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innere Androgynität

JayDee (w, 21) aus Walldorf: Liebes Team,
ich bin bisexuell und war/bin sexsüchtig, aber seit 1 1/2 Jahren in einer lesbichen Beziehung. In letzter Zeit ist mir bewusst geworden, dass ich mir zwar oft wünsche, beim Sex ein Mann zu sein, aber in anderen Momenten liebe ich es, eine Frau zu sein. Als ich mich mehr damit beschäftigt habe, wurde mir klar, dass ich mich oft auch männlich verhalte. Ich hänge also irgendwo dazwischen. Ich habe nach Androgynie im Internet nachgeforscht, aber leider findet man nur etwas über die äußere Androgynie. Gibt es so etwas wie eine innere Androgynie überhaupt? Wie kann ich herausfinden, womit ich mich am wohlsten fühle und wie ich beides ausleben kann ohne 'zwischen den Stühlen' zu stehen?

Vielen Dank und freundliche Grüße,
Jaydee

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Jaydee,

danke für Ihre Frage bzw. Ihre offene Beschreibung Ihrer Gefühle und Empfindungen. Das, was Sie beschreiben, ist durchaus häufig, auch wenn Sie im Internet nicht viel dazu gefunden haben. Die Psychologie - als Wissenschaft auf den Freudschen Theorien fußend - geht prinzipiell von einer psychischen Zweigeschlechtlichkeit jedes Menschen aus. Bei einem überwiegenden Prozentsatz der Menschen sind die Empfindungen und Verhaltensweisen, die dem körperlichen Geschlecht entsprechen, deutlich stärker ausgeprägt. Trotzdem haben auch diese Frauen und Männer eine 'andere Seite', die sie am häufigsten über Ihre Partnerwahl ausleben, indem der gegengeschlechtliche Partner dann die eigenen 'blinden Flecken' verkörpert (oder verkörpern soll).

Bei bi- oder homosexuell orientierten Menschen ist es häufig zu beobachten, daß sie die 'typisch' gegengeschlechtlichen Eigenschaften selbst und aktiv ausleben. Oftmals empfinden sich lesbische Frauen psychisch als 'männlich, aktiv, dominant', genauso wie sich schwule Männer ganz selbstverständlich 'typisch weiblich' verhalten und auch dazu stehen.

Nicht selten - und jetzt bin ich ganz bei Ihrer Schilderung - überschneiden sich diese 'Welten' oder wechseln sich ab, so daß sich tatsächlich das Gefühl einer eigenen Doppelgeschlechtlichkeit einstellt. Meine Empfehlung: sehen Sie das als Chance! Psychoanalytisch betrachtet ist dies der größte und unbewußte Wunsch eines jeden Menschen, zur 'All-Einheit' zu gelangen (deshalb sucht praktisch jeder Mensch einen Partner!), zur Versöhnung der Gegensätzlichkeiten. Dies ist kein prinzipiell einfacher Weg, daher ist eine Verunsicherung durchaus verständlich.

Sie sind noch sehr jung, Ihre psychosexuelle Entwicklung ist vermutlich noch nicht abgeschlossen (das ist oft erst mit Mitte 20 der Fall). Insofern sollten Sie Ihre Wahrnehmungen und Empfindungen genau beobachten und auch verschiedene Verhaltens- und Einstellungsweisen ausprobieren. Vielleicht suchen Sie sich eine Gesprächsgruppe (die schwul-lesbischen Verbände bieten Orientierung) oder sogar psychotherapeutische Unterstützung, um die verschiedenen Aspekte und neuen Erfahrungen, die Sie mit Sicherheit noch machen werden, in Ihre Persönlichkeit zu integrieren.

Bitte versuchen Sie nicht, sich 'zu entscheiden', sondern versuchen Sie, sich auf die Möglichkeiten, die Ihr Unbewußtes Ihnen 'präsentiert', einzulassen. Eine gewisse 'Unangepaßtheit' werden Sie entweder bereits an sich festgestellt haben oder langfristig in Ihr Persönlichkeitsprofil aufnehmen! Ich wünsche Ihnen Mut und Erfolg dabei, sich selbst und Ihr Unbewußtes kennenzulernen!

Herzliche Grüße

Ihr

Holger Nikolai
Bewertung durch den Fragensteller:
Danke für die positiven, unterstützenden Worte. Sie haben mir sehr geholfen und mir die Unsicherheit ein Stück weit genommen.

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