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Stimmungsschwankungen des Partners

Carla (w, 33) aus Speyer: Seit 3 J. in Beziehung. Er 37, ich 33. Von Beginn an immer wieder Phasen, in denen er sich komplett von mir zurückzieht und unsere Beziehung in Frage stellt. In Phasen wirkt er versteinert, fremd, redet kaum noch mit mir, sein Blick ist anders. Kann meine Nähe nicht ertragen. Hat kaum Appetit, Verdauungsstörungen, liegt viel im Bett 'rum, kann nicht gut schlafen. Morgens Gefühl, nicht ausgeruht zu sein. Dennoch geht er seiner Arbeit nach. Lässt sich bei Arbeit, Freunden, Familie nichts anmerken. Sagt dann, anscheinend passen wir nicht zusammen wenn ich immer wieder diese Trennungsgedanken habe. Denkt nicht daran, dass er krank sein könnte. Ist nicht bereit, sich psychologische Hilfe zu suchen. Phasen kommen spontan und unvermittelt. Häufig schon im Anschluss an eine 'normale' Erkrankung wie Magen-Darm-Virus oder Grippe.

Ist Phase vorüber, ist ein normales, schönes und harmonisches Zusammenleben mit ihm möglich. Wir pflegen Freundschaften, unternehmen viel, er wirkt glücklich und gelöst. Generell tut er sich bei Entscheidungen schwer und der Gedanke, ein Kind zu bekommen, belastet ihn wohl auch. Er ist nicht bereit dazu und zieht sich lieber sexuell zurück. Der Gedanke an eine dauerhafte Bindung scheint zu ängstigen. Letzte Woche sprach er noch davon, wie gelöst und klar er sich fühle und dass wir nun unsere gemeinsame Zukunft angehen, wirkte total verliebt und diese Woche ist plötzlich alles anders.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Carla,

danke für Ihre ausführliche Beschreibung. Die Frage ist nur, an wen von Ihnen ich nun meinen psychologischen Rat richten soll? Ihrer Beschreibung nach leidet Ihr Partner an einem depressiven Syndrom, das beobachtet bzw. behandelt werden sollte. Alle von Ihnen beschriebenen Symptome deuten darauf hin. Allerdings muß dazu der Betreffende einen Leidensdruck verspüren und eine Untersuchung bzw. Behandlung selbst anstreben, alles andere, z. B. 'ihn überzeugen zu wollen', ist praktisch sinnlos.

Insofern richte ich mich mit meiner Beratung an Sie als Fragestellerin: Sie berichten davon, daß Ihr Partner wechselnde Stimmungen an den Tag legt und Sie mit dem 'Hin und Her' überfordert. In der Tat benötigen Themen wie Familie und Kinder dauerhafte Entscheidungen und Verläßlichkeit. Das stellt eine große Herausforderung für Sie dar. Sollte bei Ihrem Partner tatsächlich eine seelische Störung oder Labilität vorliegen, werden Sie sich und Ihre Lebensplanung sehr gut prüfen müssen. In einer Phase der Niedergeschlagenheit möchte Ihr Partner Sie nicht ärgern oder verunsichern, sondern er KANN nicht anders, als so zu reagieren. Weiterhin ist es durchaus möglich, daß solche Phasen über Jahre oder sogar Jahrzehnte immer wiederkehren. Sie sind also diejenige, die mit diesen Schwankungen rechnen muß und die Auswirkungen 'handhaben' muß.

Prüfen Sie sich selbst sehr genau, wie groß die Liebe zu Ihrem Partner ist und wie belastbar Sie sich selbst und Ihre Beziehung einschätzen. Sprechen Sie offen mit Ihrem Partner darüber, wie schwierig es für Sie ist, mit seinen Stimmungsschwankungen umzugehen und daß Sie sich seiner Liebe nicht sicher sind. Beachten Sie bitte dabei, daß Sie in der 'Ich-Form' sprechen und keine 'Anklage' erheben ('DU bist immer so unberechenbar... etc.)!

In jedem Fall empfehle ich Ihnen eine Partner-Therapie, in der Sie die Gelegenheit haben, einander (noch) besser kennenzulernen und Wege zu finden, mit partnerbezogener Enttäuschung, Angst und Wunschverhalten konstruktiv umgehen zu können. Die Entscheidung, eine Familie zu gründen, sollte auf aufrichtiger Liebe der Partner zueinander basieren. Diese Liebe sollte - Sie kennen es wohl! - in 'guten wie in schlechten Zeiten' überdauern. Da keiner weiß, was die Zukunft bringt, sollte also immerhin der feste und verläßliche Wunsch danach vorhanden und auch eindeutig zwischen den Partnern ausgesprochen sein.

Sollte Ihr Partner tatsächlich an einem depressiven Syndrom leiden, werden Sie nicht umhinkommen, ihn sowohl Ihrer Liebe zu versichern (s. o.), als auch Konsequenzen zu ergreifen. Eine solche Konsequenz kann z. B. so aussehen, daß Sie seine seelische Disposition wahrnehmen und anerkennen, ihm aber auch mitteilen, daß Sie sich damit überfordert fühlen und die Partnerschaft nur verantwortlich fortsetzen können, wenn er therapeutische Hilfe in Anspruch nimmt. Das klingt hart, beugt aber der typischen Gefahr vor, daß der 'gesunde' Partner vom depressiven Partner förmlich 'aufgefressen' wird, was leider häufig der Fall ist.

Sie werden sich selbst und Ihrem Partner Zeit und Nachdenklichkeit gönnen müssen, da Ihr Partner offensichtlich schon länger unter Stimmungsschwankungen leidet, werden Sie keine 'Heilung über Nacht' erwarten können. Ein Therapeut oder Mediator kann dabei gute Dienste leisten! Ich wünsche Ihnen Geduld und Erkenntnis!

Mit herzlichen Grüßen

Ihr

Holger Nikolai
- Heilpraktiker f. Psychotherapie -
Bewertung durch den Fragensteller:
sehr schnelle Hilfe, sehr ausführlich, vielen herzlichen Dank!!

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