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Soll ich den Kontakt zu meinem Vater abbrechen?

Romy (w, 20) aus Karlsruhe: Meine Frage bezieht sich auf die Beziehung zu meinem Vater. In meiner Kindheit misshandelte er mich seelisch und körperlich, sodass ich, als ich die Chance dazu hatte, den Kontakt zu ihm 4 Jahre lang abbrach. Er beleidigte mich regelmäßig, lachte mich aus, ließ keine Möglichkeit aus, mir zu zeigen, dass er die 'Macht' über mich hatte. Darunter litt ich damals sehr, hatte Minderwertigkeitskomplexe, fühlte mich ungeliebt etc.
Heute habe ich ab und zu wieder Kontakt zu ihm, er hat sich sehr verändert, ist geduldiger geworden und dass ich jederzeit wieder gehen kann, macht es für mich einfacher seine Kränkungen zu ertragen. Jedoch funktioniert unsere Beziehung nur, weil ich, egal was mir auf der Zunge liegt hinunterschlucke, und nur das sage was er hören will. Ich fühle mich nach unseren Treffen/Telefonaten oft stark gekränkt und traurig.
Aber oft frage ich mich, wieso ich das eigentlich mitmache, und irgendwie hab ich darauf keine Antwort außer 'dass er halt mein Vater ist'. Denn es hat eigentlich keine Vorteile für mich die Beziehung aufrechtzuerhalten. Ich habe Angst dass er mich wieder aus der Bahn wirft, mein Leben war lange Zeit komplett durcheinander und ich habe Angst dass das wieder so kommt. Pausen zu machen ist wie gesagt auch schwierig, da er keine Distanz zulässt und mich dauernd anruft und unter Druck setzt.
Wieso tue ich mir das an, ihn immer wieder zu sehen? und soll ich den Kontakt abbrechen? Und wenn ja, wie soll ich dann damit umgehen?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Romy,

danke für Ihr Vertrauen, Ihr Anliegen macht mich betroffen.

Sie schildern die Vorkommnisse Ihrer Kindheit und dass Sie nach langer Pause nun wieder Kontakt zu Ihrem Vater haben. Sie schreiben weiter, er habe sich sehr geändert, aber weiter unten im Text steht dann wieder, das der Kontakt nur deswegen aufrecht ist, weil Sie sich wieder alles gefallen lassen. Er kränkt Sie nach wie vor und Sie fühlen sich schlecht nach den Kontakten. Eine Beziehung funktioniert nur in einem gegenseitigen Geben und Nehmen!

Letztendlich hat Ihr Vater wieder 'Macht' über Sie, jedoch nur, weil Sie es zulassen. Alles kann nur die Macht haben, die Sie zugestehen! Vorteile, den Kontakt weiter zu halten sind hier eher nicht aufzurechnen. Es ist Ihr Vater, eine enge Bezugsperson und Sie wünschen sich und hoffen immer wieder darauf, dass eine normale Vater-Tochter-Beziehung mit gegenseitiger Wertschätzung und liebevollem Umgang stattfindet. Und Sie erleben immer wieder erneut Frust und möchten es nicht wahrhaben. Es ist normal, dass Kinder, egal wie alt sie sind, guten Kontakt zu den Elternteilen haben möchten. Wenn das natürlich dann ausgenutzt wird, ist es doppelt bitter.

Ich rate Ihnen, sich einige Therapiestunden zu nehmen, um den Hintergrund für Ihr Verhalten herausfinden zu können. Was war in Ihrer Kindheit, gab es da wenig Vertrauen zur Mutter, erlebten Sie auch da immer wieder brüchige und unzuverlässige Beziehungsmuster? Hoffen Sie immer noch darauf, dass sich das alles ändert und Sie endlich Anerkennung und Liebe bekommen?

Was könnte passieren, wenn Sie den Kontakt zum Vater abbrechen würden? Wenn Sie sich eine neue Telefonnummer holen? Wenn Sie sich deutlich ausdrücken, ihm mitteilen, wie sehr er Sie kränkt, wie traurig und verärgert Sie sind? Sie versuchen es wenigstens, ihn zu ändern, glaube ich, ist aber eher unwahrscheinlich. Ändern können Sie Ihr Verhalten und Ihre Erwartungen, wie gesagt, mit kompetenter Hilfe. Ihr Vater müsste sich seinerseits Hilfe suchen, denn auch sein Verhalten sagt viel über ihn und seine inneren Zustände aus.

Spüren Sie einmal deutlich hin, was Sie in sich bemerken, wenn es wieder zu unschönen Szenen kommt, drücken Sie es deutlich aus oder unterlassen Sie den Kontakt, wenn Ihnen nicht danach ist. Sie sind nur für sich alleine verantwortlich und nicht für Ihren Vater, der hat seine eigene Verantwortung für sich. Wenn ein Kontaktabbruch das ist, was für Sie stimmig ist, dann ist es in Ordnung.

Ich wünsche Ihnen Mut und Kraft, gute Helfer und eine baldige positive Veränderung der Situation!

Herzliche Grüße

Claudia Schmitt

Heilpraktikerin für Psychotherapie

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