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Soll ich das Sorgerecht für meine Tochter auf die Oma übertragen?

Mama43 (w, 43) aus Heidelberg: Hallo liebes Team,
meine Tochter (13) leidet an einer Essstörung,als die Krankheit nicht mehr zu 'verbergen' war,hat sie sich total von mir abgewendet und ist zu ihrer Oma.Ich kam an mein Kind nicht mehr heran,sie wollte Monate nicht mit mir sprechen. Das war eine ganz schreckliche Zeit für mich. Ich habe mich dann hilfesuchend an das Jugendamt gewendet,wir haben auch eine sehr gute stationäre Unterkunft für sie gefunden,aber unser 'Kontakt' hielt sich sehr in Grenzen! Ihr Vater,das muss ich leider dazusagen,ist schwerst Alkoholabhängig,seit unserer Trennung vor 5 Jahren ist das zusehends schlechter geworden. So,meine Tochter ist untergebracht,wir Eltern haben beide das Sorgerecht für sie.Da die formellen Dinge für sie nicht schnell genug geregelt werden konnten,kam das Thema Sorgerecht zur Sprache.Wir brauchten für alles seine Unterschrift,was meine Tochter betraf.Das hat überhaupt nicht funktioniert! Er hat das Sorgerecht nun an seine Mutter,also an die Oma,bei der meine Tochter auch die letzten Monate war,abgetreten. Und jetzt bin ich vom Jugendamt gefragt worden,ob ich nicht auch das Sorgerecht an sie abtreten würde,damit eine Person alles regeln kann,was gerade ansteht! Ich stand gar nicht zur Debatte,weil ja meine Tochter sich so von mir abgewendet hat! Ich kann das nicht! Aber was ist für meine Tochter das Richtige??? Ich hatte mir die Hilfe vom Amt und die Genesung etwas anders vorgestellt. Ich bin abgrundtief traurig,verletzt,und enttäuscht! Soll ich dem Rat des Jugendamtes folgen??? Ich weiß nicht mehr weiter!

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Guten Tag „Mama43“

vielen Dank, dass Sie sich mit Ihrem Anliegen an uns gewendet haben. Ich lese eine große Verzweiflung aus Ihren Zeilen. Eine Trennung ist ja für sich genommen für keine von beiden Seiten eine leichtfertige Entscheidung, insbesondere dann nicht, wenn auch noch Kinder in der Familie leben.
Sie schreiben, Ihre Tochter hätte eine Essstörung, die sich nun nicht mehr „verbergen“ lässt, der Vater ist alkoholabhängig. Es kommt sehr häufig in Familien mit Abhängigen vor, dass nach außen versucht wird, diese Krankheit zu „verbergen“, auch die Essstörung ist eine Sucht (Ess-Brech-Sucht oder Magersucht – Sie haben hierzu keine Angaben gemacht, ist aber auch nicht von Bedeutung für Ihr jetziges Dilemma). Wir sprechen hier von einer Co-Abhängigkeit.

Aber zu Ihrem Kernthema des Sorgerechtes für Ihre Tochter. Zu allererst möchte ich festhalten, hat der Vater von sich aus sein Sorgerecht an seine Mutter abgetreten.
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass das Sorgerecht beiden Eltern obliegt, wenn Sie keine Gefahr für die körperliche und seelische Entwicklung des Kindes darstellen. Sollte dies der Fall sein, stellt sich für mich eher die Frage, ob nicht eine Hilfe in die Familie geht, bevor ein Sorgerecht entzogen wird.
Wenn auch das keine zufriedenstellende Lösung darstellt, sollte das Sorgerecht einem Elternteil alleine übertragen werden, evtl. auch hier mit Unterstützung von außen.
Eltern sind und bleiben Eltern – sie können sich nicht von ihren Kindern scheiden lassen oder sonst wie trennen. Die Verbindung bleibt immer erhalten, auch wenn sich die Eltern oder das Kind abwenden.

Aus Ihrer Schilderung lese ich, dass Sie sich sehr viel Sorgen um das Wohl Ihrer Tochter machen. Sie schreiben, Sie könnten das Sorgerecht nicht abgeben. Für mich ist das ein Zeichen, dass Sie ein echtes Interesse an Ihrer Tochter haben. Natürlich kann sich Ihre Tochter im Moment von Ihnen distanzieren, aber Sie bleiben ihre Mutter. Ganz davon abgesehen, welche Probleme unter Umständen auch das Alter der Großmutter mit sich bringt. Erst in fünf Jahren ist Ihre Tochter volljährig.

Im Übrigen hat es eine sehr starke Signalwirkung, wenn Sie nun ebenfalls sagen, ich „sorge“ nicht mehr für dich.

Es gibt Theorien, dass Essstörungen wie beispielsweise die Magersucht entstehen, weil Kinder sich „wegwünschen“, weil sie der Ansicht sind, eine Last zu sein. In Trennungsfamilien kommt dies leider sehr häufig vor. Man magert dann so lange ab, bis man nicht mehr „da ist“. Es ist nur eine Hypothese, da ich die Verhältnisse und Ihre Tochter nicht kenne: es ist möglich, dass sie mit ihrer Sucht die Trennung der Eltern kompensiert.

Sie haben sich irgendwann in Ihrem Leben entschieden, Mutter zu sein und Ihr Kind durch das Leben zu begleiten. Mit der Abgabe des Sorgerechtes setzen Sie ein Signal, dass Sie Ihren Auftrag nun als erledigt ansehen.

Auch wenn Ihre Tochter sich abwendet, können Sie ihr mitteilen, dass Sie das Sorgerecht gerne weiterhin für sie haben, dass Sie gerne Ihre Mutter sind – auch wenn im Moment die Beziehung nicht einfach ist. Wenn Sie ihr das Signal geben, dass Sie nach wie vor Mutter sind und Ihre Tür nie für sie verschlossen ist, besteht eine Chance, sich irgendwann wieder anzunähern. Respektieren Sie ihren Entschluss derzeit vielleicht lieber bei der Oma leben zu wollen.

Ich wünsche Ihnen ein gutes Gefühl für Ihre Entscheidung und auf eine positive Entwicklung in der Beziehung zu Ihrer Tochter.

Tatjana Hartmann-Odemer
Heilpraktikerin Psychotherapie
Systemische Beratung
68775 Ketsch
Bewertung durch den Fragensteller:
Ich werde nach meinem Mutterinstinkt entscheiden,darauf kann ich mich verlassen!! Vielen Dank!!

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