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Ohne meinen Partner verzweifle ich regelmäßig... was kann ich tun?

Merle (w, 17) aus Ulm:

Liebes Team,

Vor 2 Jahren wurde bei mir die Borderlinestörung diagnostiziert. Seit der Therapie, die ich dann hatte bin ich im Alltag heute stabil und in meinem Leben ging es aufwärts. Nun bin ich seit 2 Monaten in einer Beziehung und mein Partner hat dieselbe Störung, allerdings hat er es laut Therapeuten ebenfalls 'im Griff'.

Sobald mein Partner ankündigt, bald gehen zu müssen, bekomme ich aber regelrechte Panikzustände und muss mich zurückhalten nicht auszurasten. An Tagen, an denen wir uns nicht sehen können, fühle ich mich einfach nur elend. Er sagt mir oft dass er mich liebt, und trotzdem zweifle ich daran. Ich habe wahnsinnige Angst vor der Zukunft, und davor, ihn zu verlieren, bekomme Nervenzusammenbrüche wenn ich mir die Frage stelle ob wir in ein paar Jahren noch zusammen sind und kann nichts dagegen tun.
Auf seiner Seite ist das Ganze ähnlich: Er erzählt oft von schlimmen Albträumen, in denen er mich verliert und dass ich ihm auf krankhafte Weise fehlen würde.

Bis jetzt läuft es perfekt, aber mir wurde gesagt, das könnte jederzeit kippen, weil Borderline nicht heilbar ist und unsere Beziehung beeinflusst. Außerdem würde ich meinen Partner zu sehr idealisieren, was schnell in die andere Richtung umschlagen kann (etwas ähnliches ist mir vor etwa 2 Jahren schon einmal passiert, damals war ich nicht so stabil wie jetzt!)

Ist unsere Beziehung noch 'normal' oder schon extrem? Und zeigt sich die Borderline Störung doch? Kann so eine Beziehung überhaupt dauerhaft funktionieren?
Danke im Vorraus!
Merle

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Merle,

mich wundert ehrlich gesagt, dass Ihnen jemand vor 2 Jahren (also im Alter von 15 Jahren!) eine Borderline Persönlichkeits-Störung (BPS) diagnostiziert. Laut Richtlinien darf diese Diagnose frühestens ab dem 18. Lebensjahr vergeben werden - ich selber würde damit sogar eher noch bis zum 20. Lebensjahr warten.

Denn was die Symptome einer BPS sein können - das kann in den Jugendjahren auch einfach Ausdruck von Stimmungsschwankungen sein. Diese können sich dann im Alter von ca. 20 Jahren stabilisieren - oder eben zu einer BPS verfestigen.

Wie lange Ihre Beziehung hält - das kann ich ohne meine Glaskugel leider nicht sagen - also Scherz beiseite: niemand weiß wie lange eine Beziehung gehen wird.

Deine Gefühle fahren mit Dir ja ganz schön Karussell, nicht wahr? Was Du beschreibst stelle ich mir ganz schön unangenehm vor: Du brauchst Deinen Partner und ständig brichst Du zusammen weil Du daran zweifelst, dass ihr zusammen bleiben könnt.

Zunächst bitte ich Dich, Dir die Nummer der kostenlosen Telefonseelsorge zu notieren und diese anzurufen, solltest Du mal wieder ganz verzweifelt sein: 0800/111 0 111 · 0800/111 0 222 (kostenlos, rund um die Uhr)

Unsere Gefühle sollen uns zeigen was uns gut tut und was nicht. Wenn wir angenehme Gefühle haben, dann sind unsere Bedürfnisse erfüllt - erleben wir hingegen unangenehme Gefühle, dann sind unsere Bedürfnisse nicht erfüllt. Somit ist ein angenehmes Gefühl ein Signal genauso weiterzumachen, weil es uns gut tut - ein unangenehmes Gefühl hingegen ist ein Signal, etwas zu ändern, weil uns etwas nicht gut tut.

Im Laufe der Entwicklung lernen Kinder nun, genau dieser Verknüpfungen anzulegen und darauf zu reagieren. Es ist jedoch auch möglich, dass jemand lernt, unangenehme Gefühle auszuhalten und keine Veränderung vorzunehmen. Genau das ist der Fall bei Stimmungsschwankungen - dass die Gefühle anzeigen dass es Bedürfnisse gibt, die nicht erfüllt sind. Jedoch fehlt die Verknüpfung im Gehirn, auf dieses Signal auch zu reagieren. Und die unangenehmen Gefühle kommen dann genau in den Momenten, in denen man sie am wenigsten erwartet und auch am wenigsten gebrauchen kann. Dann kann es so scheinen, dass die Stimmungsschwankungen 'ohne Grund' auf einen zukommen. Zudem kann man sie ja gar nicht interpretieren und weiß nichts damit anzufangen. Das macht wieder unsicher - und so entsteht ein Teufelskreis. Wenn es ganz stark ist kann sich daraus eine Borderline Persönlichkeitsstörung entwickeln. Ob das bei Dir bereits so ist kann ich aus der Distanz gar nicht sagen.

Dazu kommt noch, dass eine geringe Ausprägung von Stimmungstiefs in der Pubertät ganz normal ist. In dieser Zeit der Veränderung mußt Du so viele Anforderungen bewältigen und alles ändert sich in Bezug zu früher - das ist manchmal alles ein bißchen zuviel. Kommen dann auch noch Probleme dazu, für die Du zuwenig Unterstützung bekommst, dann sind stärkere Stimmungsschwankungen schon vorprogrammiert.

Für Sie heißt das, dass es Themen im Leben gibt, bei denen Du nicht auf Deine Bedürfnisse gehört hast. Die gute Nachricht ist: Diese Fähigkeit ist erlernbar. Es ist also möglich, sich so zu verändern, dass Du auf Stimmungsschwankungen reagieren kannst, diese mit der Zeit weniger werden und womöglich eines Tages sogar ganz ausbleiben.

Dazu solltest Du ein paar Stunden therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Falls Du Dir unsicher bist, wo Du hingehen sollst: Ich empfehle Dir einen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten (dort bist Du richtig bis zum 21. Lebensjahr). Du kannst Dich auch an die Schulpsychologische Beratungsstelle wenden. Dort erhältst Du einen kostenlosen Termin wenn Du sagst, dass es ein Thema gibt das Dich vom Lernen abhält. Den Link zum Schulamt habe ich unten eingefügt.

Ich wünsche Dir viel Kraft für diese spannende Zeit. Du wirst sehen - Du schaffst das und Ihr könnt das auch gemeinsam schaffen!

Herzlicher Gruß
Shivani Allgaier
Diplompsychologin
Bewertung durch den Fragensteller:





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