Vom Egoismus zum Altruismus

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Landei,

danke für Ihre Anfrage! Leider muß ich Sie schon an dieser Stelle enttäuschen, daß ich Ihnen auf diesem Wege keine Anleitung etc. geben kann, wie Sie sich verändern können. Die Persönlichkeit, der Charakter - das sind Gegebenheiten, die sich erstens nicht so ohne weiteres verändern lassen und zweitens nicht auf diesem Wege. Dazu ist in jedem Falle ein persönlicher Kontakt im Rahmen einer Therapie oder einer Supervision nötig, schon alleine aufgrund der notwendigen Diagnostik.

Sie schreiben, daß Sie immer einen 'Mehrwert' für sich feststellen müssen, um etwas gerne zu tun. Offen gestanden, das betrifft praktisch alle Menschen auf dieser Welt! Der Altruismus, so wie Sie ihn ansprechen, ist ein Wunsch, ein christliches Ideal, das psychologisch betrachtet unerreichbar ist. Auch als Therapeut muß ich mir diese Frage permanent wieder stellen, und auch jetzt in diesem Augenblick, in dem ich diese Antwort verfasse, tue ich dies aus einem persönlichen Nutzen heraus, nicht nur, um Ihnen behilflich zu sein.

Die Frage ist vielmehr die, 'wie weit' Sie denken, wenn Sie zwischen dem Mehrwert für sich selbst und für andere differenzieren. Wenn Sie einen unmittelbaren Anreiz benötigen, um einen 'Ansporn' zu haben, kann ich Ihre Sichtweise gut nachvollziehen. Vielleicht erweitern Sie aber dieses Denken in der Hinsicht, daß Ihnen eine Person, der Sie einen Gefallen getan haben, dies irgendwann in irgendeiner Art und Weise auch für Sie tut. Das ist ein wesentlicher Teil von zwischenmenschlicher Beziehung.

Weiterhin finde ich es bemerkenswert, daß Sie sich diese Fragen in dieser Offenheit und Konkretion stellen. Sie schildern dies zwar als problematische Situation, aber es gibt nur wenige Personen, die sich überhaupt solchen Gedanken nähern können. Wenn Sie also wieder vor solchen Fragen stehen, überlegen Sie, wie der ganz konkrete Nutzen für Sie aussehen sollte, damit Sie etwas gerne machen. Lassen Sie diesen Nutzen dann immer abstrakter werden, indem Sie ihn zuerst in eine unbestimmte Zukunft verlagern, dann eine Alternative entwickeln, womit Sie auch zufrieden wären, dann vielleicht statt des konkreten Dienstes eher unbestimmte Begriffe verwenden wie z. B. 'Nähe', 'Aufmerksamkeit' etc., die größere Interpretationen zulassen.

Jetzt habe ich Ihnen doch eine 'Aufgabe' gestellt, von der ich allerdings glaube, daß sie einen ungefährlichen ersten Schritt in Sachen Selbstreflexion darstellen könnte. Wie gesagt, ich empfehle Ihnen, sich mit einem kompetenten Gegenüber über diese Thematik zu unterhalten, denn es sollte nicht darum gehen, Sie bzw. Ihren Charakter zu 'verändern', sondern den Wert und den Sinn Ihrer Verhaltensweisen zu ergründen. Dafür wünsche ich Ihnen Mut und Erkenntnis!

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Holger Nikolai

Bewertung durch den Fragensteller:
Herzlichen Dank für die schnelle Antwort! Ich werde mir Ihren Rat zu Herzen nehmen.