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Trauer und Rückzug nach Todesfällen

sunny (w, 21) aus Hannover: Hallo, mein Name ist Sunny, bin 21 Jahre alt und es geht mir seit längerem schlecht. Vor 2 Jahren ist meine Mutter an Krebs gestorben, ein Jahr davor meine Oma, beide waren die wichtigsten Menschen in meinem Leben, seit dem Verlust fühle ich mich einfach leer und extrem einsam.

Seit kurzem merke ich, wie ich mich immer weiter zurückziehe. Ich bin unzufrieden mit meinem Leben, weiß aber absolut nicht, was ich dagegen machen soll. Ich lerne keine neuen Menschen kennen, Freunde habe ich wenige, solo bin ich auch schon länger. Meistens bin ich in Gedanken versunken, wo ich mir mein Leben so vorstelle, wie es gern hätte, wo ich nicht die Stille bin, sondern die, die viel zu erzählen hat, neue Menschen kennenlernt und gemocht wird, die einfach glücklich ist und positiv in die Zukunft schaut. Aber das ist leider nur in meinem Kopf...

Nach außen hin bin ich das genaue Gegenteil und wirke eher negativ. Ich habe niemanden, mit dem ich so wirklich über mein Problem reden kann, mit meinem Vater hatte ich nie einen guten Draht, dass ich mit ihm über meine Gefühle sprechen könnte, und meine Freundin ist auch nicht wirklich für mich da... sie heult sich immer bei mir aus und ich helfe ihr, so weit ich kann, auch... aber ich komme nie mit meinen Sorgen zu ihr, weil ich mich einfach unverstanden fühle... an sich fällt es mir schwer, über meine Gefühle zu sprechen, ich hasse mich dafür, dass ich ein verschlossener Mensch bin, anstatt dass ich was dagegen tue, verschlimmere ich es nur noch :(.

Was soll ich tun? Können Sie mir bitte einen Rat geben? Vielen Dank!

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe sunny,

ich freue mich sehr, daß Sie hier schreiben! Der Tod der geliebten Oma ist für einen jungen Menschen schon sehr schwer, wenn er auch dem 'Lauf des Lebens' unterliegt. Daß Sie in einem so jungen Alter bereits Ihre Mutter verloren haben, dazu nach schwerer Krankheit, ist katastrophal. Sie sind erst auf dem Weg ins Erwachsenwerden und Sie beschreiben selbst, wie wichtig und liebenswert Ihnen Mutter und Oma waren. Ihre Gefühle von Einsamkeit, Niedergeschlagenheit, Rückzug und 'Versunkenheit' kann ich gut nachvollziehen.

Daß Sie all dies hier so gut und eindrücklich beschreiben können, halte ich für ein sehr gutes Zeichen! Dies zeigt, daß Sie sich selbst und Ihre Emotionen gut wahrnehmen und auch ausdrücken können, mindestens auf schriftlichem Wege. Viel gefährlicher ist die Situation, wenn jemand keine Gefühle mehr wahrnehmen kann und sich nur noch 'leer' fühlt. Sie schreiben von Tagträumen und Wünschen, wieder optimistisch und kontaktfreudig zu sein. Behalten Sie sich diese Wünsche bitte unbedingt, auch, wenn Sie im Augenblick keine Idee haben, wie Sie sie umsetzen sollen.

Sie durchleben eine intensive Trauerphase, die nach Ihren Verlusterfahrungen gut nachvollziehbar ist. Je heftiger diese Phase verläuft und je widersprüchlicher Ihre Wünsche und Traumbilder sind, desto günstiger ist die Prognose, zum geeigneten Zeitpunkt auch wieder aus dieser Trauer herauszufinden. In akuten Situationen der Niedergeschlagenheit empfehle ich Ihnen, die Telefonseelsorge anzurufen (0800 111 0 111). Dort finden Sie kompetente und aufmerksame Gesprächspartner, die Ihnen im Gespräch Entlastung bieten können.

Darüber hinaus können Sie sich an einen (Kinder- und Jugendlichen-)Psychotherapeuten wenden, um dort mit professioneller Begleitung Ihre Gefühlslage aufzuarbeiten. Sie erhalten dort die Möglichkeit, unzensiert Ihre Enttäuschungen, Trauer, Wut, Wünsche und Hoffnungen greifbar und real werden zu lassen. Das hat typischerweise den Effekt, sich nach und nach wieder mehr auf sich selbst verlassen zu können; der Optimismus und die Handlungsfähigkeit nehmen wieder zu, das Leben bekommt 'neuen Schwung'.

Daß Sie versuchen, Ihrer Freundin mit Rat und Unterstützung zur Seite zu stehen, halte ich für bedenklich, denn Sie scheinen im Augenblick nicht über die Stabilität und Stärke zu verfügen, andere Personen zu unterstützen. Vielleicht könnten Sie den Mut aufbringen, Ihrer Freundin in solchen Situationen zu sagen 'Es tut mir sehr leid für Dich, doch mir geht es selbst sehr schlecht'.

Es hört sich für mich so an, als hätten Ihre Oma und Ihre Mutter Ihnen eine Menge Liebe mit auf den Weg gegeben. Vielleicht ist jetzt die Zeit, daß Sie dieses kostbare Geschenk annehmen und auf sich selbst anwenden, indem Sie sich aktiv Hilfe suchen!

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Holger Nikolai
- Heilpraktiker f. Psychotherapie -
Bewertung durch den Fragensteller:
schöne warme worte,die mein herz berührt haben.ich danke für die antwort,es hat gut getan sich dies von der seele zu schreiben.





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