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Beziehungskrise nach Krebserkrankung des Partners

loslassen (w, 31) aus Hamburg: Mein Mann lernte mich kennen, als ich eine Prostituierte war. Wir bekamen Kinder und ich suchte mir einen normalen Beruf. Kurz darauf bekam mein Mann Krebs. Ich muss zu der Zeit ziemlich gelitten haben. 2009 fragte er mich nach 10 Jahren, ob ich ihn endlich heiraten wollte. Wir heirateten, obwohl ich rauche.

Anfang dieses Jahres erzählte er mir, daß er das komplette jahr 2010 fremdgegangen sei. Es hätte an mir gelegen. Ich habe 2010 mein Hund und meine Freunde verloren und war durchgehend traurig. Klar habe ich mir ab da Mühe gegeben, ihm wieder zu gefallen. Mit Kindern haben wir als Paar nicht mehr so viel spass zusammen. Ich bin kaputt abends, einmal im Jahr machen wir Urlaub, unsere Kinder haben viele Hobbys.

Vor ein paar Tagen hatten wir Streitigkeiten. Er sagte mir, daß er nichts mehr für mich empfindet. Daß ich eine Raucherin sei und wir keinen Spass mehr haben. ER WILL LEBEN. Und das ich mich anstelle mit Fremdgehen, da ich ja früher auch Geld dafür genommen habe.

Unsere Kinder sind jetzt groß und ich bin stolz, weil wir die ganze Scheisse hinter uns lassen konnten. Und ein ganz normales Leben führen. Anscheinend zu normal. Er hat den Drang (wegen Arbeit und Chemos), immer der beste zu sein. Ich muss genauso sein. Er wäre vorgestern gegangen, hätte ich ihm das o. k. gegeben. Er hätte ohne zu zögern mich und seine Kinder verlassen. Er sagte, er habe alles, was er braucht, aber es mache ihn nicht glücklich. Ich würde gerne wieder glücklich sein, aber ich weiss nicht, wie ich das alles aus meinem Kopf bekomme.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe loslassen,

vielen Dank für Ihre ausführliche und offene Darstellung Ihrer Situation! Es handelt sich dabei um mehrere 'Baustellen', die ich in Gänze hier leider nicht alle ausführlich bearbeiten kann.

Sie haben Ihrem Leben eine entscheidende Wende gegeben, indem Sie die Prostitution aufgegeben haben und ein sogenanntes 'bürgerliches' Leben (im positiven Sinne) begonnen haben, mit Ehemann, Kindern etc. Sie sind stolz darauf und sehen diesen Zustand, für den Sie sich offensichtlich sehr eingesetzt haben, in Gefahr. Das macht Sie verzweifelt und ratlos.

Daß ein Ehepartner nach überstandender Krebs-Erkrankung den Drang hat, 'zu leben' und auch Partner und Familie zu verlassen, weil ihm das alles 'zu eng' ist, ist leider ein häufig zu beobachtendes Phänomen! Der zurückbleibende Partner fällt nicht selten in ein tiefes Loch, da er oft jahrelang für den kranken Partner da war und viele Schwierigkeiten auf sich genommen hat, nun aber 'abserviert wird.

Was können Sie jetzt tun? Daß Sie hier schreiben, zeigt, daß Sie willens sind, sich Hilfe zu holen. Was genau im Kopf Ihres Mannes vorgeht, werden Sie nie herausfinden. Zielführend kann nur sein, welche Handlungsoptionen Sie selbst haben und mit welcher Alternative Sie am besten leben können. Um das herauszufinden, empfehle ich Ihnen therapeutische Begleitung. Ein Dialog mit einem kompetenten Gesprächspartner kann Ihnen am ehesten helfen, angstfrei verschiedene Alternativen zu betrachten und Ihre eigene Position zu bestimmen.

Ihrer Beschreibung nach haben Sie ihn vor ein paar Tagen 'zurückgehalten', als er die Familie verlassen wollte. Sie werden sich fragen müssen, wem Sie damit einen Gefallen getan haben oder tun wollten. Ihre Beweggründe kann ich vollkommen verstehen, aber es ist auch die Frage, wie tragfähig dieses Fundament für eine Ehe ist. Sie fragen zum Schluß, wie Sie 'das alles aus dem Kopf' bekommen. Offen gestanden: Ich hoffe, daß Sie das alles eben gerade nicht aus dem Kopf bekommen, sondern die Gelegenheit wahrnehmen, all diese Begebenheiten in Zusammenhang zu stellen und Entscheidungen zu treffen.

Nach Ihrer Geschichte kann ich sehr gut verstehen, daß Sie wieder glücklich sein wollen, aber bitte geben Sie sich selbst erst einmal genug Zeit, das Erlebte zu verarbeiten und unglücklich zu sein. Glück entsteht nicht durch Abwesenheit von Unglück, sondern durch Erkenntnis und Zufriedenheit. Bei akutem Gesprächsbedarf wenden Sie sich bitte an die Telefonseelsorge (0800 111 0 111), ansonsten folgen Sie bitte meinem Rat und suchen das persönliche Gespräch. Ich wünsche Ihnen Mut und Geduld!

Herzliche Grüße

Ihr

Holger Nikolai
Bewertung durch den Fragensteller:
Ich danke Ihnen ich habe nur einwenig angst davor mir wirklich professionelle hilfe zu suchen. die mir dann sagen wird, daß da nix mehr zu retten ist,





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