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Was tun bei einer Kindeswohlgefährdung ?

Lori (w, 22) aus Krefeld: Hallo liebe Psychologen! Situation: Die Mutter ist alleinerziehend und der Vater (mein Mann) ist auf dem Papier nicht der Vater also keine Rechte.Der Junge wird im Sep 5 & ist den ganzen Tag auf dem Sofa mit laufendem Tablet, TV & Nintendo.Er kennt nur einen Gleichaltrigen & den gibt's jetzt in unsichtbar.Kein Kindergarten, Spielplatz oder 'nein'.Er schläft jeden Tag solange er will & in der Nacht (ca 2 Uhr) am laufenden Tablet und an der Brust wieder ein.Der Kleine ist blass, da die Mutter nie mit ihm raus geht.Er hat kein eigenes Zimmer & Bett.Wenn er bei uns ist kann der Tag noch so schön sein, abends weint er weil er an die Brust zu Mama will. Er schläft nur wenn Papa neben ihm liegt, nur um nicht allein zu sein, auch am Tag.Er kann sich nicht kurz auf etwas konzentrieren & hat praktisch überhaupt keine Sozialkompetenz & förmlich Angst vor anderen Kindern, wenn wir mit ihm auf dem Spielplatz sind.Er bewegt sich als wäre er stark Übergewichtig.Meiner Meinung nach ist er geistig drei Jahre. Eine einfache Frage wie 'was hast du heute gemacht?' kann er nicht beantworten.Kleinigkeiten wie bitte,danke,hallo oder tschüss weigert er sich zu sagen.Für ihn ist ein leerer Akku wie ein Weltuntergang.Seit er zwei ist, hat er sein eigenes Tablet. Immer wenn der Vater etwas sagen möchte wird ihm gedroht, dass er seinem Kind auch fern bleiben kann.Hier meine Frage: Kann das Verhalten Schäden verursachen? Ist unsere Sorge berechtigt?
ich bin sehr gespannt und danke schon einmal für die Antwort.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Hallo Lori,

vielen Dank für Ihre interessante Frage und Ihr damit verbundenes Hilfegesuch. Beides zeigt mir, dass Sie offenbar trotz Ihres verhältnismäßig jungen Alters, über genügend Lebenserfahrung verfügen, um zu erkennen, dass die leibliche Mutter mit der Erziehung und der angemessenen emotionalen Versorgung des Kindes überfordert ist.
Wenn alles was Sie schreiben in vollem Umfang der Wahrheit entspricht und nicht übertrieben ist, liegt hier meines Erachtens nach eine sogenannte Kindeswohlgefährdung vor, und es sollte dringend gehandelt werden !
Ihre Sorge wäre somit absolut berechtigt und es besteht tatsächlich die Gefahr, das der Kleine ernsthaften Schaden in seiner körperlichen, geistigen und emotionalen Entwicklung nimmt.

Erste Anlaufstelle sollte daher für Sie bzw. Ihren Ehemann das Jugendamt sein. Dort sollten Sie beide die Situation des Kindes und sein Verhalten bzw. auch das Verhalten der Mutter schildern.
Auch wenn Ihr Mann nicht 'offiziell' als Vater gilt, so kann er doch einen gewissen Einfluss beim Jugendamt geltend. Immerhin muss es ja für die leibliche Mutter einen Grund geben, das Kind gelegentlich in seine bzw. in Ihrer beider Obhut zu übergeben.
Außerdem könnte Ihr Mann versuchen, die Vaterschaft nachträglich offiziell eintragen zu lassen, was i.d.R. jedoch nur möglich ist, wenn seine Vaterschaft zweifelsfrei feststeht. Hierzu bedarf es dann aber entweder, dass die leibliche Kindsmutter der Eintragung Ihres Mannes als Vater zustimmt oder Ihr Mann auf eine Vaterschaftsfeststellung klagt. Das Jugendamt oder die Rechtsauskunft bei einem Amtsgericht wird Sie dahingehend sicher gerne und im Allgeinen kostenlos beraten.

Es muss Ihnen und vor allem aber auch Ihrem Mann klar sein, was ein solcher Schritt bedeutet und welche Folgen er haben kann :

Lässt sich Ihr Mann tatsächlich als Vater eintragen - egal auf welche Art und Weise - so geht er damit auch bestimmte Verpflichtungen ein. Er wäre dem Kind (und nur dem Kind !!!) zum Unterhalt verpflichtet. Ob und inwieweit daraus weitere Rechte, insbesondere in Bezug auf das Sorgerecht erwachsen - ist nicht immer in jedem Falle klar und eindeutig.

Stellt sich heraus, dass Ihr Mann nicht der Vater des Kindes ist, wird es schwierig und kompliziert.
Weil dann hätte er keinerlei rechtliche Handhabe und es bliebe nur der Weg über eine Anzeige beim Jugendamt, die jedem Bürger offensteht.
Ihr Mann müsste dann aber auch nichts zahlen und könnte sogar eventuell bereits freiwillig gezahlte Leistungen zurück verlangen. Nachteil wäre dann aber auch, dass die Mutter dann vermutlich jeglichen Kontakt des Kindes zu Ihnen und Ihrem Mann einstellen würde.

In einem zweiten Schritt, sollten Sie und Ihr Mann daher nun keine Vorwürfe gegen die Kindesmutter erheben und sie pauschal verurteilen oder verstoßen.
Sie sollten ihr zum Wohle des Kindes jede Unterstützung und Hilfe anbieten, die Sie leisten können. Damit meine ich nicht etwa Geld oder materielle Dinge, sondern versuchen Sie mit viel Geduld und Verständnis ihr Vertrauen zu gewinnen.
Machen Sie ihr klar, dass das Jugendamt ihr helfen kann und helfen wird (z.B. durch eine Familienhilfe oder ein spezielles Coaching für Alleinerziehende). Versichern Sie der Mutter, dass es Ihnen auf gar keinen Fall darum geht, ihr das Kind zu wegzunehmen !
Versuchen Sie, so oft wie möglich gemeinsame Zeit mit ihr und dem Kleinen zu verbringen. Leben Sie der Mutter vor, wie ein Familienleben auch sein kann. Versuchen Sie die Mutter davon zu überzeugen, dass eine Kita oder eine Vorschule absolut wichtig für den Kleinen wäre und letztlich auch ihr eine Entlastung bietet.

Für Ihre Entscheidung bzw. die Ihres Mannes bedarf es einer Menge Mut, Kraft und Nervenstärke. Bei allen Ihren Überlegungen sollten Sie beide jedoch immer das Wohl des Kindes in den Vordergrund stellen.

Ich wünsche Ihnen und Ihrem Mann, doch auch dem Kleinen und seiner Mutter, von Herzen alles erdenklich Gute !
Es würde mich sehr freuen, wenn Sie sich bei mir noch einmal melden und berichten würden, wie es weiter geht.

Liebe Grüße, Thomas Dereser
Bewertung durch den Fragensteller:





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