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Nach traumatischen Erfahrungen in meiner Familie leide ich jetzt zunehmend an Aggressionsattacken

Tom (m, 42) aus Balingen: Hallo...

Mein Vater hasst mich seit meiner Geburt mit unzähligen Attacken, dauerhaft verbal bis hin zur schweren Körperverletzung. Meine Mutter ist schwer psychisch krank und es gibt keine weiteren Kontakte zu entfernteren Verwandten. Ich selbst bin Einzelkind und habe schon vor Jahren, nach 'deren' letzten Intensivstreit mit Mordversuchen, den Kontakt komplett agebrochen.

Diese heftigen Streitigkeiten zwischen beiden gibt es schon seit meiner kleinsten Kindheit, das Merkwürdige ist, ich bin ein sehr stiller Mensch und konnte ca. 40 Jahre Ruhe und Disziplin bewahren. Seit einiger Zeit aber werde ich selbst immer unruhiger und aggresiver. Die letzten Jahre nehmen diese Schübe ständig zu, mittlerweile mehrfach täglich immer wieder für mehrere Minuten habe ich wie Aggressionsattacken in mir, dass ich teilweise selbst vor mir Angst bekomme und immer nur hoffe, dass mir niemand in die Quere kommt.

Fühle mich wehrlos dies abzustellen...

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Hallo Tom,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Sie haben seit Ihrer Kindheit extreme und andauernde Gewalterfahrungen in Ihrer Familie machen müssen. Um in einer solchen lebensbedrohlichen Familiensituation überleben zu können, sind Sie in eine Art Erstarrungsmodus gegangen, der Ihnen ermöglichte, ruhig und diszipliniert zu handeln und sich selbst zu retten. Dies ist Ihnen erfolgreich gelungen. Als Erwachsener konnten Sie dann den Kontakt zu Ihren psychisch kranken Eltern abbrechen und sich schützen.

Nun merken Sie seit ein paar Jahren, dass Sie häufiger Aggressionsschübe bekommen, die Sie kaum beeinflussen können und dass sie nun vermehrt täglich auftreten. Was dabei auf einer neuropsysiologischen Ebene passiert ist, dass Ihr Körper und Ihre Seele den Erstarrungsmodus nicht mehr länger halten können.

Erstarrung ist eine biologische Reaktion, die auftritt, wenn wir in einer Situation nicht kämpfen oder flüchten können. Sie ist als kurzfristige Lebenserhaltungs- und Schutzfunktion gedacht, die sich von selbst wieder löst, wenn die Bedrohung vorbei ist. Sie ist nicht als längerer chronischer Zustand vorgesehen. Problematisch wird es also, wenn die Erstarrung sich nicht wieder lösen kann, weil die Situation andauert und die enormen innewohnenden Überlebenskräfte nicht mobilisiert oder entladen werden können.

Was Sie erleben, ist also der Versuch Ihres Körpers und Ihrer Seele, sich aus der jahrelangen Erstarrung zu befreien. Wenn das geschieht, tauchen die Aggressionen auf, die Sie auch schon damals hatten, aber nicht ausleben konnten, weil es ihrem Vater gegenüber zu gefährlich gewesen wäre.

Wichtig wäre jetzt, dass Sie sich einen Traumatherapeuten suchen, mit dem Sie diese Reaktionen bearbeiten und langfristig auflösen können. Sie werden dann auch spüren, dass ein Teil Ihrer Lebendigkeit wieder zu Ihnen zurückkehrt - vielleicht das erste Mal in Ihrem Leben.

Empfehlen möchte ich Ihnen die Traumabewältigungsmethode Somatic Experiencing nach Dr. Peter A. Levine. Schauen Sie einfach mal auf die Website von Somatic Experiencing Deutschland. Dort finden Sie weitere Informationen zum Thema. Falls Sie interessiert sind, können Sie dann einen SE Practitioner in Ihrer Nähe suchen oder auch über Videotelefonie Sitzungen nehmen.

Ich wünsche Ihnen alles Gute. Für Fragen oder eine weiterführende Beratung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Viele Grüße

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie
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