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Bin ich depressiv? Oder habe ich Borderline?

Guitarplayer (w, 15) aus Schkeuditz:

Hallo,

ich will mich erstmal vorstellen. Ich bin 15 Jahre alt und gehe auch noch zur Schule, bin jetzt 10. Klasse. Ich ritze mich (SVV) seit jetzt fast einem Jahr. Ich fühle manchmal diese 'Leere' in mir oder ein negeativ prägendes Ereignis, hat mein Leben 'berührt', dann komt wieder der Drang zu ritzen. Ich habe auch Selbsmordgedanken gehabt. Ich habe seit längerem ein Freund, der mich ein wenig festhält, sodass ich weiss, dass mich wenigstens einer vermissen würde, wenn es mich nicht mehr gäbe. Man muss dazu auch sagen, dass ich in der Schule oft gemobbt werde, was die ganze Sache nicht gerade einfacher macht. Nun wollte ich einfach nur fragen, ob ich depressiv bin, oder ob das einfach mit der Pubertät zusammenhängt oder ob ich doch Borderline habe oder Sonstiges.

Ich würde mich echt freuen, wenn sie mir antworten, sie sind meine letzte Hoffnung.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Guitarplayer,

Du ritzt Dich seit ungefähr einem Jahr, bist wahrscheinlich oft traurig und ich nehme an auch sehr oft hilflos. Deine Gefühle fahren mit Dir ja ganz schön Karussell, nicht wahr? Was Du beschreibst stelle ich mir ganz schön unangenehm vor.

Nun willst Du wissen, ob Du depressiv bist oder gar an einer Borderline-Persönlichkeits-Störung erkrankt bist - oder ob alles einfach nur mit den Stimmungsschwankungen der Pubertät zusammen hängt. Zunächst möchte ich sagen, dass ich von hier aus gar keine Diagnose stellen darf - und auch gar nicht kann. Die Symptome können zu den vermuteten Krankheitsbildern gehören - jedoch auch zu anderen. Zudem darf eine Borderline-Persönlichkeits-Störung frühestens ab dem 18. Lebensjahr diagnostiziert werden.

Zunächst bitte ich Dich, die Nummer der kostenlosen Telefonseelsorge zu notieren und diese anzurufen, solltest Du mal wieder soweit sein, Dir Gedanken zu machen welchen Sinn das Leben an sich hat: 0800/111 0 111 · 0800/111 0 222 (kostenlos, rund um die Uhr)

Ich möchte zunächst mit einer kurzen Erklärung der Gefühlswelt antworten. Unsere Gefühle sollen uns zeigen was uns gut tut und was nicht. Wenn wir angenehme Gefühle haben, dann sind unsere Bedürfnisse erfüllt - erleben wir hingegen unangenehme Gefühle, dann sind unsere Bedürfnisse nicht erfüllt. Somit ist ein angenehmes Gefühl ein Signal genauso weiterzumachen, weil es uns gut tut - ein unangenehmes Gefühl hingegen ist ein Signal, etwas zu ändern, weil uns etwas nicht gut tut.

Im Laufe der Entwicklung lernen Kinder nun, genau dieser Verknüpfungen anzulegen und darauf zu reagieren. Es ist jedoch auch möglich, dass jemand lernt, unangenehme Gefühle auszuhalten und keine Veränderung vorzunehmen. Genau das ist der Fall bei Stimmungsschwankungen - dass die Gefühle anzeigen dass es Bedürfnisse gibt, die nicht erfüllt sind. Jedoch fehlt die Verknüpfung im Gehirn, auf dieses Signal auch zu reagieren. Und die unangenehmen Gefühle kommen dann genau in den Momenten, in denen man sie am wenigsten erwartet und auch am wenigsten gebrauchen kann. Dann kann es so scheinen, dass die Stimmungsschwankungen 'ohne Grund' auf einen zukommen. Zudem kann man sie ja gar nicht interpretieren und weiß nichts damit anzufangen. Das macht wieder unsicher - und so entsteht ein Teufelskreis - oder gar eine innere Leere.

Dazu kommt noch, dass eine geringe Ausprägung von Stimmungstiefs in der Pubertät ganz normal ist. In dieser Zeit der Veränderung mußt Du so viele Anforderungen bewältigen und alles ändert sich in Bezug zu früher - das ist manchmal alles ein bißchen zuviel. Kommen dann auch noch Probleme dazu, für die Du zuwenig Unterstützung bekommst, dann sind stärkere Stimmungsschwankungen schon vorprogrammiert.

Die gute Nachricht ist: Diese Fähigkeit ist erlernbar. Es ist also möglich, sich so zu verändern, dass Du auf Stimmungsschwankungen reagieren kannst, diese mit der Zeit weniger werden und diese womöglich eines Tages sogar ganz ausbleiben.

Dazu solltest Du ein paar Stunden therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Falls Du Dir unsicher bist, wo Du hingehen sollst: Ich empfehle einen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten (dort bist Du richtig bis zum 21. Lebensjahr). Du kannst Dich auch an die Schulpsychologische Beratungsstelle wenden. Dort bekommst Du einen kostenlosen Termin wenn Du sagst, dass es ein Thema gibt das Dich vom Lernen abhält. Den Link zum Schulamt habe ich unten eingefügt.

Deinem Nick entnehme ich, dass Du Freude hast, am Gitarre spielen? Vielleicht kann das für Dich eine Möglichkeit sein, Zugang zur Gefühlswelt zu bekommen?

Ich wünsche Dir viel Kraft für diese spannende Zeit. Du wirst sehen - Du schaffst das!

Herzlicher Gruß
Shivani Allgaier
Diplompsychologin
Bewertung durch den Fragensteller:
Die Antwort hat mir sehr geholfen, ich weiss jetzt was ich machen muss, danke!!!





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