Navigation Psychomeda.de
Das Psychologie-Portal

Selbsthass, Selbstmordgedanken, Selbstverletzung nach Missbrauch

sassi (w, 20) aus wutöschingen: Hallo liebes psychologen Team, ich habe das Problem, dass ich von meinem selbsthass nicht mehr wegkomme..
Ich habe einiges mitgemacht, würde mit 15 Jahren vergewaltigt, meine Eltern sind geschieden, meine Mutter war alkoholkrank bis ich 16 Jahre alt war, meinem Vater bin ich seid einigen Jahren egal und mein stiefvater ist Immernoch Alkoholiker und sehr oft aggressiv. Ich wurde in der Schule gemobbt, hatte nie wirklich Freunde.. usw. Ich verletzte mich seid 6 Jahren selbst und dafür hasse ich mich auch aber es tut gut.. Ich habe schon einmal versucht mich umzubringen.. war dann einmal in der Woche bei einer therapeutin und habe Antidepressiva genommen, der Arzt der mir die Tabletten verschrieben hat ist in Rente gegangen dann habe ich sie abgesetzt, seitdem denke ich wieder jeden Tag über Selbstmord nach, aber manchmal habe ich auch panische Angst vor dem Tod oder irgendetwas falsch zu machen ich verstehe mich selbst nicht mehr, ich will nicht so sein wie ich bin, kann man dagegen irgendwas machen? Habe auch versucht mit meiner Mutter ein bisschen darüber zu reden, aber sie versteht mich einfach nicht, genau wie ich. Ich hoffe ich bekomme eine Antwort von Ihnen, vielen dank im voraus mit freundlichen grüßen sassi

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Sassi,

zunächst möchte ich meine Hochachtung zum Ausdruck bringen, dass Sie den Mut gefasst haben, Ihre Probleme auszusprechen und als ersten Weg zu einer wirklichen Hilfe, Ihre Bitte nach einem Rat formuliert haben.

Sie beschreiben Ihre Entwicklung bis heute vor wirklich erschreckenden Rahmenbedingungen, die es Ihnen definitiv nicht leicht gemacht haben, Ihre Energie, positive Lebenseinstellung und ein von Sorgen und Ängsten halbwegs freies Leben zu entfalten. Ihr Leben scheint von einem geringen Selbstvertrauen und einem nicht ausreichenden Selbstwertgefühl geprägt. Umso bemerkenswerter war Ihr Entschluss sich einer Therapie unter anderem mit der Einnahme von Antidepressiva zu kümmern und diese zu beginnen. Häufig ist bereits der Entschluss und der Beginn sich ärztlich-therapeutischen Rat und Unterstützung zu suchen, der Beginn eines positiven Veränderungsprozesses hin zu einem besseren und wünschenswerten Lebensgefühl.

