Toxische Beziehung erkennen: Wenn Alkoholismus die Ehe zerstört
Hoffnung (w, 63) aus Hamburg: Ich bin seit 10 Jahren mit meinem Mann verheiratet. Er war der Mann meiner Träume, ich habe mir ein Leben mit ihm sehr gewünscht. Ich habe damals schon bemerkt, dass er gerne trinkt, damals nicht maßlos, er war aber immer freundlich und liebevoll, auch im betrunkenen Zustand. Seit geraumer Zeit hat er sich sehr verändert, so dass ich ihn manchmal nicht wiedererkenne. Er beschimpft mich, wertet mich im Beisein anderer ab, beleidigt mich ('du siehst nun mal so aus, wie du aussiehst und da muss ich jetzt durch'). Wenn er sich dann wieder maßlos betrunken hat und es ihm sehr schlecht geht, soll ich irgendwie per Fingerschnipp dafür sorgen, dass es ihm wieder gut geht, einmal habe ich den RTW gerufen, er hat mich dafür im RTW auf das Übelste beschimpft. Oft habe ich ihn ins Bett hieven müssen, einmal von oben bis unten sauber machen müssen, weil er sich eingekotet hat. Am nächsten Tag gab es nicht einmal eine Entschuldigung. Ich fange jetzt aber auch an, mich mit seinen Augen zu sehen, als häßlich, unfähig, geldgierig, faul etc. Das erschreckt mich. Ich weiß auch nicht, was ich machen soll. Ob es überhaupt Sinn macht, noch zu bleiben. Andererseits bin ich wirklich finanziell abhängig, ich bekomme nur eine winzige Rente, mein Mann ist als ehemaliger Beamter gut versorgt. Wie sehen Sie die Dinge, bin ich vielleicht 'falsch' davor?
Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:
Liebe Hoffnung,
Ihre Worte spiegeln eine tiefe Erschöpfung wider – und gleichzeitig einen Funken Klarheit. Sie spüren, dass sich etwas in Ihnen verändert, dass Sie beginnen, sich mit den Augen Ihres Mannes zu sehen. Das ist ein wichtiges Zeichen, das zeigt, wie sehr diese ständige Abwertung und die Dynamik in Ihrer Beziehung auf Ihre Seele wirken.
Alkoholabhängigkeit verändert nicht nur den Betroffenen, sondern auch das gesamte Umfeld. Was Sie beschreiben – die Beleidigungen, die Verantwortung für sein Verhalten, das Fehlen jeglicher Wertschätzung – sind Anzeichen dafür, dass Sie sich in einer toxischen Beziehung befinden könnten. Das bedeutet nicht, dass Sie Schuld daran sind, sondern dass Sie ungeschützt einer Situation ausgesetzt sind, die langfristig Ihre eigene psychische Gesundheit gefährden kann.
Eine wichtige Frage könnte für Sie sein: Wie würde ich reagieren, wenn eine Freundin mir genau diese Geschichte erzählen würde? Würden Sie ihr Raten zu bleiben? Oder würden Sie ihr mitfühlend zeigen, dass kein Mensch es verdient, so behandelt zu werden?
Sie haben einmal aus Liebe geheiratet. Doch Liebe darf nicht bedeuten, sich selbst zu verlieren. Ich höre heraus, dass finanzielle Abhängigkeit eine große Rolle spielt. Es ist verständlich, dass dieser Aspekt Angst macht – doch Angst sollte nicht der einzige Grund sein, um zu bleiben. Es gibt Wege, sich Unterstützung zu holen. Beratungsstellen für Angehörige von Suchtkranken, Frauenberatungsstellen und soziale Hilfen können Ihnen helfen, Ihre Optionen zu sortieren. Sie müssen das nicht allein tun.
Ich lade Sie ein, eine kleine Übung zu machen: Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, wie Sie in einem Jahr leben möchten. Wie fühlt sich dieser Gedanke an? Gibt es da mehr Ruhe, mehr Sicherheit, mehr Selbstachtung? Dieser kleine Moment des Innern kann ein erster Schritt sein, um herauszufinden, was Sie wirklich brauchen.
Sie sind nicht machtlos. Sie sind nicht wertlos. Sie sind eine Frau, die das Recht hat, in Würde und Frieden zu leben. Überlegen Sie in Ruhe, was für Sie der nächste Schritt sein kann – einer, der Ihnen Kraft gibt, statt Sie weiter zu erschöpfen.
Ich wünsche Ihnen alles Gute auf Ihrem Weg
Mit freundlichen Grüßen aus Bremen
Manja Biedermann
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Ihre Worte spiegeln eine tiefe Erschöpfung wider – und gleichzeitig einen Funken Klarheit. Sie spüren, dass sich etwas in Ihnen verändert, dass Sie beginnen, sich mit den Augen Ihres Mannes zu sehen. Das ist ein wichtiges Zeichen, das zeigt, wie sehr diese ständige Abwertung und die Dynamik in Ihrer Beziehung auf Ihre Seele wirken.
Alkoholabhängigkeit verändert nicht nur den Betroffenen, sondern auch das gesamte Umfeld. Was Sie beschreiben – die Beleidigungen, die Verantwortung für sein Verhalten, das Fehlen jeglicher Wertschätzung – sind Anzeichen dafür, dass Sie sich in einer toxischen Beziehung befinden könnten. Das bedeutet nicht, dass Sie Schuld daran sind, sondern dass Sie ungeschützt einer Situation ausgesetzt sind, die langfristig Ihre eigene psychische Gesundheit gefährden kann.
Eine wichtige Frage könnte für Sie sein: Wie würde ich reagieren, wenn eine Freundin mir genau diese Geschichte erzählen würde? Würden Sie ihr Raten zu bleiben? Oder würden Sie ihr mitfühlend zeigen, dass kein Mensch es verdient, so behandelt zu werden?
Sie haben einmal aus Liebe geheiratet. Doch Liebe darf nicht bedeuten, sich selbst zu verlieren. Ich höre heraus, dass finanzielle Abhängigkeit eine große Rolle spielt. Es ist verständlich, dass dieser Aspekt Angst macht – doch Angst sollte nicht der einzige Grund sein, um zu bleiben. Es gibt Wege, sich Unterstützung zu holen. Beratungsstellen für Angehörige von Suchtkranken, Frauenberatungsstellen und soziale Hilfen können Ihnen helfen, Ihre Optionen zu sortieren. Sie müssen das nicht allein tun.
Ich lade Sie ein, eine kleine Übung zu machen: Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, wie Sie in einem Jahr leben möchten. Wie fühlt sich dieser Gedanke an? Gibt es da mehr Ruhe, mehr Sicherheit, mehr Selbstachtung? Dieser kleine Moment des Innern kann ein erster Schritt sein, um herauszufinden, was Sie wirklich brauchen.
Sie sind nicht machtlos. Sie sind nicht wertlos. Sie sind eine Frau, die das Recht hat, in Würde und Frieden zu leben. Überlegen Sie in Ruhe, was für Sie der nächste Schritt sein kann – einer, der Ihnen Kraft gibt, statt Sie weiter zu erschöpfen.
Ich wünsche Ihnen alles Gute auf Ihrem Weg
Mit freundlichen Grüßen aus Bremen
Manja Biedermann
Heilpraktikerin für Psychotherapie
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