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Ich wurde als Kind missbraucht und leide heute stark unter Verlustängsten

Girl28 (w, 28) aus Ottendichl: Hallo Psychomeda-Team.
Ich wurde als Kind ca. 5 Jahre sexuell missbraucht. Von meinem Stiefvater und seinem ehemaligen besten Freund. Es kam meines Wissens nie zum Geschlechtsverkehr. Allerdings habe ich in der Beziehung erhebliche Erinnerungslücken oder besser gesagt die Erinnerung daran ist sehr verschwommen. Erzählt habe ich es meinem Bruder, meiner Oma und einmal einer Brieffreundin, was auch schon sehr lang her ist, aber sonst nie mehr darüber geredet.
Ich habe heute enorme Verlustängste und grad bei meinem Partner immer wieder Angst, seine Erwartungen nicht zu erfüllen und dadurch seine Zuneigung nicht zu bekommen. Oft war dies sogar ein Trennungsgrund. Weil ich meinte, er mag mich nicht oder meine Empfindlichkeit auf das Erlernte, dass ich sowieso für niemanden wirklich was wert bin, sondern dass ich dafür was leisten muss, kommt wieder durch.
Kann das einen Zusammenhang haben? Bisher bin ich immer gut klar gekommen und brauchte deswegen auch keine professionelle Hilfe. Auch mein Sexualleben scheint normal. Aber ich mach mir halt Gedanken, ob diese Ängste und das Weglaufen, wenn was weh tut in einer menschlichen Beziehung, davon kommen könnte und die Frage ist, ob man was dagegen tun kann.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Girl28,

eine schreckliche Geschichte, die Sie da schreiben und berechtigterweise stellen Sie sich die Frage, ob Ihre damaligen Erlebnisse etwas mit Ihrem heutigen Leben zu tun haben könnten.

Sie haben selbst schon Einiges erkannt, dass Sie unter Verlustängsten leiden, glauben, nie gut genug zu sein, für Liebe etwas leisten zu müssen und dass Sie wenig Selbstwertgefühl haben. Erinnerungen an Missbrauch sind oft verschüttet oder nur sehr verschwommen. Das ist ein Mechanismus der Seele, sich zu schützen. Verdrängung und Abspaltung der Geschehnisse, um überleben zu können. Oftmals aber kommen Jahre oder sogar Jahrzehnte später diese verdrängten Traumata an die Oberfläche und erzeugen Symptome, die der betroffene Mensch nicht mehr in Beziehung zu damals setzt. Das stellen Sie momentan noch nicht fest. Was mir auffällt ist, dass Sie sich damals Ihrer Mutter nicht anvertraut haben. Das deutet auf ein gestörtes Verhältnis hin, evtl. darauf, dass die Mutter es nicht sah oder sehen wollte, womöglich Ihnen die Schuld zuschob und noch in die gleiche Kerbe schlug, dass Sie nichts wert sind. Auch Ihre Oma hat nicht geholfen, oder hat sie es angezeigt? Missbrauch ist zutiefst verstörend und verletzend, wertet ab und der Täter tut das Seinige dazu, sich als Opfer zu fühlen wie ein Stück Müll.

Wie sollen Sie damit nun Vertrauen haben zu Menschen, die in engen Beziehungen zu Ihnen stehen? Sie haben in der wohl bisher schlimmsten Zeit Ihres Lebens keine Unterstützung von Ihren Bezugspersonen erhalten, waren alleine auf sich gestellt. Verständlich, dass Sie weglaufen, es könnte der damalige Schmerz wieder präsent werden, es wäre nicht zum Aushalten und so laufen Sie weg. Ich denke, Sie sollten sich therapeutische Unterstützung holen, um Ihre Geschichte aufzuarbeiten. Aus diesem therapeutischen Prozess kann sich dann für Sie die Chance ergeben, Ihr Selbstbild positiv zu verändern, was wiederum Einfluss auf Ihre Ängste haben und Ihnen mehr Gelassenheit im Umgang mit Ihnen nahen Menschen vermitteln kann. So würde auch Ihre Konfliktfähigkeit gestärkt und Sie müssten nicht mehr weglaufen, weil Sie gelernt haben, dem Schmerz zu begegnen, sich mit ihm auseinanderzusetzen und ihn zu integrieren.

Vielleicht mögen Sie zusätzlich eine Entspannungsmethode erlernen, z.B. Autogenes Training oder Yoga, Tiefenentspannung oder Muskelentspannung nach Jacobsen. Das kann Ihnen helfen, aus Anspannung und Stress herauszukommen und mehr Vertrauen in sich und Ihren Körper und die Seele zu gewinnen.

Sie sehen, Sie können etwas tun, es gehört Mut dazu und Kraft, Sie haben es in der Hand. Ich wünsche Ihnen diese Kraft und den Mut, sich Hilfe zu holen, um eine Partnerschaft erleben zu können als etwas Bereicherndes und Schönes, ohne Angst und ohne Misstrauen.

Herzliche Grüße und die besten Wünsche für das Jahr 2013!

Claudia Schmitt

Heilpraktikerin für Psychotherapie
www.schmitt-hp-psych.de

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