Alleine schon der Hinweis auf eine Vergewaltigung und das noch im Alter von 15 Jahren wäre schon Anlass genug gewesen, Sie dringend therapeutisch zu betreuen und zu unterstützen. Derartige traumatische Ereignisse holen Menschen leider immer wieder ein, wenn diese nicht gemeinsam mit auf Traumata spezialisierten Therapeuten be- und verarbeitet werden. Dies zusammen mit den familiären Umständen und der Alkoholerkrankung in Ihrem nächsten Umfeld sowie der von Ihnen sicher als belastend wahr genommenen Aggressivität Ihres Stiefvaters haben wohl zu Ihrer psychischen Situation beigetragen. In der Folge beschreiben Sie bei sich selbst einen ausgeprägten Selbsthass, Selbstmordgedanken, Ängste und Panik sowie eine schon sehr lange anhaltende Neigung zur Selbstverletzung. Selbstverletzungen dienen in der Regel dem Abbau unerträglicher innerer Spannungen, was zumindest kurzzeitig gelingt, aber auch wiederum ein schlechtes Gewissen bereitet und dann wieder zu inneren Spannungen führen kann. Ein Teufelskreis. Natürlich ist Ihnen klar, dass Selbstverletzungen keine Lösung der Probleme darstellen, aber nur in einem Therapieansatz, der Ihre bisherige Lebensumstände, die Traumata, Ängste etc. mit einbezieht, können Sie lernen, dass Sie völlig andere und gut funktionierende Bewältigungsmechanismen (Ressourcen) haben. Sie erschrecken, wie Sie schreiben, selbst über Ihre Selbstmordgedanken und diese machen Ihnen Angst. Dass zeigt Ihnen, dass Sie über mehr Ressourcen, Kraft und Lebensenergie verfügen, sich mit Ihren Problemen auseinanderzusetzen, als Sie glauben. Nutzen Sie dringend diese Energie und suchen sich ärztlichen und therapeutischen Rat. Sie haben ja die Erfahrung gemacht, dass die Medikamente Ihnen gut getan haben. Beachten Sie bitte, dass es seine Zeit braucht, bis die Wirkung wie gewünscht einsetzt und Sie von Ihrem Arzt optimal eingestellt werden. Die Selbstmordgedanken sind absolut sehr ernst zu nehmen und dürfen keinesfalls klein geredet werden. Mit diesem Problem sollten Sie unbedingt und sofort (!) beginnen und einen Arzt aufsuchen.
Aufgrund Ihrer Problemschilderung ist es sehr empfehlenswert, dass Sie sich als einen zweiten Schritt eine psychotherapeutische Behandlung suchen und beginnen. Hier können Sie zunächst einmal über die caritativen oder andere Sozialstellen (die das meist ehrenamtlich arbeiten) ein Gespräch und erste Hilfe suchen, sofern Sie nicht gleich einen Therapieplatz suchen und bekommen. Fragen Sie im Zweifel bei Ihrem Sachbearbeiter bei der Krankenkasse nach und wenn sich gar nichts bewegt, können Sie sicher jederzeit selbst in einem Fachkrankenhaus freiwillig stationär einweisen. Das klingt jetzt sicher etwas abschreckend, ist aber durchaus ein schneller und sehr wirkungsvoller Weg, sich in eine zielführende Behandlung zu begeben, woraus sich dann meist alles andere weiter ergibt.

Was die Gespräche mit Ihrer Mutter angehen, so ist es immer wieder für Angehörige schwer, sich in die Lage und die Probleme hineinzuversetzen und Verständnis dafür zu entwickeln – und noch viel schwieriger zu helfen. Schauen Sie sich in Ihrem Bekannten und Freundeskreis um, vielleicht haben Sie den einen oder anderen Menschen, der Sie zu Terminen zumindest begleiten kann.
Ich spreche Ihnen an dieser Stelle den Mut und die Kraft zu, sich selbst Hilfsangebote aktiv zu suchen. Und bedenken Sie, Sie haben ja schon erste positive Schritte und bereits erste positive Erfahrungen gemacht.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie schnell Unterstützung und Hilfe bekommen und weiterhin mutig und mit Kraft professionelle Hilfe suchen und finden. Ich hoffe, Ihnen in dieser Kürze etwas geholfen zu haben. Sollten Sie Fragen haben, können Sie mich gerne ansprechen.

Herzliche Grüße

Ulrich Kritzner
(Heilpraktiker für Psychotherapie)

Mehr zum Thema auf Psychomeda

Online-Beratung

Auf Psychomeda beantworten Psychologen und Therapeuten Ihre Fragen unentgeltlich. Jetzt online Ihre Frage stellen...


Therapeuten

Zuletzt aufgerufene Therapeuten-Seiten. Therapeut, Coach, Berater? Eintragen...


Beliebt auf Psychomeda


TwitterSocial Feed



Folgen Sie uns auf Twitter


Qualität

Psychomeda ist ein unabhängiges psychologisches Informations- und Beratungsportal von Psychologen und Therapeuten. Wir informieren evidenzbasiert und auf wissenschaftlicher Grundlage. Weiter