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Nach dem Tod meiner Mutter fühle ich mich in der Zeit eingefroren

Lilo (w, 16) aus 26160 Bad Zwischenahn : Hallo,

ich weiß echt nicht mehr weiter...

Vor drei Jahren hat uns unser Vater verlassen, da seine Affäre aufgeflogen ist. Ich war immer einer Papa-kind und seine kleine Prinzessin. Meine Welt ist zusammengebrochen, doch meine Mama war immer für mich da. Mein Vater hat sehr schnell mit seiner Affäre ein neues Leben aufgebaut und das erste Kind bekommen. Von da an war der Kontakt zu meinem Vater dann noch weiter runter gegangen.

Ich hab dadurch einen super Draht zu meiner Mutter gefunden. Sie hat versucht, mir alles zu ermöglichen. Ich hab jeden Tag mit ihr verbracht. Sie war alles für mich und hat mir Halt gegeben.

Vor 1 1/2 Monaten hat sie sich das Leben genommen. Ich hab das Gefühl, ich hab sie umgebracht. Ich weiß, jeder erzählt mir, das dass nicht wahr ist, aber nur wegen mir ist sie zum Schluss so viel arbeiten gegangen und hätte ich ihr mehr Liebe gezeigt, vielleicht hätte sie weiter gekämpft.

Meine Vater will jetzt alles im Haus verändern und mit seiner Familie bei uns einziehen, aber ich weiß nicht, wohin mit mir oder meinen Gefühlen oder Gedanken. Ich fühle mich alleine und fühle mich in der Zeit eingefroren.

Manchmal hab ich das Gefühl, ich hab das alles verdient bzw. hatte so eine tolle Mutter nicht verdient. Wie schaff ich es, dass das Leben nicht so scheiße läuft ?

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Lilo,

ich danke dir für deine Anfrage. Zunächst einmal möchte ich dir mein tiefes Mitgefühl für den Tod deiner Mutter aussprechen.

Ich kann deine Verzweiflung und dein Eingefrorensein gut nachempfinden, denn was du in deinen jungen Jahren erlebst, ist wirklich heftig und traumatisch sehr belastend.

Es war für dich schon sehr schlimm, als dein Vater euch vor 3 Jahren verließ. Deine Mutter hat versucht, dies auszugleichen und wirklich für dich da zu sein. Dadurch hast eine intensive Beziehung zu deiner Mutter aufbauen können. Sie gab dir Halt und Orientierung und versuchte dann als alleinerziehende Mutter ihr Bestes zu geben und viel zu arbeiten.

Vor 1,5 Monaten ist sie freiwillig aus dem Leben gegangen. Du bist jetzt ein zweites Mal verlassen worden.

Wenn jemand Suizid verübt, taucht bei den Hinterbliebenen oft die Frage auf, ob man es hätte verhindern können. Du fühlst dich jetzt schuldig und fragst dich, ob sie geblieben wäre, wenn du sie mehr geliebt hättest.

Doch ich bin sicher, dass deine Mutter deine ganze Liebe spüren konnte, denn sie ist auch in deinen Zeilen deutlich fühlbar. Doch es gab etwas sehr Verzweifeltes in ihr, das nicht mehr weitermachen konnte und wollte. Etwas, das sie vielleicht nicht einmal mit anderen Menschen richtig teilen konnte und nichts mit dir zu tun hat.

Es ist jetzt wichtig, dass du deine Mutter durch deine Schuldgefühle nicht 'festhältst'. Es war ihre freie Entscheidung zu gehen, respektiere ihren Wunsch und lass sie innerlich gehen. Freue dich, dass du so eine tolle Mutter hattest und noch viel Zeit mit ihr verbringen durftest.

Das Eingefrorensein, dass du gerade erlebst, ist eine natürliche Reaktion auf das traumatische Ereignis. Es hilft dir, von deinem Schmerz und deinen Gefühlen nicht völlig überrannt zu werden. Doch es wäre nicht gut, wenn dies zu einem Dauerzustand wird.

Deine Gefühle zu durchleben ist heilsam, aber dosiert und nicht allein. Deshalb wäre es jetzt enorm hilfreich, wenn du psychologische Unterstützung bekommen könntest. Denn die Erwachsenen um dich herum sind vielleicht mehr mit sich selbst beschäftigt oder reagieren hilflos, weil sie nicht wissen, wie sie dir helfen können.

Deshalb rate ich dir, suche dir bitte einen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Rufe dort selbst an und frage nach einem Therapieplatz, eventuell musst du mit Wartezeit rechnen. Du kannst auch einen Angehörigen bitten, dir bei der Suche behilflich zu sein.

Wenn du dich sehr verzweifelt fühlst, rufe die Nummer gegen Kummer 116111 an. Dort kannst du dich kostenlos und anonym bei kompetenten Beratern aussprechen und dich seelisch unterstützen lassen.

Ich wünsche dir alles Gute und hoffe, ich konnte dir ein wenig weiterhelfen.

Viele Grüße

Anke Wagner
Heilpraktikerin f. Psychotherapie

Bewertung durch den Fragensteller:





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