Navigation Psychomeda.de
Das Psychologie-Portal

Machen Sie sich unabhängig von fremder Anerkennung!

Ilona (w, 45) aus Hüllhorst: Guten Tag, zurzeit habe ich ein persönliches Problem. Ich 'leide' von Natur aus an dem so genannten 'Helfersyndrom'. Wenn ich sehe, dass jemand Hilfe braucht, muss ich hin und helfen. Oft genug sehe ich, dass diejenige, die Hilfe brauchen, gereizt oder abweisend reagieren. Ich bin nicht aufdringlich und sehe, wenn Hilfe zwar nötig aber nicht erwünscht ist. Aber manchmal bin ich einfach ratlos. Z. B. gestern habe ich bemerkt, dass unser Balkon, wo die Raucher ihre Rauchpausen verbringen, spiegelglatt ist. Da ich Sicherheitsbeauftragte im Betrieb bin, habe ich meinen Vorgesetzten darüber informiert und um eine Lösung gebeten. Ergebnis: ich stehe nun zwischen zwei Fronten. Der Vorgesetzte (der strickt gegen Rauchen ist) hat eine Dienstanweisung erlassen, dass die Raucher zum Rauchen nach unten gehen sollten (das Büro liegt im 4. Stock) und die Raucher sind auf mich sauer, weil ich 'schlafende Hunde geweckt haben soll'. Dabei wollte ich nur einen Unfall vorbeugen wollen. Oder eine andere Situation: mein Kater ist vor Kurzem verstorben und ich trauerte,weil ich mich an meine Tiere emotional sehr stark binde. Und das stößt bei den meisten auf Unverständnis, es ist ja nur eine Katze! Nimm dir eine neue... Das Ganze hat als Ergebnis, dass ich mich immer weiter zurückziehe, was für mich wiedermal sehr schmerzhaft ist, da ich eigentlich sehr offener und lebensfreudiger Mensch ist. Vielleicht soll ich meine Einstellung zu dem Ganzen ändern, aber wie? Und wie schaffe ich das? Vielen dank für Ihre Hilfe.

Antwort vom Psychomeda Therapeuten-Team:

Liebe Ilona,

Vielen Dank für Ihre klare und ausführliche Schilderung. Es ist einiges darin zu erkennen oder zumindest zu mutmassen und dies möchte ich Ihnen nahebringen.
Zunächst...Ihrer Schilderung nach, kann ich kein sogenanntes Helfersyndrom erkennen.
Stellen Sie sich die Frage, ob Sie Ihren persönlichen Wert als Mensch aus dieser Helferrolle ziehen, ob Sie sich teilweise rigoros ausnutzen lassen, ob Sie überhaupt nicht nein sagen können und wenn, ob Sie dann unter einem sehr schlechten Gewissen leiden!
Wenn Sie dies uneingeschränkt mit ja beantworten, dann sollten Sie etwas ändern, und zwar um sich zu helfen und zu schützen.
Mir scheint allerdings, dass Sie lediglich ein sehr umsichtiger, hilfsbereiter Mensch sind, der gerne fürsorglich ist und seine Pflichten erfüllt.
Mit was Sie anscheinend Probleme haben ist, dass Sie unter dem Gefühl von Ablehnung und Anerkennung leiden, wenn andere Ihre gutgemeinten Leistungen nicht entsprechend würdigen.
Machen Sie sich davon unabhängig!
Sie können es in einer verantwortungsvollen Position nicht jedem recht machen. Sie haben korrekt gehandelt. Sie wollten die Raucher schützen und sind ihrer Aufgabe nachgekommen. Die Aufgabe des Chefs war, eine entsprechende Entscheidung zu fällen und das hat er getan. Da er dem Rauchen gegenüber nicht sehr positiv eingestellt ist, hat er so entschieden, dass er die rauchenden Mitarbeiter sowohl gegen sich, als auch gegen Sie aufgebracht hat. Das ist allerdings das Ergebnis seiner Entscheidung und nicht Ihres Handelns. Sie können also zu Ihrer Vorgehensweise stehen.
Es gibt zwei Dinge, die Sie noch tun können:
1. Mit dem Chef reden und ihm die Situation schildern. Als Sicherheitsbeauftragte, haben Sie eine Position, in der er Ihnen zuhören sollte.
2. In Zukunft nicht gleich zum Chef gehen, sondern zunächst mit den Mitabeitern klären, was Sie zu tun haben und ob sie Vorschläge haben, wie die Lösung aussehen könnte. Dann kann sich keiner hintergangen fühlen. Das wäre dann Ihr persönlicher Lerneffekt aus dieser Geschichte.
Insgesamt gibt es für Sie einige Dinge zu hinterfragen.
Warum leiden Sie so sehr darunter, wenn sie auf Ablehnung Ihrer Gedanken oder Handlungen stoßen?
Haben Sie das Gefühl, es allen recht machen zu müssen und wie ist die Vorstellung, dass dieses Gefühl nicht mehr da wäre?
Hätten Sie dann das Gefühl, kein guter Mensch mehr zu sein?
Wie sehr achten Sie auf Ihre eigenen Bedürfnisse? Können Sie Geschenke gut annehmen und lassen Sie sich gerne einfach mal verwöhnen, ohne gleich Gegenleistung bringen zu müssen? Es wäre gut, wenn das so wäre.
Können andere Menschen Sie leicht am sogenannten schlechten Gewissen packen? Fühlen Sie sich öfter ausgenutzt oder emotional erpresst?
Wenn ja, wie sehr leiden Sie darunter?
Nach der ehrlichen Beantwortung der Fragen, sollten Sie entscheiden, ob Sie diese Thematik mit einem Therapeuten oder Coach behandeln und verändern wollen.
Es ist ein ungeahntes Gefühl von Freiheit, sich von der Meinung und Anerkennung anderer Menschen unabhängig zu machen. Entschließen Sie sich, dahingehend Veränderungen in Ihrem Leben vorzunehmen und mehr für sich und Ihr persönliches Wohlergehen da zu sein und zwar mit dem echten Glauben,genauso gut zu sein wie Sie sind und Ihr Bestes zu tun.
Wenn nicht jeder mit Ihrer Art der Pflichterfüllung einverstanden ist...so what...und es wird schon wieder Gras drüber wachsen.
Führen Sie in jedem Fall mit Ihrem Chef ein vertrauensvolles Gespräch, wie es Ihnen und den Mitarbeitern mit seiner Entscheidung geht.
Vielleicht sieht auch er ein, dass er ein wenig befangen ist und reflektiert noch einmal seine Maßnahme.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Erlangung einer neuen Sichtweise auf fremde Anerkennung und Ihre Rolle als helfende, fürsorgliche Frau.

Herzlichst

Hans Stier

Bewertung durch den Fragensteller:
Die Antwort hat mich zum Grübeln gebracht, ließ mich einiges aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Danke. Sie haben mir sehr geholfen.





Online-Beratung

Auf Psychomeda beantworten Psychologen und Therapeuten Ihre Fragen unentgeltlich. Jetzt online Ihre Frage stellen...


Therapeuten

Zuletzt aufgerufene Therapeuten-Seiten. Therapeut, Coach, Berater? Eintragen...


Beliebt auf Psychomeda


TwitterSocial Feed



Folgen Sie uns auf Twitter


Qualität

Psychomeda ist ein unabhängiges psychologisches Informations- und Beratungsportal von Psychologen und Therapeuten. Wir informieren evidenzbasiert und auf wissenschaftlicher Grundlage. Weiter