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Mein Bruder ist wegen Drogen und Alkohol untragbar für unsere Familie geworden!

Lui (m, 21) aus NRW:

Guten Tag,
meine Frage dreht sich um die Zwangseinweisung in die Geschlossene Psychiatrie. Mein Bruder ist Drogen- und Alkoholsüchtig und lebt nach nunmehr 14 Jahren in seiner eigenen Welt. Meine Familie und Ich, wir haben Jahrelang alles nur erdenkliche getan um ihm zu helfen, doch leider war alles erfolglos und vergeblich!

In einer Therapie, die er freiwillig anfing, hat er den Psychologen so fertig gemacht, daß er sich weigerte ihn weiter zu therapieren. Mein Bruder ist hochintelligent und weiß genau wie er andere Menschen manipulieren kann.

Er vermüllt außerdem in widerlicher Weise seine Wohnung und nur durch das aufräumen von mir und meiner Schwester, lässt es sich halbwegs drin leben, denn er ist selber nicht in der Lage alleine zu leben, aufzuräumen oder sich um irgend etwas, außer der Beschaffung seiner Suchtmittel zu kümmern
.
Deshalb meine Frage: Könnten wir ihn, auch gegen seinen Willen in eine Klinik einweisen lassen? Danke für Ihren fachkundigen Rat! Luisa

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:


Hallo liebe, ratlose Luisa!
Danke für Ihre Vertrauen, daß Sie sich in dieser, für Sie so bedrückenden und ausweglos scheinenden Situation an uns wenden! Entschuldigen Sie die späte Beantwortung Ihrer Frage, aber wir werden zur Zeit mit Anfragen überhäuft.

Wenn ich Sie recht verstanden habe, dann ist Ihr Bruder volljährig und wohnt seit längerer Zeit in einer eigenen Wohnung, aber Sie und Ihre Schwester betreuen ihn, schon seit 14 Jahren regelmäßig und so gut, daß er einigermaßen menschenwürdig leben und sich in „Ruhe“ um die Beschaffung seiner Drogen kümmern kann!

Entschuldigen Sie diese etwas provokante Formulierung, aber hier sehe ich den Dreh- und Angelpunkt des Sie schon so lange gefangen haltenden Problemes, denn süchtige Menschen verstehen es sehr gut, ihre Angehörigen und Freunde - soweit sie noch welche haben für Ihre krankhaften Suchtinteressen einzuspannen, wodurch sich der Leidensdruck in Grenzen hält und sie sich mehr oder weniger „ungestört“ Ihrer „Drogen-Kariere“ widmen können!

Sie werden dadurch ungewollt zu sog. co-abhängigen Betreuungspersonen gemacht, wodurch der Wille zum Ausstieg aus der Sucht, mangels ausreichenden Leidensdruckes gering, oder gar nicht vorhanden ist und von Ihnen somit ungewollt konterkariert wird!

Natürlich ist es überaus schmerzlich den eigenen Bruder leiden und verkommen zu sehen, aber genau das wäre der gesunde Ansatzpunkt unter dem Stichwort „Loslassen“ dieses erwachsenen Menschens, der seit längerer Zeit dabei ist, Ihre ganz Familie mit in den Strudel seines Teufelskreises zu reißen! Das Sie dabei bereits seit längerem an die Grenzen Ihrer Kräfte und Möglichkeiten gekommen sind, entnehme ich auch Ihrer so verzweifelten Anfrage nach Einweisung in eine geschlossen Anstalt.

Um Ihrer diesbezügliche Frage zu genauer zu beantworten: Es gibt bei uns in Deutschland dafür klare Regelungen, die ssich auf „Selbst- und Fremdgefährung“ beziehen und jeder niedergelassene Arzt kann eine solche Einweisung auch ganz kurzfristig veranlassen, die dann aber von der betroffenen Klinik innerhalb weniger Tage zur gerichtlich Überprüft dem zuständige Gericht vorgelegt werden muß.

In Ihrem Falle würde ich Ihnen vorschlagen, daß Sie es Ihrem Bruder schriftlich geben, daß Sie sich in Zukunft nicht mehr um ihn kümmern werden, damit er sich freiwillig zu einer Entziehungskur in eine Fachklinik einweisen läßt. Außerdem empfehle ich Ihnen Kontakte mit dem Sozialpsychiatrischen-Dienst Ihrer Stadt, oder des Landkreises aufzunehmen, wo Sie kostenlos beraten werden und auch bei der richtigen Vorgehensweise wertvolle Unterstützung bekommen können.

Sie könnten auch beim zuständigen Vormundschaftsgericht einen Antrag auf Betreuung Ihres Bruders durch einen fachkundigen Betreuer stellen. Aber ich würde Ihnen strikt abraten sich selbst als Betreuer einsetzen zu lassen, denn diese Aufgabe haben sie schon viel zu lange übernommen, ohne dabei die nötige gesunde Härte aufbringen zu können, die im Umgang mit süchtigen Menschen nötig ist, um bei ihnen den ernsthaften Willen für eine Therapie zu wecken.

Ein familienfremder Betreuer hätte dann auch die Möglichkeit und die Aufgabe in Absprache mit Ärzten, dem Gesundheitsamt und dem Vormundschaftsgericht, Ihren Bruder auch gegen seinen Willen in eine geschlossene Abteilung einer Klinik einweisen zu lassen.

Mir ist klar, daß es wohlmeinenden Familienangehörigen ganz und gar nicht leicht fällt, diesen Schritt zu tun, aber wie Sie ja klar erkannt haben, sind Sie mit Ihrem Konzept der liebevollen Betreuung im Hoffen auf den guten Willen Ihres Bruder schon längst gescheitert und haben dabei sicherlich viel, ja viel zuviel mitgemacht, erduldet und vor allem viel zu lange vergeblich auf Einsicht und Besserung gehofft!

Liebe Luisa, ich hoffe, daß ich Ihnen mit meinen Worten wieder Mut machen und eine Richtung weisen konnte, die Sie mit gutem Gefühl bejahen können! Vor allem aber wünsche Ihnen nun von ganzem Herzen viel Kraft und Zuversicht, bei der jetzt so notwendigen Schritt des Loslassens, in Absprache mit den anderen Familienangehörigen, damit für Beteiligten, einschließlich Ihres Bruders, der Lebenskompaß bald wieder in Richtung echter, unbeschwerter Freude zeigt! Auf Wunsch stehe ich Ihnen dabei auch weiterhin gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Für heute grüße ich Sie sehr herzlich als Ihr Lebensberater

Rainer J. G. Schmidt – E-Post@Rainer-JGS.de
Dipl. Sozialpädagoge mit positiver Psychotherapie
D-94360 Mitterfels – Burgstraße 7 – Tel. 09961/7255

P.S.: Wenn Sie noch Fragen haben, oder eine regelmäßige Online-Beratung wünschen, so können Sie sich gerne auch direkt an mich wenden. - Vergessen aber Sie bitte nicht, diese kostenlose Antwort zu bewerten und wenn möglich, auch kurz zu kommentieren - herzlichen Dank und alles Gute!

Bewertung durch den Fragensteller:
Danke! Die Antwort hat mir auf jeden Fall neue Denkanstöße gegeben

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