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Wie könnte ich meinem drogensüchtigen Verwandten am besten Helfen?

DGC (m, 25) aus Stuttgart:

Hallo, liebe Psychomeda-Berater,
mein Onkel ist heute 37 Jahre alt geworden, aber als ich ihn besucht habe, war ich ziemlich geschockt, denn ich sah ihn in einem Zustande, der kaum zu beschreiben ist! Abgesehen von seinem dreckigen Zimmer, hat mich vor allem sein körperlicher Zustand sehr geschockt: Völlig abgemagert und die Zähne schwarz.

Er ist seit Jahren von harten Drogen abhängig und hat bereits 4 Entzugskliniken besucht. Auch das Gefängnis hat er für ein Jahr von innen gesehen. Grundsätzlich ist er ein freundlicher, wunderbarer Mensch, doch durch die Sucht ist er vom Verhalten her auf der Basis eines 15 – 16 jährigen abgesunken.

Mit der Drogen fing alles, wie meistens relativ harmlos an. Zuerst rauchte er Cannabis, aber schnell kam härteres mit ins Spiel. Durch die Drogen isoliert er sich und verlässt jetzt das Haus nur,wenn es um seinen Bedarf geht.

Alles in allem kein Zustand. Und wenn es so weitergeht, sehe ich schwarz für Ihn. Die Drogen werden ihm den Tod bringen, früher oder später. Ich will etwas tun, doch weiß nicht was. Ich sehe ihn leider nicht sehr oft. Ich arbeite viel, bin verheiratet und habe kaum Zeit für mich selber.

Auf Grund dessen, dass ich ihn alle paar Monate sehe, kann ich wirklich mitverfolgen wie sich sein Zustand von Mal zu Mal verschlechtert. Ich würde sehr gerne etwas für ihn tun, aber die Entzugsklinik hat nichts geholfen und das Gefängnis ebenfalls nicht und das Ganze ist schlimmer ist als ich es mit Worten beschreiben könnte.

Er ist wirklich nur ein halber Mensch und Gefangener seines eigenen Körpers! Ich bitte um HILFE! Was könnten sie mir raten? Vielen Dank! Daniel

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:


Hallo, liebe Daniel,
es ehrt Sie sehr, daß Sie echte Sympathie und Mitleid mit ihrem, von der Drogensucht zerfressenen Onkel empfinden und sich seiner liebevoll annehmen wollen!

Vielen Dank auch, daß Sie sich so vertrauensvoll an uns gewandt haben! Gerne will ich versuchen Ihnen einen Weg zu zeigen, wie Sie mit dieser, Sie so sehr berührenden und bedrückenden Problematik am besten umgehen könnten.

Sie haben bei Ihrer Situationsbeschreibung leider nicht erwähnt, wie Ihre Eltern zu diesem engen Verwandten stehen und wie er die Wohnung, sein Leben und seine Drogen finanziert, oder welche Bezugs-, oder Betreuungspersonen und Einrichtungen sich sonst um ihn kümmern!?

Da - wie Sie ja deutlich erkannt haben - bei Ihrem Onkel, wie leider so oft in ähnlichen Fällen, selbst die besten Therapieangebote und andere zuständigen und fachlich hoch kompetenten Einrichtungen nicht helfen konnten, so scheint der weitere Weg des Verfalles und das mögliche baldig Ende, dieses noch relativ jungen Mannes, deutlich vorgezeichnet zu sein.

In vielen Fällen ist es leider so, daß gut gemeinte unterstützende Maßnahmen, die Suchtproblematik ehern stabilisieren und befördern, als wirklich dauerhaft hilfreich zu sein.

Für schwerstabhängige Menschen gibt es ein staatliches Drogen-Ersatzprogramm, wo regelmäßig drogenähnliche Präparate ausgegeben werden, um ein langsames Ausschleichen zu ermöglichen, aber die meisten Süchtigen nützen dies nur als Grundlage, um alle mögliche Drogen dazu zu nehmen und kommen so ehern noch tiefer in die Sucht hinein!

