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Gefühl der Gefühllosigkeit

mini2009 (w, 33) aus speyer: Hallo,

ich war von 2000 - 2008 in einer Beziehung mit einem Mann, der sich als gewalttätig und suchtkrank erwies. Wir haben eine gemeinsame Tochter, die auch viel erlebt hat. Ich bekam soziale Phobie mit Panikattaken mit dem Hang zu Depressionen und war deswegen auch in psychologischer Behandlung. Es geht mir auch wieder richtig gut und lebe mittlerweile in einer neuen Beziehung und ich habe ein weiteres Kind bekommen.

Meine Frage aber ist: Ich fühle irgendwie nichts. In mir ist alles tot. Wie bekomme ich das weg? Meine Mutter, die mir sehr wichtig ist, bekam vor kurzem Krebs. Zu dem Zeitpunkt fühlte ich auch nichts. Keine Angst, Trauer... Mein Herz ist irgendwie wie eingefroren. Ich habe Angst, mit meinem Partner darüber zu reden, weil ich denke, daß er vielleicht dann meint, daß ich ihn nicht liebe. Ich mache meinen Tagesablauf, freue mich auch, lache sehr viel, aber irgendwie fühle ich nichts dabei. Kann das sein, oder rede ich mir nur etwas ein?

In meiner vorhergehenden Beziehung (mit dem Gewalttätigen) sagte ich mir 'ich möchte nichts mehr fühlen', irgendwann war es so. Es war die Hölle mit ihm und bin überhaupt froh, noch am Leben zu sein.
Ich möchte so gern wieder richtig lebendig sein. Richtig lachen, auch mal weinen können. Genauso, habe ich das Problem mit der Konzentration oder Vergesslichkeit. Würde ich mir nicht alles aufschreiben, würde ich - glaube ich - alles vergessen. Manchmal denke ich gerade, ich vergesse mein Leben. Aus der Vergangenheit weiß ich eh nicht mehr alles und heute, wenn mir jemand was erzählt, kann ich es mir nicht lange merken. Irgendwann macht's schwups und es ist weg.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Mini,

Sie scheinen schon so viel durchgemacht zu haben und trotzdem so viel erreicht zu haben! Daß Sie hier Ihre Frage stellen und Hilfe suchen, zeigt, wie viel Energie in Ihnen steckt.

Ihre Beschreibung klingt für mich sehr 'schlüssig'. Nicht zuletzt aufgrund Ihrer eigenen Persönlichkeitsstruktur haben Sie ein Beziehungsdrama erlebt (oder: überlebt) und haben darauf mit seelischen Problemen reagiert. Eine soziale Phobie und Depressionen 'passen' zu Ihrer Geschichte.

Was Sie verstört, ist das beschriebene 'Gefühl der Gefühllosigkeit'. Dies hört sich vielleicht seltsam an, ist aber ein typisches und oft beschriebenes Phänomen in solchen Situationen. Allgemein wird angenommen, daß Depressive einfach 'nur traurig' sind. In bestimmten Fällen ist dies aber nicht der Fall: Der Depressive zeichnet sich genau dadurch aus, daß er wirklich nichts mehr fühlt außer, von der Umwelt 'irgendwie abgeschnitten' zu sein.

Weitere Traumata, wie die ernste Erkrankung Ihrer Mutter, verstärken dieses 'Gefühl'. Die Seele weigert sich, irgendein Gefühl anzuerkennen, um nicht einer noch größeren Belastung ausgesetzt zu werden, und sie unterscheidet irgendwann nicht mehr zwischen den unterschiedlichen Stimmungen. Auch die von Ihnen benannte Konzentrationsschwäche ist sehr typisch für depressive Syndrome.

Durch Ihre bisherige psychotherapeutische Behandlung sind Ihnen Ihre Probleme bzw. der Umgang damit wahrscheinlich schon geläufig. Deshalb empfehle ich Ihnen, Ihren zuletzt behandelnden Therapeuten wieder zu kontaktieren und ihm von dieser aktuellen Symptomatik zu erzählen. Depressionen lassen sich in sehr vielen Fällen gut behandeln, auch wenn es für die Betreffenden nicht so erscheint. Bitte zögern Sie nicht, sondern sprechen offen mit Ihrem Partner darüber, worunter Sie leiden und daß Sie seine Hilfe benötigen werden, um sich selbst wieder besser wahrnehmen zu können und auch an Ihrer Familie wieder teilhaben können.

Herzliche Grüße

Ihr

Holger Nikolai
Bewertung durch den Fragensteller:
vielen Dank für die schnelle Antwort





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