufgrund Depressionen, habe die Therapie aber abgebrochen.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Lost,

Sie haben Ihre Situation sehr präzise beschrieben, vermutlich haben Sie sich während Ihrer Therapie doch sehr intensiv mit sich selbst und Ihren Gefühlen beschäftigt.

Ganz offensichtlich leiden Sie unter Herausforderungen, anderen Personen 'angemessen' zu begegnen, ohne, daß Sie augenblicklich daran etwas ändern könnten. Auch das Übergewicht, daß Sie ansprechen, ist dabei häufig zu beobachten. Analytisch betrachtet wird der Körper dabei häufig dafür 'eingesetzt', sich mit dem Übergewicht andere Personen 'vom Leib zu halten'. Daß Sie sich angesichts dieser Phänomene unglücklich und niedergeschlagen fühlen, kann ich gut nachvollziehen.

Welche Diagnose Sie haben, ist übrigens völlig zweitrangig. Es geht um Ihr Befinden, darum, wie Sie sich selbst empfinden und welche Beschreibungen SIE dafür finden. Ob Sie nun Borderline oder Depressionen haben - die Diagnose ändert ja nichts an Ihrem inneren Erleben, und ob dazwischen überhaupt eine sinnvolle Trennung zu ziehen ist, ist ebenfalls fraglich.

Auffallend und wichtig ist der Umstand, daß Sie sich bereits in psychiatrische Behandlung begeben hatten, diese aber abgebrochen haben. Das heißt daß Sie durchaus in der Lage sind, Hilfe zu suchen, in dem Moment, wo die Hilfe vielleicht tiefere Schichten erreicht, brechen Sie ab. Das würde mit Ihrem anfangs geschilderten Verhalten zusammenpassen, daß Sie Menschen durchaus nahe an sich heranlassen, sie dann aber wieder wegstoßen. Hier sehen wir, daß die Diagnose selbst keinen Wert hat, sondern das Kernthema 'Beziehung/Bindung/Nähe' einfach im Zentrum steht.

Wichtig wäre für Sie nun, einen Therapeuten zu finden, der Ihren Wunsch nach Nähe und auch Ihre Tendenz, wütend zu werden oder 'abzubrechen' aushält und 'bei Ihnen bleibt'. Vielleicht finden sich solche Therapeuten eher in den humanistischen Verfahren, also person-zentrierte oder Gesprächspsychotherapie, Gestalttherapie oder Psychodrama. Ich empfehle Ihnen, sich in jedem Fall mit Ihrem zuletzt behandelnden Psychiater oder Therapeuten in Verbindung zu setzen und von Ihren augenblicklichen Beschwerden zu berichten. Ein Therapieabbruch hat Gründe, und die können Sie ihm offen und ehrlich mitteilen, aber dennoch darum bitten, eine weitere Perspektive aufgezeigt zu bekommen. Genau darin kann schon ein Fortschritt in Sachen 'Auseinandersetzung' bestehen.

Auf diesem Wege kann ich Ihnen leider nur Ratschläge geben, aber keine therapeutischen Maßnahmen durchführen. Der nächste Schritt muß also bei Ihnen selbst liegen, trotz aller Widerstände Anlauf zu nehmen, direkten Kontakt zu einer hilfreichen Person aufzunehmen. Bitte haben Sie den Mut dazu!

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Holger Nikolai
Bewertung durch den Fragensteller:
Danke für die guten Tipps zum Ansetzen!





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