Als wirksamste Maßnahme, hat sich dagegen immer noch der kalte Entzug und die Erhöhung des Leidensdruckes gezeigt, die den Drogensüchtigen in eine solch schlimme Leidenssituation kommen lassen, daß er all seine letzten Kräfte zusammen nimmt, einen starken Überlebenswillen entwickelt und zum ersten Male mit fester Entschlossenheit eine wirklich Umkehr versucht.

Falls Sie also mitbekommen, daß Ihr Onkel mit Drogen handelt, so wäre es eine mögliche Überlebenshilfe, ihn abermals ins Gefängnis, oder eine Klinik zu bringen, indem Sie mit der Polizei und der örtlichen Suchtberatungsstelle zusammen arbeiten.

Andererseits besteht aber auch die Gefahr, daß Sie sich bei Ihren so gut Bemühungen, selbst in arge Kalamitäten bringen und möglicher Weise von Ihrem Onkel zur Stabilisierung seiner Sucht und deren Finanzierung benützt und mißbraucht werden.

Drogensüchte können zwar sehr nett und freundlich sein, wenn sie etwas wollen, aber kennen letztlich nur einen einzigen Freund, nämlich die Droge! Möglicherweise haben Ihre Eltern dies auch schon erkannt und sich deshalb von Ihrem Onkel abgewandt.

Auf alle Fälle könnten Sie sich von der nächsten gemeinnützigen Drogenberatungsstelle umfassend beraten lassen und eventuell auch an einer Selbsthilfegruppe für Angehörige teilnehmen, wo Sie alles erfahren werden, was mit dieser wenige erfreulichen Problematik zusammen hängt, die sich wie ein Krebsgeschwür in unserer so freizügigen Wohlstandsgesellschaft ausbreitet und zunehmend auch viele junge Leute aus stabilen sozialen Verhältnissen befällt und ins Verderben bringt.

Ein zu großer Wohlstand fördert eben auch den Lebensüberdruß und stellt uns vor die Sinnfrage. Wer diese nicht überzeugend zu beantworten weiß, der wird zunehmend für alle Arten von Süchten und Ausschweifungen empfänglich!

Noch wichtiger als den Drogensüchtigen zu helfen, ist es dafür zu sorgen, daß unerfahrene Junge Leute nicht so leichtfertig mit Drogen experimentieren, denn auch die angeblich „leichten Drogen“ haben ein ganz enorm großes Gefahrenpotential und sind nicht nur als Einstiegsdroge, sondern auch aufgrund Ihrer anderen verheerenden Wirkungen höchst gefährlich, was heute leider immer noch nicht von allen Jugendlichen und den für sie Verantwortlichen Personen und Einrichtungen erkannt wird!

Lieber Daniel, ich hoffe, daß ich Ihnen mit meinen Worten, die Sie so sehr berührende Problematik einigermaßen verständlich darstellen und gewisse Möglichkeiten aufzeigen konnte. Vor allem aber wünsche ich Ihnen nun von ganzem Herzen viel Kraft und einen kühlen Kopf beim Umgang mit dieser so schwierigen Problematik, damit Sie immer auch daran denken, sich und Ihre Familie davor zu schützen, denn nur allzu leicht überschätzt man seine Kräfte und rutscht bei dem Wunsche zu helfen, in eine gefährliche Co-Abhängigkeit, die keinem der Beteiligten hilft!

Für heute Grüße ich Sie recht herzlich als Ihr
Psychomeda-Berater Rainer J. G. Schmidt
Dipl. Sozialpädagoge mit positiver Psychologie
Rainerjg@T-Online.de – www.Rainer-JGS.de

P.S.: Wenn Sie noch Fragen haben oder eine Beratung wünschen, so können Sie sich schriftlich oder telefonisch unter 09961/7255 gerne direkt an mich wenden. Vergessen Sie aber bitte nicht, diese kostenlose Antwort zu bewerten und kurz zu kommentieren, denn ich wüßte doch gerne, ob ich Ihnen mit meiner Antwort helfen konnte. Herzlichen Dank und alles Gute!
Bewertung durch den Fragensteller:
Vielen Dank.

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