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Welche Ferntherapie kann mir helfen?

Nana (w, 28) aus Berlin:

Meine Mutter war alleinerziehend und sehr depressiv. Auch wenn wir uns ihrer Liebe immer sicher waren, hatten meine Schwester und ich keine sorgenfreie Kindheit. Wir waren Wutausbrüchen, Schreiereien, manchmal Schlägen, dann wieder endlosem Weinen unserer Mutter ausgesetzt, die oftmals laut wünschte, nicht mehr zu leben. Andere erwachsene Bezugspersonen, die uns nah standen, gab es quasi nicht. -

Neben Depressionsschüben habe ich seit meiner Kindheit Aggressionsprobleme. Ich bin sehr schnell gestresst, und sobald ich mich unter Druck gesetzt fühle, bekomme ich schlechte Laune und verbreite diese. Die andere Person ist dann pauschal an dem Schuld, was mir gerade nicht passt.

Beschwichtigungsversuche sind komplett zwecklos, heizen eher noch an. Ich 'hasse' in dem Moment einfach und selbst wenn der Gedanke, dass dies nur eine meiner schlechten Launen sein könnte, aufkommt, hilft er mir nicht, meine Laune zu bessern. Die Wut hat in dem Moment komplette Kontrolle über meine Gefühle.

Oft fühle ich auch, dass jemand nicht gut genug darauf achtet, dass es mir gut geht, was zum gleichen Ergebnis führt. Oft wache ich schon mit so einer Laune auf, die dann den Tag ruiniert. Dieses Verhalten zeige ich gegenüber denen, die mir am nächsten stehen - Familie, sehr engen Freunden, Partner. - Lange habe ich erfolglos versucht, gedanklich dagegen anzugehen. Meine Lieben halten mich kaum aus und ich hasse mich für mein Verhalten. Frage: Welche Ferntherapie (Telefon, online) kann mir helfen? Z.B. CBT?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Nana,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage. Es ist sehr schlimm, was Sie als Kind erlebt haben. Ihre Mutter war in Ihrem Bindungverhalten grundsätzlich unberechenbar und sie pendelte ebenfalls zwischen Depression und Aggression hin und her. Sie beschreiben Ihre Gefühle sehr selbst reflektiert, was aus meiner Sicht zunächst einmal ein großer Vorteil ist.

Sie haben das Verhalten Ihrer Mutter emotional verinnerlicht, da es auch nur wenige andere Bezugspersonen gab, die dies ein Stück weit von außen korrigieren konnten.

Ihre Aggressionen sind also sehr eng damit verknüpft. Immer wenn Sie sich gestresst fühlen, bekommen Sie schlechte Laune und projizieren den Grund dafür auf andere Menschen. Sie schreiben, Sie hassen in dem Moment. Dies ist ein sehr starkes Gefühl und deutlich mehr als nur einfach schlechte Laune.

Was geschieht ist, dass Sie sich auf Grund der lebensgeschichtlichen Hintergründe schnell überfordert fühlen. Die Überforderung wird als Wut, sogar als Hass erlebt. Sie können sich selbst nicht mehr regulieren. Wenn wir sehr wütend werden, setzt der Teil unseres Gehirns aus, der es uns ermöglichen würde, rational einzugreifen und das eigene Verhlten wieder zu steuern.

Es reicht nicht, wenn Sie versuchen, dies gedanklich in den Griff zu bekommen, weil physiologische Abläufe damit verbunden sind. Auf Grund der Labilität Ihrer Mutter konnten Sie kaum lernen, sich selbst zu beruhigen und mit stressigen Situationen konstruktiv umzugehen.

Für andere Menschen ist es schwer mit Ihnen in Kontakt zu sein, so wie es für Sie als Kind belastend war, Tag für Tag mit Ihrer Mutter zu leben. Es ist dennoch wichtig, dass Sie sich deshalb nicht verurteilen. Sie haben überlebt, das ist entscheidend. Und jetzt geht es darum, Ihre Überlebensstrategien langfristig so zu verändern, dass Sie sich tiefer entspannen und den verinnerlichten Hass verarbeiten können.

Sie fragen, welche Ferntherapie für Sie in Frage käme. Ich kenne Ihre Gründe nicht, weshalb Sie ausschließlich nach einer Ferntherapie fragen. Da es bei Ihnen um eine Traumatisierung bezüglich Ihres frühkindlichen Bindungsverhaltens geht, würde ich Ihnen empfehlen, sich im persönlichen Kontakt psychotherapeutisch begleiten zu lassen.

Mit CBT meinten Sie vermutlich die kognitive Verhaltenstherapie oder ging es um die DBT?

Wie dem auch sei, Sie können die Methode selbst auswählen und schauen, welcher Ansatz Sie am meisten anspricht. Wichtiger als das scheint mir jedoch die Beziehung zum Therapeuten zu sein. Achten Sie darauf, dass Sie sich wohlfühlen, vertrauen können und der Therapeut auch bereit ist, mit Ihren Aggressionen zu arbeiten. Dies ist in einer Online-Therapie kaum möglich.

Mein Gefühl ist eher, Sie brauchen ein leibhaftiges Gegenüber, das Sie so annimmt, wie Sie sind und mit Ihnen nochmals durch die Prozesse früher Bindungsmuster gehen kann - aber im geschützten Rahmen innerhalb einer verlässlichen therapeutischen Beziehung.

Wenn Sie jedoch an dem Punkt sind, dass momentan nur eine Online-Therapie für Sie in Frage kommt, kann Ihnen ein verhaltenstherapeutischer Ansatz schon mal weiterhelfen.

Ich wünsche Ihnen alles Gute,
mit herzlichem Gruß

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie

Bewertung durch den Fragensteller:
Ich habe nun eine Verhaltenstherapie begonnen und gehe einmal die Woche zu einer Psychologin. Vielen Dank für die ausführliche Antwort!





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