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Wir waren glücklich und dann musste ich ihn einweisen lassen

Anni (w, 36) aus Herne: Hallo! Ich weiß nicht was ich machen soll. Ich hatte bis vor ein paar Wochen eine supertolle Beziehung. Es passte einfach einwandfrei. Plötzlich hat sich der Charakter meines Freundes geändert.Er fing an mir Sachen zu unterstellen (Fremdgehen,usw...)Er fing auch an wirres Zeug zu reden. Wollte mit mir zusammen sterben und noch ganz andere Sachen. Hat Dinge gesehen, die nicht da waren. Dann eskalierte es und ich musste ihn Zwangseinweisen lassen. Dort wurde alles erst richtig schlimm. Er wollte aus dem Fenster springen und musste fixiert werden. Nach ein paar Tagen ist er aus dem Krankenhaus geflüchtet und wohnt jetzt bei einem Freund weiter weg. Dann fing er an mir zu drohen, ich würde nie wieder in meinem Leben glücklich werden. Das schlimmste ist,meine Gefühle zu ihm sind noch sehr stark und er schreibt mir noch regelmäßig. Was soll ich tun? Alle sagen, den Kontakt abbrechen. Aber er redet von Selbsttötung und damit würde ich niemals fertig werden.Er war die Liebe meines Lebens und daher weiss ich nicht wie ich mich verhalten soll. Zur Zeit schreibt er mir wieder sehr nett und sagt auch,dass ich die Liebe seines Lebens bin und er ohne mich nicht leben kann.Er würde alles wieder gutmachen.Er weint immer und leidet auch sehr darunter. Er will sich aber nicht psychologisch helfen lassen. Gesehen habe wir und seitdem nicht. Wie soll ich mich verhalten?
Danke für Ihre Hilfe!

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Anni,
Danke für Ihre E-Mail und Ihr Vertrauen, sich an uns zu wenden.
Sie schreiben, dass Ihre Beziehung sehr gut war und sich Ihr Freund dann plötzlich geändert hat. Es wurde so schlimm, dass Sie ihn haben einweisen lassen und er Sie nach seiner Flucht vom Krankenhaus weiter bedroht hat. Jetzt setzt er Sie immer wieder mit der Androhung, sich selbst zu töten, unter Druck. Sie schreiben, dass Ihre Gefühle für ihn noch stark sind und fragen, wie Sie mit der Situation umgehen sollen. Er lehnt bisher jede psychologische Hilfe ab und Sie wissen nicht weiter, weil Sie starke Gefühle haben. Was sind das für Gefühle? Gefühle für den Menschen, der er am Anfang war? Das Gefühl helfen zu müssen? Gefühle, etwas noch retten zu können? Das Gefühl, dass Sie beide wieder zusammen kommen können?

Die wichtigste Frage, die Sie sich selbst stellen müssen, ist die: wie geht es mir dabei? Bin ich körperlich und seelisch ausgeglichen und gesund, oder muss ich zunächst auf mich aufpassen? Wenn Sie einen solchen Wandel mit einer Einweisung erlebt haben, dann war das eine große Anstrengung und mit Sicherheit sehr belastend für Sie. Wo tanken Sie auf, wo bekommen Sie Unterstützung? Das ist die allerwichtigste Frage. Können Sie gut schlafen, sind Sie körperlich gesund, haben Sie Angstgefühle oder passen Sie auf sich auf und es geht Ihnen gut?

Ihr Freund braucht tatsächlich Unterstützung. Es kann sein, dass dies ein einmaliges Erleben war, es kann aber auch wiederkommen. Eine Einweisung und Fixierungen sind für ihn und andere notwendig gewesen, allerdings ist so etwas für den Betroffenen auch schwer zu verkraften und es ist ganz wichtig, dass er psychologische Hilfe bekommt von jemandem, dem er vertraut. Zunächst könnten Sie ihm schreiben, dass Ihre Beziehung nur noch eine Chance hat, wenn er sich diese Hilfe sucht. Selbst wenn es dauern kann, bis er den richtigen Therapeuten gefunden hat, so ist es seine Aufgabe, diesen zu suchen. Er ist vermutlich erschrocken über sich selbst, hilflos in so eine Situation geraten zu sein, es ist ihm peinlich und er versucht jetzt Sie zu halten, in dem er mit dem einzigen Mittel, das ihm bleibt, droht, nämlich mit Selbsttötung. Das ist ein sehr sehr unfaires Mittel, zeigt aber auch, dass er Hilfe sucht. Er ruft mit dieser Androhung vermutlich um Hilfe, weiß aber nicht, wo er diese bekommen soll. Seine Erfahrungen im Krankenhaus tragen nicht dazu bei, sich dort wieder Hilfe zu holen. Sie können ihn ermutigen, sich andernorts Hilfe zu suchen. Es kann auch für ihn eine Erleichterung sein, wenn ihm jemand sagen kann, ob er eine Krankheit hat, ob es eventuell ein einmaliges Erleben war oder wie er sich zukünftig davor schützen kann. Es ist schwer, sich einzugestehen, dass man psychisch krank sein könnte. Aber es ist nicht gut, wenn man es ignoriert, denn dann kann man sehr viel verlieren.

Es ist jedoch häufig so, dass Menschen, die ein solches Erleben haben, keine Krankheitseinsicht zeigen und somit keine Hilfe suchen. Es ist wichtig einen Moment bei ihm zu finden, in dem er erkennt, dass er Unterstützung braucht. Das kann, muss aber nicht Ihre Aufgabe sein. Denn zunächst ist es wichtig, dass Sie an sich denken. Auch wenn Sie den Kontakt abbrechen und er wirklich alleine ist und somit die Konsequenzen seines: „Ich nehme keine psychologische Hilfe in Anspruch“ erkennt, besteht die Chance, dass er es dann doch tut und Sie irgendwann wieder zusammenfinden. Oder Sie erkennen, dass er sich jetzt um sich und Sie sich auch um sich kümmern müssen. Manchmal ist Loslassen die einzige Chance, dass jemand zu sich findet. Wichtig ist, sich nicht unter Druck setzten zu lassen. Er ist für sein Leben verantwortlich und Sie sind für sich verantwortlich. Sie haben nur eine Chance, wenn er sich Unterstützung holt. Wenn er das ablehnt, ist das auch eine Antwort.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft, aber auch den Mut nach vorne zu schauen und immer zu sehen, dass das Leben weiter geht, wenn wir nicht stehenbleiben.

Herzliche Grüße

Andrea Köhler

Heilpraktikerin für Psychotherapie
Bewertung durch den Fragensteller:





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