Stärken und Herausforderungen von Hochsensibilität - Wie ich mit meiner Hochsensibilität umgehen kann
Seelenmensch (m, 37) aus Emmerich am Rhein: Hallo liebes Psychologen-Team,
Ich bin ein Hochsensibler Mann. Das habe ich vor ca. 8 Wochen erst wirklich herausgefunden. In meiner Kindheit hat man auf meine Bedürfnisse nicht geachtet. Ich selber habe mich immer als unnormal empfunden und habe mich oft über mich selbst geärgert, weil ich wieder zu schnell schlapp gemacht habe. Ich möchte gerne meine Hochsensibilität als Stärke wahrnehmen, bin aber oft noch mit den Gedanken beschäftigt mich anzupassen oder mich als negativ wahrzunehmen.
Wie kann ich damit einen Umgang finden?
Ich bin ein Hochsensibler Mann. Das habe ich vor ca. 8 Wochen erst wirklich herausgefunden. In meiner Kindheit hat man auf meine Bedürfnisse nicht geachtet. Ich selber habe mich immer als unnormal empfunden und habe mich oft über mich selbst geärgert, weil ich wieder zu schnell schlapp gemacht habe. Ich möchte gerne meine Hochsensibilität als Stärke wahrnehmen, bin aber oft noch mit den Gedanken beschäftigt mich anzupassen oder mich als negativ wahrzunehmen.
Wie kann ich damit einen Umgang finden?
Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:
Lieber Seelenmensch,es freut mich zu lesen, dass Sie nach den Stärken Ihrer individuellen Persönlichkeit suchen.
Wir haben alle unterschiedliche oder unterschiedlich stark ausgeprägte Persönlichkeitsanteile, Eigenschaften und Fähigkeiten in der Wahrnehmung unserer natürlichen Sinnesmodalitäten (Emotionen, körperliche Empfindungen, Kognitionen, Imagination, Geschmack und Geruch, Gehör). Bei einem hochsensiblen Menschen ist die Sensibilität in Bezug auf einige oder sogar alle Bereiche erhöht. Darin liegt einerseits die Gabe, vieles wahrzunehmen, auch Dinge, die anderen Menschen in der Wahrnehmung verborgen bleiben. Dadurch kann sich Tiefe entwickeln.
Diese erhöhte Wahrnehmungsfähigkeit kann jedoch auch zu einer Überflutung von Reizen führen, was sehr belastend sein kann. Die (inneren und äußeren) Erfahrungen wirken sozusagen ungefiltert auf einen hochsensiblen Menschen ein.
Von besonderer Bedeutung für hochsensible Menschen ist daher ein regelmäßiger Rückzug in reizarme (Erfahrungs-)Räume. Wir alle befinden uns in ständigem reziproken, also gegenseitigen, Austausch und Prozess zwischen Körper (Ich) und der Umwelt. Sowohl ich selbst wirke auf meine Umwelt ein, und gleichzeitig wirkt meine Umwelt auf mich ein. Sowohl in mir geht ununterbrochen ein Prozess vor sich, v.a. mit Gedanken, Gefühlen, körperlichen Empfindungen, als auch wirken von außen ununterbrochen Sinnesreize auf mich ein. Sei es durch andere Menschen, oder durch sonstige visuelle, hörbare oder spürbare Sinneseindrücke. Vor dem Hintergrund unserer Erfahrungen interpretieren und bewerten wir hierbei sehr subjektiv diese Sinneseindrücke, womit wir teilweise richtig und teilweise auch falsch liegen können.
Je offener meine Wahrnehmung für äußere Eindrücke ist, desto größer ist sozusagen die Datenmenge, die auf mich einströmt und die ich verarbeiten muss. Ich finde hier einen technischen Vergleich recht hilfreich, weshalb ich auch den Begriff Datenmenge nutze. - Wir müssen die Daten verarbeiten, wozu wir, wie bei einem PC, unseren Arbeitsspeicher benötigen. Wenn der Arbeitsspeicher voll ist, laufen bei einem PC die Prozesse langsamer oder das System kann sogar abstürzen. So ist es auch bei uns Menschen. Gerade bei einer Hochsensibilität kann der Arbeitsspeicher schnell überlastet sein. Wir verlieren unseren inneren Freiraum. Dadurch verlieren wir den Kontakt zu uns selbst. Das wiederum beinhaltet auch, dass wir den Kontakt zu unseren Bedürfnissen verlieren – die wir wahrnehmen und uns erlauben müssen, um wieder einen inneren Freiraum zu entwickeln.
