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Zermürbender Familienkonflikt

Malu33 (w, 33) aus Potsdam: Familienkonflikt

Hallo,ich stehe zwischen den Fronten und weiß nicht, wie ich mich richtig verhalten soll. Meine Tante (52) ist jetzt zum wiederholten Male (geführt von ihrer tiefen Wut und den seelischen Verletzungen aus ihrer Kíndheit) gegenüber meiner Oma (74) im Streit handgreiflich geworden. Die beiden haben keine gute Beziehung zueinander und leben aber (zwangsläufig) zusammen in einem Haus. Diese Tante ist (von 3 Geschw.) die einzige, die dieses Grundstück eines Tages übernehmen soll und sich irgendwie 'dem Familienbesitz' gegenüber verpflichtet fühlt, aber große Angst vor der Belastung hat, da sie alleinstehend ist.

Sie 'quält' sich seit Jahren mit der Situation, hat eine ambulante Psychotherapie gehabt (wo sich diese Angst und die Beziehung zu ihrer Mutter herauskristalisierte). Oma weiß nichts davon. Mit dem Tod meines Opas vor 1 J. haben sich die Auseinandersetzungen zwischen den beiden zugespitzt. Die schwere negative Art meiner Oma ist für uns alle sehr schwer zu ertragen, dennoch muss es einen anderen Weg geben als handgreiflich zu werden.

Meine Oma, Kind der Kriegsgeneration, erlebte eine harte Kindheit, viel emotionale Kälte von ihrer Mutter. Die tiefen Verletzungen aus dieser Zeit sind bei ihr nie verheilt, haben sie zu einer sehr schwermütigen, harten aber auch unsicheren, gutmütigen Frau gemacht hat, die ihren Kinder auch keine Wärme/Nähe geben konnte.

Der Konflikt der beiden hat unsere Familie zerrissen und uns alle viel Kraft gekostet. Was kann ich tun?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Malu33,

danke für Ihren Beitrag, aus dem einige Resignation und Ratlosigkeit herauszulesen ist. Die genauen Umstände kann ich nicht vollständig erfassen, aber offensichtlich ist Ihre Großmutter auf Hilfe angewiesen.

Es gibt leider kein 'Gesetz' oder ähnliches, um konfliktbehaftete Beziehungen innerhalb von Lebensgemeinschaften (so wie die zwischen Ihrer Oma und Ihrer Tante eine ist) zu 'beseitigen' oder zu 'behandeln'.

Viel wichtiger ist die Frage, wie Sie persönlich damit umgehen können, denn Sie sind es ja, die einen Leidensdruck vespürt und hier schreibt. Vielleicht fühlen Sie sich 'ohnmächtig' Ihrer Tante gegenüber, so, also ob Sie 'nichts machen könnten'. Natürlich können Sie die Handgreiflichkeiten Ihrer Tante zur Anzeige bringen, denn ein solches Verhalten verbietet sich in jeder Hinsicht, aber ganz besonders gegenüber Schutzbefohlenen wie einer pflegebedürftigen Seniorin. Die 'ultima ratio' wäre also eine Anzeige bei der Polizei. Bedenken Sie dabei, daß Sie damit das akute Leiden Ihrer Großmutter vermindern, aber vermutlich auch einer Eskalation der gesamten familiären Situation Vorschub leisten würden.

Sie schreiben, daß der Konflikt Ihre 'Familie zerrissen hat'. Was heißt das? Daß Sie alleine sich um das Wohl Ihrer Oma kümmern? Oder heißt das, daß Sie Verwandte haben, die Ihrer Sicht nahestehen? Wenn ja, verabreden Sie sich bitte mit zuerst mit diesen Personen zu einem 'Familienrat' und diskutieren, wie Sie mit der Situation am besten zum Wohle Ihrer Großmutter verfahren könnten. Eine Trennung der Lebensgemeinschaft wird vermutlich unumgänglich sein. Wenn Sie einen realistischen Plan erarbeitet haben, rufen Sie zu einem nächsten Termin auch die übrigen Familienmitglieder - einschließlich der Tante - zusammen und stellen Ihren Plan vor. Wichtig ist es dabei, zu begründen, warum Sie (und Ihre 'Verbündeten') eine Auflösung der gespannten Situation anstreben (z. B. Ihre Sorge um das körperliche und seelische Wohl Ihrer Oma) und daß Sie keine Schuldzuweisungen vornehmen.

Wenn Sie sich auf dieses Prozedere nicht einlassen können, vielleicht, weil Sie sich selbst als 'zu schwach' empfinden, wenden Sie sich an das zuständige Sozialamt des Wohnortes Ihrer Oma. Dort finden Sie Gehör und tatkräfige Hilfe, wenn es darum geht, die seelische und körperliche Lebenssituation eines alten Menschen einzuschätzen und für notwendige Veränderung zu sorgen. Gedanken, wer sich 'für das Grundstück' verantwortlich fühlt, dürfen in all diesen Betrachtungen keine Rolle spielen, es geht um das Wohl eines hilfebedürftigen Menschen, Ihrer Oma! Gerade, wenn sich Ihre Tante ohnehin von der Verantwortung überlastet fühlt, ist ein Verkauf durchaus eine sinnvolle Alternative, vor allem vor dem Hintergrund meiner Vermutung, daß Ihre Oma ohnehin auf externe Hilfe bei der Bewältigung ihres Lebens angewiesen zu sein scheint.

Die 'psychologischen' Verflechtungen hinsichtlich der Lebensgeschichten Ihrer Familie sind zwar - therapeutisch betrachtet - von höchstem Interesse, dürfen aber jetzt, in diesem Augenblick, nur eine untergeordnete Rolle spielen. Wenn Sie es für sich selbst wünschen, können Sie mit Hilfe eines Therapeuten die Bedeutung dieser Geschichten für Ihr eigenes Leben erforschen. Über eine solche Arbeit könnten auch Sie zu mehr Verständnis für alle Beteiligten gelangen. Wie gesagt, dies steht in meinen Augen im Augenblick nicht im Vordergrund.

Für die Klärung der momentanen Situation könnten Sie allerdings auch auf einen Mediator, Therapeuten oder Coach zurückgreifen, um Handlungsstrategien zu entwickeln oder eine Familienkonferenz moderieren zu lassen, um eine eventuelle Eskalation gering zu halten und zu konstruktiven Lösungen zu gelangen, die für alle Beteiligten eine Entlastung darstellen.

Verlieren Sie also bitte das Wohl Ihrer Oma nicht aus den Augen, sondern handeln Sie jetzt und tragen aktiv zu einer Veränderung des augenblicklichen Zustandes bei. Allein, daß Sie es sind, die hier schreibt, zeigt, daß Sie über das Potential verfügen!

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Holger Nikolai
Bewertung durch den Fragensteller:
Ihre Arbeit ist unverzichtbar; ein Beitrag für e. bessere Welt, in der die Menschen wieder mehr mit einander zu reden und auf einander zuzugehen.





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