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Ich vertraue nur mir selbst

Tiadalma (w, 20) aus Köln:
Hallo,
Ich hatte schon immer ein Problem damit mich zu binden. Nach den ersten beiden Beziehungen, die eine derbe Enttäuschung waren, wird es immer schlimmer. Momentan treffe ich mich seit fast einem Jahr mit einem 12 Jahre älteren Mann. Anfangs war es so dass wir nicht allzu viel Kontakt hatten, vielleicht einmal die Woche, und die Sache größtenteils nur auf Sex basierte. Gefühle haben sich bei mir noch nicht eingestellt, und ich möchte das auch nicht zu etwas Ernsterem machen, obwohl ich weiß dass es das Richtige wäre. Ich habe eher Angst vor dem nächsten Schritt und möchte das ganze schon fast wieder beenden, weil ich merke dass er vielleicht eine Beziehung möchte. Stimmt was nicht mit mir?

Ich hatte schon immer diese Gefühlstaubheit, bis ich eine Person wirklich in mein Leben lasse dauert es Jahre, und ich habe das Gefühl das verschlimmert sich immer mehr. Es ist als hätte ich gar nicht mehr das Interesse daran mich zu verlieben. Es ist als wäre ich die einzige Person in meinem Leben die wirklich für mich da ist. Bin ich jetzt Narzist, oder eine Egozentrikerin? Sollte ich vielleicht in Therapie?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Tiadalma,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Es ist ein wichtiger Schritt, dass Sie hier um Rat fragen. Denn Sie haben das deutliche Gefühl, dass sich Ihre Problematik verschlimmert, d.h. dass Sie trotz aller „Gefühlstaubheit“ einen Leidensdruck verspüren und Ihre Situation gerne verändern möchten.

Ihr Satz „Es ist als wäre ich die einzige Person in meinem Leben, die wirklich für mich da ist“ drückt es für mich bereits deutlich aus, worum es geht. Sie vertrauen nur sich selbst. Es scheint, als gäbe es kein Bedürfnis in Ihnen, sich Anderen anzuvertrauen, neugierig auf das zu sein, was andere Menschen Ihnen geben möchten und mit Ihnen teilen wollen außer Sex. Da Sie in der Lage sind, Ihre Gefühle ganz gut zu steuern, nehmen Sie bewusst Einfluss darauf, ob und wie viel intensive Nähe zwischen Ihnen und Ihren Partnern entstehen darf.

Ich glaube nicht, dass Sie „gefühlstaub“ sind, mein Eindruck ist eher, dass Sie große Angst davor haben, etwas für andere Menschen zu empfinden, z.B. Liebe, Zuneigung, Sympathie, aber auch vielleicht Abneigung. Sie halten sich selbst sozusagen künstlich in einem emotionalen Vakuum auf, das Sie sehr schützt. Gleichzeitig haben Sie das Gefühl, Sie müssten sich verlieben wie alle anderen Menschen auch. Dadurch entsteht ein zusätzlicher Druck, nämlich anders zu sein, als Sie sich wirklich fühlen.

Nur sich selbst zu trauen bedeutet nicht gleich, dass man narzisstisch oder egozentrisch ist. Wenn Sie Angst vor Gefühlen und Nähe haben, so wird dies begründet sein. Da ich Ihre Lebensgeschichte nicht kenne, kann ich nur mutmaßen. Nichts-fühlen ist zunächst einmal eine gute Überlebensstrategie. Sie hilft, Ereignisse und Erlebnisse hinter sich zu lassen, die einen ansonsten überfordern oder überwältigen würden. Leider entsteht aus der erfolgreichen Bewältigungsstrategie dann oftmals ein Gefühlsmuster, das sich dann nicht mehr so einfach abstreifen lässt.

Wenn Sie also darunter leiden, dass Sie sich Menschen gegenüber emotional nicht - oder erst nach sehr langer Zeit - öffnen können, könnte eine Therapie sehr hilfreich für Sie sein, um Ihren tieferen Nähe- und Distanz-Konflikt zu ergründen und langfristig aufzulösen.

Ich wünsche Ihnen dafür ganz viel Mut, Neugierde und Offenheit,
herzlicher Gruß

Anke Wagner
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Bewertung durch den Fragensteller:

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