Sie schreiben, dass Ihre Bedürfnisse in Ihrer Kindheit nicht ausreichend wahrgenommen wurden.
Die Wahrnehmung unserer Bedürfnisse durch unsere primären, und damit wichtigsten Bezugspersonen, ist notwendig, dass wir auch selbst unsere Bedürfnisse wahrnehmen und ernst nehmen können. Es ist eine Voraussetzung dafür, gut für uns selbst sorgen zu können.
Eine Psychotherapie halte ich für einen sehr hilfreichen Raum, um (wieder) mit sich selbst in Kontakt zu kommen, sich selbst zu erforschen und hierbei herauszufinden, was denn eigentlich die eigenen Bedürfnisse sind, wie Sie sie erfüllen, und dementsprechend Ihr Leben gestalten dürfen.
Eine Psychotherapie kann dabei helfen, die Beziehung zu sich selbst und den eigenen Persönlichkeitsanteilen zu verbessern, sich selbst anzunehmen und wertzuschätzen, wie man ist.
Die von Ihnen beschriebenen negativen Gedanken über Sie selbst, die man als einen Inneren Kritiker bezeichnen kann, sind auch ein Anteil, der gehört und verstanden werden will. Der Innere Kritiker erschwert die Selbstakzeptanz. Jedoch auch dies ist ein Persönlichkeitsanteil, zu dem Sie die Beziehung verbessern können. Er kann milder werden in seinem abwertenden Urteil. Auch hierfür halte ich einen therapeutischen Prozess für sehr unterstützend, um diesen kritischen und abwertenden Anteil kennen zu lernen, besser zu verstehen, und Frieden mit ihm zu schließen. Denn auch dieser Anteil kann Qualitäten beinhalten.
Normal zu sein halte ich für einen schwierigen Maßstab. Normal ist eine abstrakte Schnittmenge, sozusagen ein Mittelwert aller Individuen. Jeder Mensch hat eine individuelle Persönlichkeit.
Sie setzen sich aktuell sehr mit Ihrer Sensibilität auseinander. Vielleicht dürfen Sie sich manchmal erlauben, etwas weniger kritisch mit sich zu sein und mehr Offenheit dafür entwickeln, dass Ihnen manchmal etwas zu viel oder zu anstrengend ist. Wie oben beschrieben, sind bei hochsensiblen Menschen die Eindrücke und Wahrnehmungen sehr intensiv. Und daher ist es sehr hilfreich, auch Grenzen zu ziehen, um sich vor einer psychischen, emotionalen oder körperlichen Überforderung zu schützen. Man könnte sagen, ein echtes und authentisches (!) Nein zu einer Anforderung von Außen oder einem anderen Menschen beinhaltet meist ein Ja zu sich selbst und den eigenen Bedürfnissen.
Um wieder mehr in Kontakt zu sich selbst und Ihren Bedürfnissen zu kommen, kann ich Ihnen sehr FOCUSING empfehlen. Das ist ein achtsamkeitsorientierter, humanistisch-klientenzentrierter Ansatz. Hier steht im Vordergrund, Kontakt zu seinem eigenen inneren Erleben zu entwickeln. Wenn wir Kontakt zu unserem inneren Erleben haben, was sehr viel auch damit zu tun hat, uns in unserem Körper und damit verbunden auch mit unseren Bedürfnissen wahrzunehmen, entwickeln wir ein Gespür dafür, was uns gut tut und was uns entspricht. Wenn wir uns darin akzeptieren und annehmen, erlauben wir uns, unser Leben so zu gestalten, dass wir uns darin wohlfühlen.
Mehr Infos über Focusing finden Sie auf meiner Homepage. Bei Interesse können Sie auch gerne mein Angebot einer Online-Focusing-Sitzung wahrnehmen. Alle Infos dazu finden Sie ebenfalls auf meiner Homepage.
www.klientenzentrierte-psychotherapie-freiburg.de
Erstmal hoffe ich, das Sie mit meinen Worten etwas anfangen können.
Ich wünsche Ihnen alles Gute! Speziell als Mann zur eigenen Sensibilität zu stehen halte ich für äußerst wertvoll – für Sie selbst und im Sinne einer emanzipierten Männlichkeit.
Herzliche Grüße,
Christian Kabsch
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