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Traumastörung durch Autounfall

Ratlos (w, 20) aus Stuttgart: Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe folgendes Problem: Mein Freund hatte vor etwas über einem Monat einen schweren Autounfall, bei dem sein Beifahrer gestorben ist. Er hat keine Schld, auch nach Aussage der Polizei. Jedoch macht er sich schreckliche Vorwürfe und zieht sich immer mehr zurück. Erst war er sehr anhänglich, jetzt redet er mit fast keinem mehr. Er zieht sich zurück, meint, er muss das alleine schaffen, will keine professionelle Hilfe. Er sagt immer, dass er zwischen zwei Ländern sitzt, da das Ganze in Australien passiert ist. Ich weiß so langsam nicht mehr, was ich tun kann.

Mal ist er eigentlich ganz fröhlich, so gut es eben geht, und im nächsten Augenblick schreit er mich an, dass er nie wieder etwas von mir hören will. Hinzu kommt noch, dass wir leider 600 km auseinander wohnen und ich nicht immer bei ihm sein kann. Trotzdem möchte ich nicht tatenlos zusehen, wie er immer mehr 'kaputtgeht'. Können Sie mir vielleicht sagen, wie ich ihm helfen kann? Vielen Dank schon im voraus.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Ratlos,

als Fragestellerin stehen erst einmal SIE für mich im Fokus, denn Sie klagen darüber, nicht mehr weiterzuwissen. Nach Ihrer Beschreibung waren Sie nicht am Geschen beteiligt, doch durch Ihre Beziehung werden Sie 'hineingezogen'. Mehr, als Ihrem Partner Ihre Liebe zu versichern, werden Sie kaum tun können. Auch eine geringere räumliche Nähe würde wahrscheinlich wenig helfen, denn was wäre anders, wenn Sie 'vor Ort' wären? Sie schreiben selbst, daß Ihr Freund keine Hilfe möchte und sich gereizt und ablehnend verhält.

Ursächlich helfen kann in einem solchen Fall höchstwahrscheinlich nur eine Traumatherapie. Die Symptome, die Sie beschreiben, könnten auf eine sogenannte Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) hinweisen, die nach solchen Unglücken häufig auftritt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dort psychotherapeutisch einzugreifen, z. B. mit EMDR (eine Augenbewegungstherapie). Voraussetzung ist aber immer der Willen des Patienten, sich behandeln zu lassen.

Eine Möglichkeit, wie Sie sich jetzt verhalten können, ist, Ihrem Freund Ihre eigene Hilflosigkeit offen und ehrlich mitzuteilen. Erzählen Sie ihm, wie hilflos und verloren Sie sich ihm gegenüber vorkommen, was Sie an ihm vermissen und, daß Sie sich vorstellen, daß er sich im Moment vielleicht sehr ähnlich fühlt. Vielleicht werden Sie merken, daß Sie ihn auf diese Weise emotional erreichen können. Wenn dies der Fall ist, könnten Sie auf sich bezogen formulieren, was Ihnen in dieser Situation am meisten helfen würde. Sie haben so vielleicht die größte Chance, bei Ihrem Freund eine Einsichtsfähigkeit herzustellen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bitte vertrauen Sie auf Ihre Sensibilität und bleiben Sie 'dran'!

Herzliche Grüße

Ihr

Holger Nikolai
Bewertung durch den Fragensteller:
Vielen Dank für die schnelle Antwort. Hilft im Moment wirklich sehr.





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