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Sorge um traumatisierte Tochter

Mama43 (w, 43) aus Speyer: Guten Morgen,

ich bin sehr verzweifelt und hoffe, Ihr könnt mir helfen. Meine Tochter (13) leidet unter einem Trauma und gleichzeitig an Magersucht.

Seit Wochen komme ich nicht mehr an sie heran, sie meidet den Kontakt zu mir, telefoniert nicht einmal mehr mit mir :(

Sie ist jetzt seit 4 Wochen bei ihrer Oma, ohne ein Lebenszeichen an uns zu senden, das belastet mich sehr!!! Ich mache mir große Sorgen, was kann ich nur tun??? Ambulante Therapie hat sie seit kurzem begonnen, aber ein gemeinsames Gespräch meidet sie immer noch!!

Thema Trauma habe ich nachgelesen, gehe von sehr schrecklich erlebten Situationen aus, okay, das habe ich verstanden, aber ich kann mir bei uns zu Hause keines erklären, vielleicht war da mal was bei ihrem Vater, der nach unserer Trennung alkohol- und drogenabhängig wurde?!

Aber wie komme ich an sie heran, damit ich mich dementsprechend verhalten kann?? Im Moment nimmt sie bis zu 3 kg/wöchentlich ab... es muss etwas passieren! Ich habe große Angst, dass sie sich in Lebensgefahr bringt, was sie ja eigentlich schon tut, stationäre Therapie lehnt sie vehement ab!

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Mama43,

danke für Ihre Zuschrift, aus der eine Menge Panik und Sorge klingt, für mich durchaus nachvollziehbar. Sie beschreiben eine sehr typische Situation von Angehörigen: Ein geliebter Mensch, das eigene Kind, leidet und zieht sich zurück, und man selbst kann 'nichts machen'. Dieses Gefühl von Ohnmacht und Sorge kann wirklich 'wahnsinnig' machen.

Dabei sind die Umstände, die Sie beschreiben, für mich durchaus positiv zu bewerten. Sie schreiben nichts über die genaueren Hintergründe des angenommenen 'Traumas', offensichtlich sind Sie Ihnen selbst nur verschwommen, aber Sie vermuten eine mögliche Ursache im familiären Umfeld (abhängiger Vater). Insofern halte die 'Verlegung' Ihrer Tochter zu den Großeltern für eine gute Idee. Die räumliche Distanzierung und ein - anzunehmendes - gutes Verhältnis zu den Großeltern kann den notwendigen 'anderen Rahmen' darstellen, der auch für eine Distanzierung von traumatischen Zuständen erforderlich ist.

Weiterhin schreiben Sie, Ihre Tochter absolviere eine Therapie. Diese Therapie läuft offenbar erst seit kurzem, und es gibt keinen Grund anzunehmen, daß Psychotherapien 'schnell' wirken! Der Therapeut wird den Gewichtsverlust Ihrer Tochter im Blick haben und entsprechend intervenieren, Sie sollten dabei Vertrauen sowohl zum Therapeuten als auch zu Ihrer Tochter haben! Suchen Sie bitte das Gespräch zum Therapeuten, um über Ihre Ängste zu reden.

Der wichtigste Rat, den ich Ihnen hier nur geben kann, ist: Geduld! Sie schreiben von bisher 'wöchentlichen' Zeiträumen, das ist - bezogen auf die Seele einer Person - praktisch 'nichts'! Was auch immer das seelische Gleichgewicht Ihrer Tochter gestört hat, sie wird ihren eigenen Rhythmus finden, sich diesen Erlebnissen anzunähern und sie zu integrieren. Daß die Aufforderung zur Geduld für Sie eine Herausforderung darstellt, nehme ich in Kauf.

Sie fühlen sich wahrscheinlich 'abgelehnt' durch Ihre Tochter, dadurch, daß Sie keinen Kontakt zu Ihnen wünscht. Wahrscheinlich klingen auch Wut und Enttäuschung Ihrerseits dabei mit. Versuchen Sie es noch einmal mit einem Brief, den Sie ihr schreiben und in dem Sie keinerlei Forderungen oder Wünsche formulieren, sondern ihrer Tochter versichern, für sie da zu sein, wann immer sie dies wünscht und daß Sie darauf warten werden.

Wird das 'Warten' für Sie unerträglich, sollten Sie darüber nachdenken, selbst therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie hätten dann die Chance, mit professioneller Begleitung herauszufinden, warum die Entfernung Ihrer Tochter eine solche Panik in Ihnen auslöst und wie Sie Ihr beider Verhältnis zueinander rückblickend beschreiben und bewerten können. Vielleicht ergibt sich daraus ein 'Bild' für Sie, das Ihnen einige Zusammenhänge verdeutlicht.

Bitte seien Sie von Ihrer Tochter nicht enttäuscht, sondern signalisieren ihr - auf welchem Wege auch immer - ein 'ich bin für dich da!', ohne jegliche Erwartung. Sie werden so die größte Chance haben, daß Ihre Tochter sich von ganz allein zum für sie richtigen Zeitpunkt wieder an Sie wendet.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Holger Nikolai
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